Zwei Leben in einem vereint

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Nervös rieb sich Harry die Hände und starrte abwechselnd zum Kamin und zur Tür. Irgendwie fühlte er sich gerade gar nicht wohl.„Harry, was ist mit dir?", wollte da auch schon Lucius wissen.„Ich bin mir nicht so sicher", gab der Ganymed zu.„Dabei dachten wir du würdest dich freuen, immerhin sehen wir heute alle unsere Freunde wieder. Vor allem Albus wird ausrasten vor Begeisterung. Ich befürchte er wird versuchen mich wieder zu verkleiden", meinte Severus mit leidender Miene.„Ich freue mich ja, aber John leider nicht."„Du bist nicht John", erinnerte ihn Lucius.„Irgendwie schon, dafür hat das Schicksal gesorgt."„Wie meinst du das? Ist da etwa mehr als nur die Erinnerung an ein falsches Leben?", forschte Severus nach.„Kann man wohl sagen, ich erinnere mich nicht nur an das Leben das John gefühlt hat, nein, ich habe auch seine Gefühle. Oder meine, je nachdem wie man es sehen will. Auf jeden Fall weiß ich ganz genau wie es ihm gegangen wäre wenn er jetzt an meiner Stelle wäre. John hatte nie eine liebende Familie und Freunde schon mal gar nicht deswegen traf er sich auch nie mit jemandem. Und wenn er es mit größeren Menschengruppen zu tun hatte wurde früher oder später immer auf ihm herumgehackt. Mir macht es nichts aus jetzt, nach dem Überfall der Todesser, wieder nach draußen zu gehen, ich kenne das ja schon. John geht es da aber anders, er hat Angst."Kaum war Harry mit seiner Erklärung fertig da traten Lucius und Severus dicht an den jungen Erwachsenen heran und nahmen ihn sanft in die Arme. Der Ganymed saugte diesen Trost auf wie ein Schwamm. Wobei keiner der drei sagen konnte ob da nicht auch wieder Johns Gefühle mitschwangen.„Wie soll ich denn mein Leben in Ruhe weiterführen wenn ich nicht mehr allein bin? Es ist als würde noch eine Seele in mir leben", wimmerte Harry.Ohne lange zu überlegen hob Lucius seinen Ganymed hoch und trug ihn zu einem Sofa. Wo er sich zusammen mit ihm setzte. Severus kam natürlich sofort hinterher.„Da lebt keine zweite Seele in dir, das weißt du. John ist in der Unterwelt wo mein Vater auf ihn aufpasst bis er seine Reise fortsetzt."„Aber wann wird das sein? Abraxas hat zwar gesagt dass es nicht mehr lange dauert aber irgendwo habe ich mal gelesen dass für einen Toten die Zeit ganz anders vergeht als für einen Lebenden. Wenn mir auch nicht ganz klar ist woher wir dieses Wissen schon wieder haben."Severus lächelte über den letzten Satz seines Schützlings, das war eindeutig Harry. Niemand konnte sich so gut über solche Dinge aufregen wie dieser Zauberer.„Weil du nicht der erste warst der in der Unterwelt war. Du erinnerst dich dunkel an die ganzen Heldensagen? In jeder Kultur gab es Menschen die sich in das Totenreich begeben haben."„Das habe ich tatsächlich vergessen. Was aber meine Frage noch nicht beantwortet. Abraxas wird als Kind von Luna und Neville zur Welt kommen die denken aber noch überhaupt nicht daran sich fortzupflanzen. Wie lange muss dann also John warten bis er eine zweite Chance bekommt?"„Keine zweite, eine erste", erinnerte ihn Lucius.„Verdammte Blacks, ich könnte sich nach wie vor umbringen. Wenn ich nicht genau wüsste dass die Strafe die sie bekommen haben um so vieles schlimmer ist als der Tod. Und da wären wir auch schon wieder beim Thema. Musste mich das Schicksal unbedingt so hart bestrafen? Ihr braucht nicht zu antworten, die Frage war rhetorisch."„Ist es wirklich so schlimm?"„Sev, stell dir vor du dringst in einen Geist ein um dir Informationen zu besorgen. Du weißt ganz genau wie sich die Person bei jeder Erinnerung gefühlt hat. Richtig?"