Schicksal

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Eine wunderschöne Landschaft erstreckte sich vor ihm. Auf einer Seite plätscherte ein dunkler See an ihm vorbei und ließ ihn automatisch ruhiger werden.„Hier war ich doch schon mal. Ist dass nicht der Lethe? Moment, dann heißt das ja?", aufgeregt drehte sich der junge Mann um sich selbst und blickte sich suchend um.„Harry, ich bin hier", hörte er eine belustigte Stimme.Kaum wandte der Ganymed seine Augen um da begann er auch schon zu strahlen.„Mr. Malfoy!"Abraxas blieb stehen und wartete bis der aufgeregte junge Mann bei ihm angekommen war.„Guten Tag, Harry. Ich freue mich dich so schnell wieder zu sehen. Bitte, nenn mich nicht länger Mr. Malfoy. Du bist mein Schwiegersohn du solltest mich beim Vornamen nennen", bat der Aristokrat.Harry hörte nicht auf sein Gegenüber anzustrahlen.„Sehr gerne. Abraxas, es ist so schön dich zu sehen. Ich wollte dir unbedingt danken, für alles was du für mich und meine Partner getan hast. Aber ich wusste nicht wie ich dich erreichen kann. Träume ich wieder?"„Ja, das tust du. Wie ich dir schon einmal gesagt habe ist das hier die einzige Möglichkeit wie wir beide uns unterhalten können."Sofort verzog sich das Gesicht des Grünäugigen.„Beim letzten Mal war ich noch John oder er war ich. Das ist nach wie vor schwer zu begreifen. Es ist als hätte ich zwei Leben gelebt. Sirius und Draco haben so viel zerstört als sie den Jungen erschaffen haben. Wenn es nach ihnen gegangen wäre hätte seine einzige Existenz in Leiden bestanden. Ich hoffe wirklich das Luna etwas für ihn tun konnte."Abraxas blickte auf den traurigen jungen Mann und wusste nur zu gut warum sein Sohn diesem so verfallen war. Es hing nicht so sehr damit zusammen dass Harry ein Ganymed war. Etwas anderes war viel seltener nämlich seine ganze Art. Auch war es bei diesem Charakter kein Wunder das selbst Severus sein Herz geöffnet hatte.Sanft nahm der tote Malfoy sein Gegenüber in die Arme. Dieses Mal wurde die Umarmung sofort erwidert.„Du bist ein großartiger junger Mann. Ich kann dir versichern dass es John in seinem nächsten Leben besser haben wird. Er kommt in einer Familie zur Welt wo er erwünscht ist auch Geschwister werden da sein. Und jede Menge Liebe."„Bist du dir da sicher?"„Vertrau mir, und wenn schon nicht mir dann dem Schicksal."Harry brummelte und sah ein wenig schmollend zu seinem Schwiegervater hoch.„Ich weiß ich sollte so etwas nicht sagen, aber da vertraue ich doch lieber dir. Mit dem Schicksal habe ich schon oft gehadert ich bin mir also nicht so sicher das es gut ist wenn ich mich darauf verlasse."Vorsichtig löste sich sein Schwiegervater wieder von ihm.„Du hast auch allen Grund dem Schicksal nicht wohlgesonnen zu sein, bei dem was du schon alles durchmachen musstest. Möchtest du ein Stück mit mir gehen? Dann kann ich dir mehr über die Beweggründe dieses Wesens verraten."„Darfst du das denn?", wollte der junge Mann erstaunt wissen.„Ich habe sogar den ausdrücklichen Auftrag bekommen mit dir darüber zu sprechen."„Ähm, kann es sein das es ein schlechtes Gewissen hat?"Abraxas begann zu lachen.„So weit würde ich nicht gehen, dennoch will es anscheinend verstanden werden. Also komm mit, im Gehen redet es sich leichter. Zumindest wenn man sich in der Unterwelt befindet und es keine Möglichkeit gibt sich irgendwo hinzusetzen."„Ein Café gibt es hier unten wohl nicht?", grinste Harry.„Damit wir dann von den Touristenmengen überrannt werden? Bestimmt nicht", feixte sein Gegenüber.Abraxas hätte Harry gerne die Möglichkeit gegeben sich länger umzusehen, die Landschaft in der Unterwelt war atemberaubend, aber das durfte er nicht. Nicht weil es dem Jungen verboten worden wäre sondern weil ihre Zeit eng bemessen war. Man konnte eben nicht immer zwischen den Welten hin und her reisen. Nicht wenn man kein Gott oder Titan war. Selbst wenn man die Erlaubnis des Schicksals hatte bekam man keine unbegrenzte Macht.„Das Schicksal ist, entgegen der landläufigen Meinung, ein lebendes und fühlendes Wesen und nicht die Einbildung der Menschen."