31 | Wer kommt denn jetzt?

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„Hey", lächelt Arthur, als ich die Schwingtür vorsichtig aufdrücke, um zu sehen, ob er noch da ist.

Natürlich ist er noch da – es gibt keinen anderen Ausgang aus der Kammer.

Vielmehr versuche ich an seinem Gesicht abzulesen, ob er mitbekommen hat, mit wem ich gerade gesprochen habe.

Allerdings blättert er interessiert in einem Ordner, den er offensichtlich in einem der Regale gefunden hat und fragt: „Machst du deine Steuererklärung selbst oder hast du dafür jemanden?"

Ich runzle die Stirn und will ihn gerade fragen, wieso ihn meine Steuern interessieren, als ich hinter mir die Stimme von Tessa rufen höre.

„Arthur? Bist du okay?"

Ach ja, fällt es mir ein. Sie hat ja im Auto auf ihn gewartet.

Als ich mich zu ihr herumdrehe, zucke ich kurz zusammen, denn sie hat sich eine gigantische Sonnenbrille aufgesetzt und allen Ernstes ein Tuch über den Kopf gelegt.
Soll das eine Art Tarnung darstellen?

Arthur kichert auf diese süße Weise, stellt den Ordner zurück ins Regal und drückt sich an mir vorbei durch die Schwingtür. Dabei streift seine Hand liebevoll meine Seite und mich durchfährt ein warmes Kribbeln.

„Ich bin hier drin, Tess", ruft er und reißt ebenfalls erschrocken die Augen auf, als er seine beste Freundin erblickt. „Ist bei dir alles okay? Du siehst aus, als würde Puck, die Stubenfliege, jemanden beschatten wollen."

Tessa reißt sich Sonnenbrille und Tuch vom Kopf und blickt hastig zwischen uns hin und her.

Ich hebe meine Augenbrauen und schüttle langsam meinen Kopf; versuche, ihr mit meinem Blick zu signalisieren, dass sie nicht weitersprechen soll, denn mir dämmert, dass wir Corin ihren Aufzug zu verdanken haben.

„Herzchen? Was ist denn?", will Arthur nun mit Nachdruck wissen.

Wieder sieht Tessa fragend zu mir und wieder schüttle ich den Kopf.

„Ich ... ich habe mich gefragt, wo du bleibst oder ob ihr es schon in der Kammer dort treibt", wählt Tessa ein anderes Thema als das, weshalb sie vermutlich ursprünglich hier hereingerauscht ist.

Ich unterdrücke ein erleichtertes Seufzen und sehe zu Arthur, dessen Wangen wieder erröten.

„Tessa", zischt er beschämt.

„Treiben nicht, aber knutschen schon", wende ich grinsend ein und Tessa kreischt überrascht auf, ehe sie begeistert in die Hände klatscht.

„Danke", murmelt Arthur mir zynisch zwischen zusammengebissenen Zähnen zu. „Das wird jetzt den Rest des Tages ausdisktutiert."

„Ihr habt geknutscht?", quietscht Tessa und scheint tatsächlich den ungebetenen Besuch eines gewissen Mannes aus Arthurs Vergangenheit zu vergessen. „Störe ich? Soll ich nochmal gehen? Ich könnte die Tür bewachen oder ihr schließt einfach ab."

Arthur rollt mit den Augen und geht mit einer huschenden Handbewegung auf seine schwangere Freundin zu.
„Jetzt werd mal nicht albern. Du wolltest noch zum Friseur, meine Liebe. Du möchtest doch nicht mit diesem Vogelnest auf dem Kopf Mutter werden."

„Und was ist mit ... äh ... mit ..." Sie fuchtelt verwirrt mit ihren Händen vor mir herum.

„Felix", erinnere ich sie lächelnd. „Ich komme zurecht."
Ich werfe Arthur einen vielsagenden Blick zu.
„Arthur und ich laufen uns mit Sicherheit wieder über den Weg."

Arthur lächelt schüchtern und legt dann liebevoll seine Hand an Tessas Ellbogen.
„Da hörst du es, Süße. Also los geht's."
Er wendet sich mir noch einmal zu und formt die Worte „Ich ruf dich an" stumm mit seinen Lippen und ich muss mich bemühen, nicht wie ein Fangirl vor Freude zu kreischen.

Als Arthur sich wieder zur Tür dreht, schießt jedoch noch einmal Tessas Kopf in meine Richtung, eine ihrer Augenbrauen gefährlich weit nach oben gezogen.

Ich schenke ihr mein charmantestes Lächeln und sie bedenkt mich lediglich mit einem Nicken, welches mir unmissverständlich klarmacht, dass sie alles tun wird, um Arthur zu beschützen.

Kaum, dass beide mein Café durch die Eingangstür verlassen, umfängt mich zum wiederholten Mal die Dunkelheit.

Wunschdenken | ✓Where stories live. Discover now