„Richtig."„Aber du spürst diese Gefühle nicht. Und das ist der Unterschied. Bei mir ist das nämlich genau so. Am Anfang dachte ich auch ich wäre nur Zuschauer aber mittlerweile weiß ich es besser. Es ist so als würde ich mich an ein früheres Leben erinnern. Ich glaube so kann man dass am besten erklären."Lucius schluckte und drückte seinen Ganymed noch näher an sich.„Luc?", wollte Severus auch sofort wissen.„Es gibt durchaus Personen die sich an ihre früheren Leben erinnern. Und damit meine ich nicht nur Episoden oder Bruchstücke, sondern wirklich das ganze Leben. Und zwar genau so wie es Harry geschildert hat."„Deiner Reaktion nach zu urteilten ist das alles andere als gut", kam es düster von dem Grünäugigen.„Es kann durchaus problematisch werden. Manche Personen haben deswegen eine gespaltene Persönlichkeit entwickelt. Und nein, das hat nichts mit dem Krankheitsbild zu tun. Das sind zwei verschiedene Dinge, nicht jeder der eine gespaltene Persönlichkeit entwickelt kann sich an ein früheres Leben erinnern. Wobei genau das sehr lange angenommen wurde."„Mit welchen Folgen?", forschte Severus nach.„Man hat die Patienten falsch behandelt. Das Ergebnis war das reinste Chaos. Ganz zu schweigen davon was es mit den betreffenden Menschen gemacht hat. Zum Glück erkannte man irgendwann den Irrtum und änderte die Behandlung dementsprechend."„Wobei die Aussichten auf Erfolg sowohl in unserer wie auch in der Muggelwelt nicht gerade berauschend sind", kommentierte der ehemalige Lehrer.„Nicht wenn es um die Krankheit geht, da gebe ich dir recht."Harry hatte still zugehört und bekam es nun wirklich mit der Angst zu tun.„Heißt das ich werde verrückt?", schluchzte er auf.Der Griff von Lucius verstärkte sich sofort und auch Severus griff nach den Händen des jungen Mannes.„Nein, natürlich nicht, das bedeutet es ganz bestimmt nicht und bezeichne diese Menschen nicht als verrückt. Dann müsste man das gleiche nämlich auch über Albus sagen", bat ihn der Blonde.„Entschuldigung, das ist mir nur so rausgerutscht", gab Harry kleinlaut zu.„Schon gut, du hast Angst da kann man das verstehen."„Was aber unser Problem nicht löst. Wie können wir Harry helfen. Und warum weißt du schon wieder so viel über dieses Thema?"„Weil Dad sich sehr für Wiedergeburten und die mitgelieferten Erinnerungen interessiert hat. Er wollte auch herausfinden ob der Dalai Lama sich tatsächlich an seine früheren Leben erinnert oder nicht. Er hat es zwar nicht geschafft aber er hatte dennoch Spaß bei der ganzen Sache. Ihr kennt Dad ja, er ist nicht immer ganz seriös."„Du meinst weil er uns unsere Kleidung aus der Unterwelt zurückgeschickt hat? Ich würde ja eher sagen dass du nicht ganz seriös warst. Schließlich warst du für den ganzen Schlamassel verantwortlich", grinste Severus.Lucius brummte nur irgendetwas vor sich hin.„Und die erste Frage? Wie gehen wir weiter vor?", kam Harry wieder auf das eigentliche Problem zurück.„Du wirst lernen müssen mit Johns Leben und deinen Gefühlen umzugehen."„Toller Rat", schnaubte Harry und blickte seinen Gott wütend an.„Hey, sei nicht gleich eingeschnappt, du Kratzbürste es gibt durchaus eine Möglichkeit das zu lernen. Nur wird sie dir nicht gefallen. Hat es ja schon damals nicht. Ich fürchte jetzt schon um mein Manor, lange wird das nicht mehr stehen."„Was soll mir damals nicht gefallen haben? Ich kann mich nicht erinnern schon mal eine fremde Selee und fremde Gedanken mit mir herumge, ..... NEIN!"