„Das habe ich bereits begriffen. Hat es eine Persönlichkeit, oder einen Körper?"„Zumindest keinen den es bisher gezeigt hat. Nicht mal die Götter oder Titanen wissen wie dieses Geschöpf wirklich aussieht, nur das es existiert ist eine Tatsache. Eine Persönlichkeit hat es allerdings."„Und es lenkt unser Leben", schnaubte Harry.„Du denkst dabei an die Prophezeiung die dir deine Kindheit genommen hat?"„Unter anderem. Was hatte das für einen Sinn?"„Harry, das Schicksal war nur für die Prophezeiung an sich verantwortlich aber nicht dafür wie die Menschen sie auslegen würden. Auch für die Entscheidungen die deine Eltern, der Direktor, Riddle und viele andere deswegen trafen ist es nicht verantwortlich. Auch wenn das bestimmt viele gerne behaupten würden. Jedes Lebewesen verfügt über einen eigenen Willen, du hättest auch Nein zu der Prophezeiung sagen können. Es wäre dir sogar möglich gewesen das Land zu verlassen. Niemand hätte dir einen Vorwurf machen können, du warst immerhin ein Kind."„Aber dann hätte Riddle gewonnen."„So ist es. Dennoch wäre es deine Entscheidung gewesen."„Wusste das Schicksal wie ich mich entscheide?"„Nein, aber es kennt jedes mögliche Ergebnis, das durch unsere Entscheidungen eintritt. Es weiß also was passiert wäre wenn du dich geweigert hättest zu kämpfen. Es weiß aber auch wie dein Leben ausgesehen hätte wenn du nicht zu den Dursleys gekommen wärst. Das Schicksal kennt jede Alternative die du dir vorstellen kannst, und noch viele mehr."„Und warum hat es nichts unternommen?"„Weil es das nur in Ausnahmesituationen darf."„Selbst das Schicksal muss sich an Regeln halten? Ich dachte es hat sie aufgestellt?", staunte der junge Mann.„Harry, du wurdest jahrelang von Severus Snape unterrichtet, du solltest also wissen dass man sich auch an seine eigenen Regeln halten muss um glaubwürdig zu bleiben."Harry biss sich auf die Unterlippe und nickte.„Gut, und warum hat es sich jetzt eingemischt? Liegt es daran das Sirius und Draco gegen jedes ‚kosmische' Gesetz verstoßen haben das es gibt."„Nicht gegen jedes aber gegen eine ganze Menge. Sie haben einen Ganymed von seinem Gott getrennt, sie haben dich aus dem Lethe trinken lassen und eine Seele erschaffen nur um sie wieder zu vernichten. Alles Dinge die jedem Wesen strengstens untersagt sind. Eine kleine Strafe haben sie bereits bekommen aber die harten Brocken kommen erst noch, das weißt du doch?"Der junge Mann nickte wieder.„Ja, ich wusste es ganz automatisch als ich anfing zu weinen. Die Tränen sind das Wasser des Lethe und ich soll sie anwenden. Aber werde ich dadurch nicht selbst einen Frevel begehen?"Abraxas schüttelte den Kopf.„Nein, denn du handelst im direkten Auftrag des Schicksals. Auch wenn es so aussehen mag, es werden nicht deine Strafen sein"„Zumindest nicht diese eine", gab Harry zu.„Du hast noch einige Ideen?"„Nicht nur ich, sie haben auch gegen ‚normale' Gesetze verstoßen", knurrte der junge Mann.„Warum werde auch ich bestraft? Ich habe nicht absichtlich aus dem Lethe getrunken, ich wurde gezwungen. Ja, du hast mir erzählt dass sich selbst das Schicksal an seine Regeln halten muss, dennoch ist es nicht gerecht. Gibt es denn gar keine Ausnahmen? Wenn man zu einer Straftat gezwungen wird macht einem das doch auch keiner zum Vorwurf. Ich verstehe es nicht", seufzte der junge Mann, es war etwas das ihm einfach nicht in den Kopf wollte.Abraxas blieb stehen und drehte sich zu Harry um.„Ist es so schlimm sich an das Leben von John Smith zu erinnern?"