Glück und Unglück

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Kapitel 21


Es war nicht wirklich nötig sich Mut zuzusprechen, während sie im Schulkrankenzimmer saß und darauf wartete, dass Moonshine zu ihr kommen würde, wie eine der Lehrerinnen es ihr versprochen hatte. Da es an der Schule keine psychologische Betreuung für die Schüler gab, verließen sich vor allem die älteren Lehrer auf Lauras selbst gewähltes Ehrenamt und unterstützten sie gerne. Es war einfach eine der Pädagogen darum zu bitten Moonshine für einige Minuten freizustellen und sie hier herzuschicken. Niemand verlangte eine allzu genaue Erklärung um was es ging. Jeder in der Stadt kannte Laura und da sie als vernünftig, zuvorkommend und verantwortungsbewusst galt vertraute man ihr fast blind. Das war schön und hinterließ dennoch einen leicht bitteren Nachgeschmack bei ihr. Eine gesunde Skepsis war eigentlich nie verkehrt, vor allem ihren zukünftigen Bürgermeister gegenüber.
Als Laura dann endlich Schritte auf dem Flur hörte und die Tür zum kleinen Krankenzimmer ausging, dass Laura ein wenig zweckentfremdet hatte, wurde sie dann doch nervös. Moonshine Rain war, wie sie es auch schon beim ersten Mal festgestellt hatte, eine bildhübsche junge Frau. Im Gegensatz zu den meisten ihrer Altersgenossen trug sie keinerlei Make-Up und ihre Kleidung war eher praktisch als hochmodern. Abgesehen von ihren Haaren und einer in tausend Facetten glitzernden Schultasche besaß sie wenig was sie als Teenager auszeichnete. Naja, sofern man von dem mürrischen Gesichtsausdruck absah. Konstantin hatte gemeint sie wäre ein dominanter Wolf und Laura fiel erst jetzt auf, dass sie nicht wusste, was das bedeutete.
„Hallo, Moonshine ich bin..."
„Ich weiß, wer Sie sind und ich hasse es Moonshine genannt zu werden. Ich denke, das hat Ihnen Konstantin sicherlich gesagt bevor er sie Sie dazu gebracht hat mit mir ein Frau-zu-Frau-Gespräch zu führen", unterbrach Shiny scharf, schloss die Tür hinter sich und ignorierte den Stuhl, den Laura ihr bereitgestellt hatte. Okay, diese Unterhaltung würde sicherlich etwas schwieriger werden als gedacht. Irgendwie konnte Laura es dem Mädchen nicht verübeln. Sie musste sich von dem Mann fernhalten den sie liebte und mit dem sie sich erst heute Morgen gestritten hatte. Und nun war sie hier, ohne wirklich etwas angestellt zu haben und musste sich von einer Fremden erklären lassen wie wichtig es ist ihrem Geliebten auch weiterhin aus dem Weg zu gehen. Dieses Mädchen hatte allen Grund wütend zu sein.„Das hat er, aber dieses Gespräch war meine Idee. Ich will dir helfen", versuchte es Laura und war überzeugt mit strenge bei ihr nicht weiterzukommen. Das sah man ihr an. Wenn man ihr etwas befahl, beschwor man nur ihren Trotz herauf und das würde niemanden weiterbringen.
„Das wird nicht nötig sein." Meinte sie und verschränkte ablehnend die Arme vor der Brust.
„Wieso glaubst du das?"
„Es geht um Jason und Konstantin hat schiss, dass ich mich nach meinen achtzehnten Geburtstag nicht mehr von ihm fernhalte. Aber diese Ermahnung ist nicht nötig. Jason kann tun was immer er will, ich werde ihn nicht mehr belästigen. Kann ich jetzt gehen?" Okay, das war... entschieden und obwohl sie augenscheinlich bei keinem ihrer Worte zögerte, war da ein tief greifender Schmerz in ihre Augen.„Was ist passiert, Shiny?", fragte Laura besorgt, aber Shiny lehnte auch diese Art von Hilfe ab.
„Das geht Sie nichts an."
