Ein Stück Normalität?

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Kapitel 43

Laura ging wieder zur Arbeit, nicht weil sie über den Tod ihrer Mutter hinweg war. Sondern weil sie die Kinder vermisste und sie dringend etwas anderes tun musste, als nur in Konstantins Armen zu liegen und darüber nachzugrübeln, wo ihr Vater da nur hineingeraten war. Sie machte sich Sorgen und da war sie bei weitem nicht die Einzige. Es herrschte eine eigenartige Stimmung in der Stadt, jeder vermied die Straßen und blieb lieber zu Hause bei seinen Liebsten, anstatt wie jeden Morgen die Geschäfte aufzusuchen und seine Einkäufe zu erledigen. Dementsprechend ruhig war es auf den Straßen, als sie den wuchtigen Geländewagen durch Black-Water lenkte.

Konstantin hatte darauf bestanden, dass sie seinen Wagen nahm, nicht nur um nicht stecken zu bleiben. Der Winter hatte in der Nacht nochmal an Fahrt aufgenommen und für einige Zentimeter Neuschnee gesorgt. Sie war auch nicht allein im Wagen. Harley Roses zweijährigen Tochter Lucy war dabei, sowie Margot und ihr ältester Sohn Mat.

Obwohl Melissa nun nicht mehr zu Laura kommen würde um ihre Mutter zu pflegen, hatte sie ihrer Freundin gesagt, dass Laura die Schülerin dennoch immer einsammeln würde, damit Melissa sich den Weg sparen konnte. Zudem freute sich das Mädchen ungemein darauf nun endlich auch mal Mat kennenzulernen, so wie Margot es ihr bei ihrer ersten Begegnung versprochen hatte. Der Junge schien davon weniger angetan, er war unausgeschlafen und etwas brummig was Laura ein bisschen an Konstantin erinnerte. Die Verwandtschaft konnte man definitiv nicht leugnen.

Ansonsten war es trotzdem ziemlich laut im Wagen. Lucy weinte unentwegt, weil sie es gar nicht mochte in diesem Kindersitz festgeschnallt zu sein, aber Margot ließ sich nicht erweichen. Der Freiheitsdrang schien bei Wolfskindern immer etwas heftiger zu sein. Als der Wagen vor Melissa Wohnung zum Stehen kam, hatte sie sich beruhigt und nur noch ihre verquollenen Augen und ihre geröteten Wagen waren Zeugnis ihrer kleinen Wutattacke.

Laura war kaum ausgestiegen, da flog ihr Carly schon entgegen und grinste sie mit einer auffälligen Zahnlücke an, die definitiv neu war.

"Du verlierst deine Milchzähne", stellte Laura fest und Carly grinste noch ein Stückchen breiter, bevor sie energisch nickte.

"Mama sagt, ich werde erwachsen!", freute sie sich und drückte noch einmal Lauras Bauch, bevor sie sich neugierig dem Wagen zuwandte. Sie wollte Mat unbedingt kennenlernen.

"Setzt dich schon mal ins Auto", sagte Laura schnell und ließ das Mädchen ziehen, bevor Melissa sie erreichte und ihr die Schultasche gab.

"Sie werden so schnell groß, ich hab das Gefühl, wenn ich noch einmal blinzle, ist sie schon auf dem Collage", stöhnte ihre Freundin traurig und Laura verstand was sie damit meinte. Dann aber legte Melissa beide Arme um ihren Hals und drückte sie wortlos. Sie würde Laura nie noch einmal auf ihren Verlust ansprechen. Aber diese kleine Geste reichte, um all dem Mitgefühl Ausdruck zu verleihen, dass sie brauchte. Laura genoss die Umarmung und war dankbar für all die Stunden, die Melissa ihr geholfen hatte als ihre Mutter noch lebte. Ohne sie hätte sie es nie geschafft sie bei sich zu behalten und ihr Tod hätte sie wohl auch härter getroffen. Nun war sie dankbar für jede Minute, die sie mit ihr hatte verbringen können und sie stellte sich vor, dass es ihrer Mutter genauso gegangen war.

Als sich Melissa von ihr löste, konnte sie sogar wieder lächeln und Melissa Blick füllte sich mit Schalk.

"Du und der Alpha-Wolf, ja?", fragte sie und wackelte dabei aufreizend mit den Augenbrauen.

"Bist also auf den Hund gekommen, ja?", machte sie weiter und Laura boxte ihre Freundin spielerisch gegen den Oberarm.

"Du bist furchtbar! Er ist ein verantwortungsbewusster, treu liebender Mann, der etwas Ernstes will!", erwiderte Laura nur wenig ernster aber Melissa schnaufte lediglich abfällig.

"Klar. Verantwortungsbewusst und treu liebend. Als würde sein Aussehen und sein vermutlich großer Schwanz keine Rolle spielen", ärgerte sie Laura weiter und nun war es Laura, die schnaubte.

