Selbstmord

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Kapitel 52

Konstantin schlug in seiner Wolfsgestalt durch das Unterholz und ließ wieder ein Jaulen erklingen, in welches seine Jagdgefährten einstimmten, während sie den Mann verfolgten, der durch die Balkontür von William Langfields Haus gebrochen war. Am liebsten wäre Konstantin bei Laura, seiner Luna, seiner Gefährtin, deren Angst und Panik sein Herz zusammen krallte und ihn fesselte. Aber er hatte gesehen wie Johnson vor dem Haus mit Kollegen gehalten hatte und Konstantin hatte beschlossen lieber den Mann zu verfolgen, der Hals über Kopf in den angrenzenden Wald gelaufen war, um dem unvermeidlichen zu entkommen.

Als eine Welle von Trauer in überkam und er Lauras Tränen in seiner Seele spürte, wusste er, dass William diesen Angriff wohl nicht überlebt hatte und seine Luna einmal mehr eine Weile von Trauer erschütterte war. Sein Wolf wollte erneut zurück und bei ihr sein, aber der Mann wusste, dass er die Jagd nicht einfach abbrechen durfte.

Zu seiner Flanke spürte er den jungen Geist von Peeter, der eigentlich nicht hier sein sollte, aber er war vom Jagdfieber seines Alpha mitgerissen worden und obwohl er kein besonders dominanter Wolf war, war er sich der Verantwortung, die sein guter Spürsinn für das Rudel darstellte, bewusst. Dennoch wusste Konstantin nicht, ob er den Jungen jemals eine Verteidigungs- oder Überwachungsfunktion übergeben würde. Die Zeit musste noch zeigen wie sein Wolf sich in der Gegenwart bei dominanteren Rudelgefährten verhielt. Jetzt aber war Konstantin dankbar für seine Anwesenheit. Er war kleiner und wendiger und kam dadurch schneller durch den Wald, mal ganz davon abgesehen, dass Konstantin es noch nie erlebt hatte das Peeter eine Beute verloren hatte, die er hatte verfolgen wollen.

Letztendlich hatten sie zusammen den durch die Gegend irrenden Mann schnell eingeholt und Konstantin versuchte den Angreifer zu überholen, um ihn zu stoppen ohne ihn direkt angreifen zu müssen. Als dieser sich panisch umblickte, weil seine menschlichen Augen hier draußen kaum funktionierten, zerrte er sich die Ski Maske vom Gesicht und hielt seine Waffe in die Richtung, in der er sie vermutete.

Das Wissen darum, wen er hier vor sich hatte, traf Konstantin wie ein Fausthieb direkt in die Nieren. Anderson Bud war der ehemalige Sheriff von Black-Water und hatte damals gegen Lauras Vater ermittelt. Er war ein guter Mann, warum also ausgerechnet er hier stand und die Waffe herumschwenkte konnte Konstantin nicht sagen.

Nur eines bemerkte er deutlich: Bud schien zu verstehen, dass er gefasst werden würde, dass er nicht entkommen würde und obwohl sich Konstantin und Peeter immer noch im Schatten hielten, schien ihm die Sache zu hoffnungslos. Er machte einige Schritte rückwärts und wäre fast über etwas, das im Schatten verborgen war, gestolpert. Aber sein Gesichtsausdruck war nicht ängstlich. Nein, in all die Resignation und Hoffnungslosigkeit vermischte sich Entschlossenheit als er den Lauf seiner eigenen Waffe gegen seine Stirn hielt.

"Sagt meiner Tochter und meinem Enkel, das ich sie liebe und das hier nie gewollt habe", meinte er und sein Blick verlor sich im pechschwarzen Schatten des Waldes, der nur zu erkennen war, weil der weiße Schnee das Licht einigermaßen gut reflektierte.

Instinktiv verwandelte Konstantin sich in seine menschliche Gestalt, er wollte ihn anschreien es nicht zu tun, aber da erklang dann auch schon der dritte Schuss für diese Nacht, der dafür sorgte, dass Peeter sich erschrocken und verängstigt zurückzog.

Konstantin stand einfach nur da, sah wie die unbarmherzige Kälte die kleinen Blutstropfen, die die Wunde in einem feinen Regen ausspuckte, gefrieren ließ. Dann fiel der leblose Körper des Mannes in sich zusammen, die Augen weit aufgerissen, an einer Seite der Schläfe einen winzigen verbrannten Kreis. Die andere Hälfte des Kopfes fehlte. Der Austritt der Kugel hatte ihn in Fetzen gerissen und Konstantin hatte Mühe sich zusammen zu reißen angesichts von so viel sinnvoll vergoldenden Leben. Fieberhaft dachte er darüber nach, wie Bud in dieses Bild aus Gewalt und Grausamkeit passen könnte, das Black-Water wie eine Seuche befallen hatte. Aber es ergab keinen Sinn und er verspürte Trauer um einen wirklich guten Mann, der sich aus purer Verzweiflung selbst gerichtet hatte. Und die Frage nach dem Wieso, zerriss ihn innerlich. War es eine Form von Selbstjustiz? Hatte er befürchtet, William würde mit irgendetwas davonkommen? Oder steckte noch sehr viel mehr dahinter?

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Where stories live. Discover now