„Ich möchte dir helfen," beharrte Laura, aber der Gesichtsausdruck der jungen Frau vor ihr war mehr als entschlossen. Vielleicht meinte Konstantin das mit dominantem Wolf: Sie traf Entscheidungen und zog sie durch, egal wie schwer es für sie war. Und irgendetwas hatte sie dazu bewegt sich wirklich von ihrem Gefährten fernzuhalten und das hatte sicherlich nichts mit ihrem Alter zu tun. Was war zwischen Jason und seiner Luna vorgefallen?„Wieso glauben Sie, dass Sie das können? Wie lange wissen Sie jetzt, dass Sie eine Luna sind? Eine Woche? Ein bisschen länger? Ich weiß es seit Jahren und ich habe gelernt damit zu leben und... zu verzichten." In den letzten beiden Worten sprach so viel ungefilterte Frustration, Trauer und Schmerz mit, dass es Laura fast die Tränen in die Augen trieb. Dennoch blieb Shinys Gesichtsausdruck hart und unbewegt. Das Mädchen hatte ein Pokerface, das jeden Glücksspieler neidisch machte, nur ihre Stimme verriet ihre Emotionen.
„Shiny... was ist zwischen dir und Jason passiert?"
„Wie ich schon sagte: Das geht Sie nichts an! Sie können Konstantin sagen, dass er seinen Willen bekommt. Zwischen mir und Jason wird absolut gar nichts laufen, es wird also kein übles Gerede unter den Menschen geben. Kann ich jetzt gehen?", fragte sie und griff nach den Knauf der Tür, doch so konnte Laura sie kaum gehen lassen.
„Warte! Wenn du doch reden willst...", begann Laura doch, da traf sie wieder ein so eiskalter entschlossener Blick von dem Mädchen, dass sie glaubte, die Heizung wäre urplötzlich ausgefallen.
„Ich kenne Sie nicht. Wenn ich jemanden zum Reden brauche, rede ich mit meinen Freunden und nicht mit einer Fremden. Mir egal, ob Sie die Frau des Alpha ist //sind oder nicht!" Und dann ging sie einfach und Laura fühlte sich unendlich schuldig weil sie dem Mädchen nicht helfen konnte.
Den Rest des Tages verbrachte Laura damit sich um Shiny zu sorgen, obwohl sie wusste, wie lächerlich das war. Das Mädchen war so gut wie erwachsen und bei ihren Problemen konnte Laura ihr nicht helfen, wenn Shiny sie nicht mit einbezog. Aus ihrem Misstrauen konnte Laura ihr auch keinen Vorwurf machen. Schließlich kannten sie sich kaum und dennoch beschäftigte es sie so sehr, dass sie kaum bemerkte, dass sich ihre Schicht dem Ende zuneigte. Selbst das wilde Getuschel der andren Erzieher sowie das Erscheinen des großen, bösen Wolfes in der Tür bemerkte sie erst, als Konstantins Atem über ihren Nacken glitt.„Ich mag es nicht, wenn du deine Haare zusammen trägst", hauchte er und Laura ließ erschrocken den Buntstiftkasten fallen, den sie gerade zu den anderen Spielzeugen packen wollte. Als sie Konstantins Lächeln begegnete presste sie ihre Handfläche auf ihr hektisch schlagendes Herz und bemühte sich wieder zu Ruhe zu kommen.
„Oh, Gott", stieß sie aus und Konstantins grinsen wurde breiter.
„Konstantin reicht.", grinste er so selbstgefällig wie es wohl nur ein Wolf konnte und griff dann nach einer der Strähnen, die im Laufe des Tages aus ihrem liederlichen Dutt entkommen waren.
„Sie sind so schön, du solltest sie nicht einsperren", meinte er und berührte sanft die Linie ihres Kinns. Laura schluckte, als ihr Mund trocken wurde und ihr Herz wieder etwas an Geschwindigkeit zunahm, allerdings diesmal aus einem anderen Grund. Konstantin sah wie immer toll aus. Selbst die brutalen Narben in seinem Gesicht konnten dem nichts anhaben. Er hatte sich die Haare geschnitten und sie berührten seine Schultern nicht mehr. Auch das stand ihm, auch wenn sie etwas bedauern verspürte. Er trug wieder diese Lederjacke, schwere Boots und Jeans, in dessen Aufschläge sich Schnee gesammelt hatte.
Moment....Schnee?
„Es schneit?", fragte Laura etwas verwundert und Konstantin nickte.