"Es geht nicht immer um Sex!", ermahnte sie aber Melissa zog nur zweifelnd die Augenbraue hoch.

"Ach echt? Dann ist er furchtbar im Bett und du bleibst dennoch mit ihm zusammen?"

"Hör schon auf! Der Sex ist großartig, aber es ist dennoch sehr viel mehr als nur sein gutes Aussehen und sein großer ..." sie unterbrach sich selbst. Sie würde nicht "Schwanz" sagen und ihre Freundin zu noch mehr Anzüglichkeiten verleiten. Sie musste zur Arbeit und die Kinder in die Schule, den Rest würde sie an einem freien Wochenende und einer Flasche Wein mit Melissa bereden. Das hatten sie lange nicht mehr gemacht und es wurde einmal wieder Zeit dafür.

"Na dann. Später will ich Details, ich überlege mir auch einen Wolf zuzulegen", sagte Mel und Laura wurde dann doch noch hellhörig.

"WAS? WEN?", fragte sie überrascht und dann ging das Fenster herunter und Margot streckte ihren Kopf raus.

"Du bist also die Altenpflegerin, von der Bill gesprochen hat?", fragte diese und fast wäre Laura im Erdboden versunken, weil Margot anscheinend ihr Gespräch mitbekommen hat. Sie hatte das gute Gehör der Gestaltwandler völlig vergessen. Entsetzt steckte sie den Hals und sah zu Mat herüber, der allerdings Kopfhörer aufgesetzt hat und immer noch etwas knatschig wirkte. Gut. er schien nichts von "großen Schwänzen" mitbekommen zu haben. Wie peinlich. Aber etwas anderes fiel ihr ein.

"Wer ist denn Bill?", fragte sie und Melissa grinste nur verschworen, sodass Margot antworten musste.

"Unser Rudel Arzt. Er hat vor eine Praxis in Black-Water aufzumachen und sucht dafür eine Praxishelferin mit Erfahrung im medizinischen Bereich. Er hat davon erzählt, dass es davon nicht sehr viele gibt und die einzige, die dafür infrage kam, hat ihn Halsüberkopf spontan nach einem Date gefragt", grinste Margot breit und Laura sah dabei zu wie Melissa Wangen Feuer fingen.

"Ich muss zugeben, dass es vielleicht nicht sehr professionell war", erwiderte sie plötzlich ziemlich kleinlaut. Laura behielt einen neckender Kommentar für sich und hob nur beruhigend die Hände.

"Wenn er dir gefällt ist daran doch nichts verkehrt. Aber darüber reden wir später einmal, ich muss los." Melissa nickte, winkte ihrer Tochter noch einmal zu und Laura stieg zurück in den Wagen. Carly hatte von dem Abschied ihrer Mutter nichts mehr mitbekommen, sie versuchte die ganze Zeit Mat in ein Gespräch zu verwickeln, was dieser mit gerunzelter Stirn und kurzen, knappen Antworten wirklich hervorragend abwiegelte. Noch so etwas in das sie sich nicht einmischen würde. Die Kinder würden sich schon irgendwie zusammenraufen, das taten sie immer.

"Er ist Single und gut situiert, das kannst du deiner Freundin gerne ausrichten", meinte Margot verschwörerisch und blinzelte ihr zu.

"Es klang nicht danach als wäre ihr Vorbreschen gut angekommen", meinte Laura nur aber Margot zuckte mit den Schultern.

"Nein, Bill mag keine Überraschungen aber diese würde ihm guttun. Er ist schon viel zu lange allein, redet sich bei Dates immer raus. Erst mit seinem Medizinfernstudium, jetzt mit dem Aufbau seiner Praxis. Er braucht eine Frau in seinem Leben, er weiß es nur noch nicht." sagte sie und erinnerte Laura damit daran, das einmischen im Rudel etwas Normales war.

"Ich weiß nicht. Klingt als würde er viel arbeiten und Melissa hat ja Carly", gab sie zu bedenken und das weckte dann doch das Interesse des Menschenkindes neben ihr.

"Mama und der Arzt, der mich Piksen will?", fragte sie vollkommen entsetzt darüber und verzog unwillig das Gesicht, was dann doch Mat dazu veranlasste auf das Mädchen zu reagieren.

"Bills Spritzen tun gar nicht so weh, du bist nur eine Heulsuse!", meinte er streng und Margot ermahnte ihren Sohn wegen seiner Wortwahl und er war wieder eingeschnappt. Carlys Blick wurde traurig und sie drehte sich wieder auf ihrem Beifahrersitz um und beachtete den Jungen auf der Rückbank nicht mehr. Um die nun doch etwas angespannte Stimmung zu unterstreichen, fing auch Lucy wieder an zu quengeln und Laura war fast froh, als sie endlich an der Schule ankamen.

Beta: Geany

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Kde žijí příběhy. Začni objevovat