„Ich fürchte doch", bestätigte Lucius und rieb sich die Ohren.Verzweifelt legte Harry sein Gesicht in die Hände.„Bitte sag mir dass es noch eine andere Möglichkeit gibt. Von mir aus eklige Tränke oder Schlammbäder, aber nicht das. Noch einmal stehe ich das nicht durch."„Jetzt jammerst du aber", schmunzelte Lucius.Wieder wurde der Gott finster angeblickt. Allerdings nicht lange denn Harry zog es im Moment eindeutig vor sein Gesicht weiter in den Händen zu vergraben.„Willst du tauschen? So sehr ich Severus liebe, so sehr hasse ich es von ihm unterrichtet zu werden. Zumindest auf diesem Gebiet. Der Mann ist unerbittlich und absolut brutal."„Was bereits damals zum großen Teil an deiner eigenen Faulheit lag. Wenn du dich mehr bemüht hättest wäre es dir nicht so schwer gefallen Okklumentik zu meistern", schimpfte nun der Tränkemeister drauf los.„Grrrr. Wenn ich dieses Schicksal in die Finger bekomme."„Dann was?", wollte der Gott gut gelaunt wissen.„Dann zwinge ich es ebenfalls Unterricht bei dieser biestigen Fledermaus zu nehmen", schmollte Harry weiter.„Die biestige Fledermaus kann dich hören. Was ist denn plötzlich los mit dir? So kindisch hast du dich schon lange nicht mehr benommen."Resigniert ließ Harry die Hände wieder sinken und lehnte sich zurück.„Hast ja recht. Tut mir leid. Es liegt gar nicht an dir sondern an mir. Wow, klingt als würde ich mit dir Schluss machen wollen. Was für ein dämlicher Satz, kein Wunder das der nie gut ankommt."„Du lenkst ab", ließ der Wächter nicht locker.„Und du bist zu aufmerksam. Ich will das alles einfach nicht noch mal erleben. Es ist alles andere als lustig sich mit seinen peinlichsten Erinnerungen auseinandersetzen zu müssen. Vor allem dann wenn man einen Zuschauer hat. Warum zum Henker habe ich es nicht damals schon gelernt? Dann hätte ich jetzt bestimmt keine Schwierigkeiten mit diesem zweiten Leben in mir. Oder?"Lucius nickte.„Ist anzunehmen. Mit Okklumentik kann man mehr als ‚nur' seinen Geist vor Fremden abzuschirmen. Diese Fähigkeit bietet sehr viele Möglichkeiten sich zu schützen. Und genau diese Fähigkeiten brauchst du. Es wird dir also leider nichts anderes übrig bleiben als in den sauren Apfel zu beißen."„Mahlzeit", jammerte Harry.Severus lachte.„Irgendwie finde ich es gar nicht so schlecht das du dich so kindisch verhältst, dann hältst du mit deiner Meinung wenigstens nicht hinterm Berg und man muss dir nicht alles aus der Nase ziehen. Vielleicht hilft uns das dabei deine Erinnerungen besser zu verarbeiten. Denn ob du es wahrhaben willst oder nicht, noch hast du deine Vergangenheit noch lange nicht bewältigt. Sonst würde dir die ganze Situation nicht so missfallen."Bittend blickte Harry zu seinem Wächter.„Du wirst dieses Mal aber nicht so brutal sein?"Severus schluckte, dann küsste er seinen Partner.„Nein, ganz bestimmt nicht, damals wollte ich dich mit Gewalt vor Riddle schützen. Ich habe durch meine Angst selbst viele Fehler gemacht. Mit einem katastrophalen Ergebnis, dieses Mal wird es anders laufen. Versprochen."„Danke. Wann fangen wir an?", wollte Harry nun wieder gut gelaunt wissen.„Frühestens morgen, heute haben wir eine Verabredung", erinnerte ihn Lucius.Harry zog scharf die Luft ein.„Mist, fast vergessen. Albus hätte geweint wenn wir abgesagt hätten."„Dann sollten wir ihn nicht länger warten lassen. Aber ich bleibe dabei, ich werde mich nicht verkleiden", meckerte der Wächter.„Wir werden sehen", grinste Harry.Lachend machten sie sich endlich auf den Weg. Sie wollten schließlich nicht riskieren Albus zum Weinen zu bringen.

GanymedWhere stories live. Discover now