„Ja. Dein Wagen ist einmal mehr unnütz, die Straßen sind wieder dicht. Ich bin hier um dich abzuholen", sagte er und lächelte breit. Es war süß, dass er dran gedacht hatte und dennoch verfluchte Laura sich dafür, ihm so viel Mühe zu machen. Besonders weil sie ihn wohl heute enttäuscht hatte...irgendwie. Sie wollte ihm gerade von dem Gespräch mit Shiny erzählen als sie die Blicke der anderen Erzieher sah und auch die einiger Eltern, die hier waren um ihre Kinder abzuholen.
Sie hatte Skepsis erwartet oder Abscheu. Aber zu ihrer Überraschung war es harmlose Neugierde, die den Leuten ins Gesicht geschrieben stand und den ein oder anderen schwärmerischen Blick, in Bezug auf Konstantin. Als die Eifersucht ihre Kehle verengte und Ärger durch ihre Adern pumpte, drehte sich auch Konstantin um und sein leises, tiefes Lachen, das in ihrem Körper ein Kribbeln auslöste, vernahm nur sie.
„Du bist süß, wenn du eifersüchtig wirst. Aber keine Angst: ich gehöre nur dir", säuselte er ihr entgegen, ging anmutig vor ihr auf die Knie, so dass die Anderen um sie herum scharf den Atem einzogen und Laura puderrot wurde.
Er würde doch nicht... Das ging zu schnell... er würde doch nicht...
„Die Stifte, Laura", holte Konstantin sie aus den Gedanken und hielt ihr die Schachtel in einer Geste nach oben, wie man es erwarteten würde, wenn ein Mann einer Frau einen Ring entgegenhielt. Und das wusste er. Sie sah den erheiterten Schalk in seinen Augen und die leichten Lachfältchen um seine Augen waren sehr viel tiefer als zuvor und dann dieses Grinsen. Dieser Mistkerl!
„Das ist nicht witzig!", fuhr sie ihn an und nahm ihm die Stifte ab, die sie fallen gelassen hatte damit er sich wieder erheben konnte. Sein Grinsen aber blieb.
„Doch war es. Du hättest die Panik in deinen Augen sehen sollen, obwohl es mich ein wenig kränkt", murmelte er und Laura atmete tief ein und beschloss ihn zu ignorieren, bis sie aus dem Kindergarten heraus waren.
Doch das war nicht so leicht. Als sie sich bei ihrer dienstältesten Kollegin Lisbeth abmeldete, die wie immer die Spätschicht schon bis auch die letzten Kinder abgeholt waren, blieb Konstantin aufdringlich. Er holte ihre Jacke, half ihr unnötigerweise beim Anziehen und griff nach ihrer Hand, als sie gehen wollten. Laura war es nicht wirklich peinlich händchenhaltend durch den Flur des Kindergartens zu laufen. Aber etwas plötzlich war es dann schon.
„Sollten wir das schon öffentlich machen?", fragte sie und Konstantin löste seine Hand aus ihrer und legte sie ihr in den Nacken.
„Ist es dir unangenehm?", fragte er und sah sie ehrlich verwundert an. Die Neckerei war jetzt wohl vorbei. Laura schüttelte den Kopf, lehnte sich im gehen an ihn und gab damit ihren eigenen Bedürfnissen nach. Er war warm, roch gut und in diesen Moment fühlte sie sich glücklich, auch wenn sie sich deswegen schuldig fühlte. Sie hatte sich gerade noch Sorgen m Shiny gemacht und kaum war Konstantin bei ihr, war alles vergessen. Das sollte nicht sein und dennoch war dieses ungute Gefühl in ihrem Magen zurück, das sie zuletzt gespürt hatte, als ihre Mutter ihre Diagnose bekam. Ihr Glück würde nicht lange halten.

Beta: Geany

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NICOLAS (Fortsetzung von "Violet" startet am 06.10.2019)

INHALT: 

Nicolas ist dem Wahnsinn verfallen und trauert um Violet ohne wirklich wahrhaben zu wollen, dass sie tatsächlich Tot sein soll. Als eine mysteriöse Frau, die große Ähnlichkeiten mit Violet hat auftaucht und ihm verspricht sie wieder aufstehen zu lassen. Willigt er ohne zu zögern ein. Doch als sie tatsächlich erwacht und die Fremde ihren Preis fordert wünscht sich Violet zurück in die Dunkelheit der Ewigkeit, denn als Preis verlangt die nicht weniger als sein Herz, dass Violet aber für sich selbst fordert.

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Where stories live. Discover now