4 | Wo schlafe ich?

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„Ich hätte auch gern Babys mit einem Mann", strahle ich ihn an und für einen Moment starrt Arthur mich einfach nur an.

Verwundert ziehe ich meine Augenbrauen zusammen.
Habe ich etwas Falsches gesagt? Das war doch gerade das Thema, über das wir sprachen.

Arthur überrascht mich erneut, indem er lauthals beginnt zu lachen und das Geräusch meinen Bauch auf angenehme Weise kribbeln lässt. Hilflos schnappt er nach Luft und wischt sich sogar verstohlen eine Träne aus dem Augenwinkel.

„War das jetzt irgendwie falsch?", erkundige ich mich schmunzelnd.

Arthur schüttelt seinen Kopf und atmet einmal tief durch, ehe er antwortet: „Nein, aber das meinte ich eigentlich gar nicht."

„Aber sprachen wir nicht gerade darüber?"

„Doch, schon", japst er. „Aber ich wollte auf das ursprüngliche Thema zurück."

„Welches ursprüngliche Thema? Deine Party? Die Uhrzeit?"

Erschrocken greift er mein Handgelenk und wieder kribbelt meine Haut.

Er hat meine Hand genommen! Einfach so! Mein Herz klopft ganz wild und ich reiße überrascht meine Augen auf.

Doch statt unsere Finger miteinander zu verschränken, worauf ich eigentlich hoffe, sieht Arthur auf meine Armbanduhr und murmelt: „Scheiße, ich muss in zweieinhalb Stunden aufstehen."

„Dann wäre es gut, wenn du noch etwas Schlaf bekommst", rate ich ihm. „Sonst bist du morgen sehr müde."

Er mustert mich einen Augenblick und schaut dann zwischen dem Sofa, auf dem wir sitzen, und der Tür, durch die wir ins Wohnzimmer gekommen sind, hin und her.
„Okay", überlegt er laut. „Ich will jetzt auch nicht unhöflich sein und dich rausschmeißen, Felix–"

„Dann sei lieber höflich", strahle ich.
Ich will nicht, dass er mich rausschmeißt. Dann stehe ich wieder in dem dunklen Flur.

Wieder schießt sein Blick zu mir und er seufzt.
„Willst du auf meinem Sofa schlafen, Felix? Ich muss allerdings früh raus."

„Kein Problem", lächele ich und unterdrücke gerade noch den Impuls, ihm zu sagen, dass ich viel lieber in seinem Bett schlafen würde.

Er ist bestimmt total warm und weich, wenn man sich an ihn kuschelt.

„Dann hole ich dir mal eine Decke,", erklärt er und steht auf. „Das Badezimmer ist hinter der Tür neben der Küche. In einer der Schubladen findest du sicherlich noch eine frische Zahnbürste."

„Danke", freue ich mich und nehme unsere leeren Wassergläser, als ich aufstehe.

„Was tust du?", will er wissen.

„Ich nehme die hier gleich mit in die Küche", kläre ich ihn auf. „Oder wolltest du noch was trinken?"

Arthur sieht mich wieder so lange an, schüttelt dann aber seinen Kopf und murmelt: „Nein, danke. Ich möchte nichts mehr trinken."

„Okay", erwidere ich fröhlich, trage die Gläser in die unordentliche Küche und stelle sie zu dem anderen benutzten Geschirr. Kurz widerstehe ich dem Drang, vielleicht doch noch schnell den Abwasch zu machen, aber Arthur möchte schlafen und wohlmöglich stört es ihn.

Stattdessen gehe ich in das kleine Badezimmer und schaue mich interessiert um. Hier ist es sauber und ordentlich und ich finde beim ersten Aufziehen einer der Schubladen auf Anhieb eine noch verpackte hellblaue Zahnbürste.

Ich packe sie aus, befeuchte die Borsten mit etwas Wasser und drücke etwas von der Zahnpasta, die ich in einem Becher vor dem Spiegel über dem Waschbecken finde, darauf.

Das Zähneputzen fällt mir nicht schwer, denn ich grinse wie ein Trottel dabei.

Ich putze mir in Arthurs Badezimmer die Zähne mit seiner Zahnpasta. Ich kenne ihn zwar noch nicht wirklich, aber trotzdem macht mich allein die Tatsache, dass er mich nicht weggeschickt, sondern mit sogar ein Quartier für die Nacht angeboten hat, so unsagbar glücklich, dass ich eben wie ein Trottel grinse.

Als ich fertig bin, überlege ich nicht lange, sondern stelle meine neue hellblaue Zahnbürste in den Becher, in dem bereits Arthurs hellgrüne Zahnbürste steht.
Ich nehme an, dass es Arthurs Zahnbürste ist, denn wem sollte sie sonst gehören?

Da ich wohl kaum in den Klamotten schlafen kann, die ich noch trage, ziehe ich kurzerhand meine Jeans, das Sweatshirt und die Socken aus, lege alles ordentlich zusammengelegt auf der Ablage neben der Badewanne ab und gehe zurück ins Wohnzimmer, wo ich sehe, dass Arthur inzwischen ein Kissen und eine Bettdecke auf dem Sofa bereitgelegt hat.

Arthur schaut zu mir auf und sein Blick wandert einmal über meinen unbedeckten Oberkörper und wieder zurück zu meinem Gesicht.
„Ich hoffe, das geht so?", fragt er verlegen.

Fast platzt mir ein „Das sollte ich dich fragen" heraus, doch im letzten Moment fällt mir ein, dass er wohl sein Schlafarrangement auf dem Sofa meint.

Wieder möchte ich ihm am liebsten sagen, dass es noch besser ginge, wenn ich bei ihm schlafen dürfte, doch ich presse meine lächelnden Lippen fest aufeinander und nicke einfach nur.

„Danke", bringe ich hervor und Arthur mustert mich einen Moment, ehe er sagt: „Ja, dann wünsche ich dir eine gute Nacht."

„Gute Nacht, Arthur", erwidere ich und spüre, dass ich noch immer grinse, während ich ihm hinterherschaue, als er das Wohnzimmer verlässt und die Tür leise hinter sich schließt.

Ist es normal, dass man so viel grinsen muss? Ich kann gerade gar nicht damit aufhören und weiß nicht, ob ich vorher ein Nicht-Grinser war. Und wann war vorher? Bevor ich Arthur begegnet bin, schätze ich.

Ich setze mich auf das Sofa und streiche über die Bettdecke. Kurz schaue ich auf, doch von Arthur ist nichts zu sehen und so hebe ich den Stoff an und halte ihn an meine Nase. Es riecht frisch nach irgendeinem Waschmittel vermutlich, aber für mich riecht es traumhaft.

Ich lege mich hin, schlage die Decke über meinen Körper und versinke grinsend in seinem Duft. An Schlaf ist unmöglich zu denken, dafür schlägt mein Herz viel zu schnell.

Wunschdenken | ✓Where stories live. Discover now