„Es ist die Hölle. Dieser arme Junge wurde sein Leben lang drangsaliert, egal wie kurz es eigentlich war, angefühlt hat es sich wie Jahre. Niemand hat ihn je geliebt und nie bekam er Hilfe. Selbst sein eigener Körper hat sich gegen ihn gestellt. Na gut, das ist auf Sirius Mist gewachsen, schön war das Ergebnis dennoch nicht. Leider weiß ich nicht in wie weit das alles Sirius und Draco zu verantworten haben. Zwar haben ihn seine Eltern, dank der beiden Idioten, nie geliebt aber deswegen muss man sein Kind doch noch lange nicht wie einen Aussätzigen behandeln. Seine Lehrer haben nie etwas gegen das Mobbing unternommen. Ihre Entschuldigung war das sie sich nicht in einen Kinderstreit einmischen wollten. Das haben er und ich immer zu hören bekommen. Außerdem waren sie noch der Meinung dass John es nie lernen würde wenn er nicht einmal für sich selbst einstehen würde", knurrte Harry und trat nach einem Stein.Auch Abraxas hatte sein Gesicht verzogen. Zwar wusste er dass John kein schönes Leben hatte, aber er hatte nicht die gleichen Einblicke wie Harry. Die Informationen die er gerade bekam waren erschreckend.„Lehrer sind oft sehr faul, sie nutzen jede Ausrede die sich ihnen bietet um nicht mit den Kindern arbeiten zu müssen. Lieber werden sie sich selbst überlassen. Zumindest habe ich diese Erfahrung in der magischen Welt gemacht."„Bei den Nichtmagiern ist es nicht anders. Weder John noch mir haben die Lehrer je geholfen. Es sind immer die Gemobbten die noch zusätzlichen Ärger bekommen. Egal in welcher Schule man ist, es ist überall das gleiche. Anscheinend ist es leichter sich auf Personen zu stürzen die eh schon am Boden liegen als die echten Probleme zu eliminieren."„Ich befürchte das ist tatsächlich so."„Weißt du, das schlimmste ist das ich nun zwei schreckliche Kindheiten hinter mir habe. Und beide sahen in etwa gleich aus. Ich wuchs ohne Liebe auf und musste mich allein durch die Welt schlagen. Nur hatte Harry Potter mehr Glück als John Smith. Ich bekam irgendwann Freunde er nicht."„Das wird sich ändern, versprochen. Ich wurde übrigens gebeten Johns Seele auf seine nächste Reise zu schicken. Ich schwöre dir das ich so lange es in meiner Macht stehen wird auf ihn aufpassen werde. Nur wirst du ihn nie zu Gesicht bekommen. Das Schicksal will nicht das sich der Junge irgendwann an sein früheres Leben erinnert, und das würde passieren wenn er mit dir zusammentreffen würde."„Dann hat das Schicksal sich dieses Mal ja in die Karten schauen lassen", staunte Harry.„Ein wenig. Willst du jetzt wissen warum du dich erinnern musst?"Dieses Mal war es Harry der stehen blieb. Er krallte sich sogar an Abraxas' Oberarmen fest.„Schieß los", verlangte er.„Wie ein Kater", grinste sein Schwiegervater. „Es ist ganz einfach. Du musst dich erinnern damit du ein schönes Leben haben kannst."„Hä?"„Hör zu. Bisher hattest du es in deinem Leben wirklich nicht leicht, immer musstest du kämpfen. Das war der Ausgleich den du zahlen musstest um jetzt ein schönes Leben zu haben. Es klingt nicht fair aber so ist es. Nun will das Schicksal aber das du ab jetzt nur noch schöne Zeiten erlebst. Das geht aber nur wenn du dafür einen Ausgleich zahlst", erklärte Abraxas.„Der Gegenwert für ein schönes Leben ist die Erinnerung an ein weniger schönes", fasste Harry zusammen.„So ist es."„Warum?", wollte der junge Mann wissen.„Weil du nur dieses eine Leben haben wirst. Genauso wie Lucius und Severus. Götter, Wächter und Ganymeds werden kein zweites Mal geboren. Auch mein Sohn und sein bester Freund haben in der Vergangenheit gelitten alles nur um ihre Zukunft genießen zu dürfen. Schau mich nicht so an mir wurde das auch erst klar als mich das gute Schicksal mit der Nase darauf gestoßen hat."„Weil wir so lange leben haben wir also nur eine Chance? Gilt das auch für Titanen?"„Ja, allerdings. Denk doch mal an Luna, sie wurde so oft von ihren Mitschülern angefeindet und hat ebenfalls ihre Mutter verloren, nun aber kann sie ein schönes Leben führen. Um einen Vergleich anzustellen. Sieh dir Albus, Gellert und Aberforth an. Würdest du sagen sie haben ein wunderschönes Leben?"Harry brauchte nicht lange zu überlegen, er wusste worauf sein Schwiegervater hinaus wollte.„Albus ist ein Kind und wird es für den Rest seines Lebens bleiben. Er kann sich nicht mehr weiterentwickeln und versäumt dadurch sehr viel. Gellert wird nie so mit seinem Partner zusammenleben können wie er es sich wünscht. Die Krankheit von Albus lässt das nicht zu. Er leidet jeden Tag darunter. Und Aberforth wird nie eine gesunde Beziehung führen können, zu sehr sehnt er sich nach der unsterblichen Ziege die er in seiner Jugend gesehen hat", fasste der Ganymed zusammen.Abraxas nickte.„Und genau aus diesem Grund, weil sie in diesem Leben so viel leiden mussten, wird ihr nächstes Leben wunderschön sein."„Wäre das nicht in diesem Leben schon gegangen?", wollte der junge Mann wissen.„Da kommen wieder die eigenen Entscheidungen zum Tragen. Auch wenn es ungerecht klingt so waren die drei ihres Schicksals Schmied. Aberforth hätte nicht reisen müssen, er hat schließlich nach der Ziege gesucht, und Albus und Gellert hätten sich damals mehr um ihre Gesundheit, und ihre Umgebung, als um Politik kümmern sollen. Sie hätten ihre Krankheiten früher erkannt und behandeln können. Außerdem wäre Albus' Schwester noch am Leben."„Grrrr."„Ich weiß, keine befriedigende Antwort aber so ist es nun mal. Und wenn es dich beruhigt, du wirst sie alle in ihrem nächsten Leben wiedersehen. Sie kommen sogar in der gleichen Konstellation zur Welt. Als Brüder und Partner. Nur wird es keine Ziege geben, versprochen."Harry lächelte.„Dich werde ich auch wieder sehen."„Ja, und das schon sehr bald. Ich werde mich nicht lange nach John auf den Weg machen. Zuvor werde ich allerdings noch aus dem Lethe trinken. Nur eine Bitte hätte ich, sorge dafür dass meine Mutter mich nicht Abraxas nennt, auch wenn sie weiß wer ich in meinem früheren Leben war. Ich möchte ein ganz neues Leben beginnen und kein Ersatz sein."„Gemein, dabei ist das so ein schöner Name", meuterte der junge Ganymed.„Dann nenn doch eines von deinen erschaffenen Tieren nach mir", feixte Abraxas.„Äh, werden die bleiben?"„Natürlich. Die Fähigkeit eines Ganymeds ist es Leben zu erschaffen und zu erhalten. Das hättest du damals bei deinem zusammengefügten Tierchen in Verwandlung schon gekonnt."„Danke für die zeitgerechte Info", knurrte Harry.„Ich durfte erst jetzt mit dir reden."„Sag mal, wie lange beobachtest du uns schon? Und siehst du alles?", wollte der junge Mann argwöhnisch wissen.„Viele Möglichkeiten des Zeitvertreibs hat man in der Unterwelt nicht. Aber ich kann dich beruhigen, immer habe ich nicht zugesehen. Alles wollte ich nun wirklich nicht wissen. Ich bin schließlich ein Vater, kein Spanner."„Ein Glück", seufzte Harry.„Leider ist unsere Zeit langsam abgelaufen, wir werden uns hier Lebewohl sagen müssen. Bitte richte meinem Sohn und Severus aus das ich sie beide liebe. Und das ich sehr stolz auf sie bin, auf dich natürlich auch. Ihr habt euch alle wundervoll entwickelt."Harry umarmte den Mann der ihn so sehr an Lucius erinnerte noch mal.„Danke für alles, du warst ein großartiger Vater. Ich freue mich schon darauf dich in deinem nächsten Leben zu sehen. Wir werden dich wohl sehr verwöhnen."„Bin ich froh das ich eine Mutter haben werde die mich dennoch richtig erzieht", grinste der Blonde.Der Ganymed kicherte und wandte seinen Blick dann zum See. Er löste sich von seinem Schwiegervater und trat auf das stille Gewässer zu, allerdings ohne es zu berühren.„Danke dass du so vielen Lebewesen eine weitere Chance gibst. Ich werde mich immer gerne an dich erinnern."Der See schien sich über die netten Worte zu freuen, zumindest kam es Harry so vor.Es wurde Zeit zu gehen, das spürten beide Männer ganz deutlich.„Harry."„Ja?"„Richte meinen Sohn doch bitte aus dass er in Zukunft aufpassen soll wohin er eure Kleidung verschwinden lässt."„Äh, was meinst du?", wollte Harry mit roten Wangen wissen.Abraxas grinste wie es nur ein Slytherin konnte und deutete dabei auf einen unförmigen Haufen.Als Harry sich dieses Gebilde näher ansah wurde er gleich noch dunkler. Das was er für Erde und Gras gehalten hatte waren die Klamotten von ihm und seinen Partnern. Genauer gesagt handelte es sich dabei um eben jene Sachen die Lucius nie wieder gefunden hatte.„ABRAXAS!", kreischte der Ganymed als er schon zu verschwinden begann.„Ich wünsche dir ein schönes Leben", grinste der Blonde ihm scheinheilig nach.Mit einem lauten Schrei wachte Harry auf.

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