49 | Wo bin ich jetzt?

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Es riecht wieder nach Kaffee.

Ich blinzle ein paar Male und erkenne, dass ich wieder in der kleinen Lagerkammer in meinem Café stehe.

Seltsam. Arthur und ich sind doch bei mir zu Hause verabredet.

Aus einem Gefühl heraus greife ich einen Beutel mit Kaffeebohnen und gehe durch die Schwingtür nach vorn ins Café.

Das Licht ist aus und draußen dämmert es. Entweder ist es noch ganz früh oder schon sehr spät. Nachdem ich in mich hineinfühle, beschließe ich, dass Ersteres der Fall ist.

Ich schalte also das Licht ein und mache mich daran, die Kaffeemaschine vorzubereiten und einzuschalten. Während sie aufheizt, beginne ich, Zutaten für Kuchenteig zusammenzusuchen und denke über Arthur und unseren gemeinsamen Abend nach.

Lächelnd wiege ich das Mehl ab und frage mich, ob er wohl auch an mich denkt. An mich als seinen festen Freund. Immerhin hat er das damit gemeint, als er sagte, wir versuchen es, oder?

Etwas brummt in meiner Tasche und ich wische meine mehlige Hand an meiner Schürze ab, ehe ich mein Handy herausziehe.

Arthur Moore

Guten Morgen!
Hast du gut
geschlafen?

Ich habe keine
Ahnung, um ehrlich
zu sein :)

Das ist eine Antwort,
mit der ich nicht
gerechnet habe :)

Aber ich vermisse dich.

Die Antwort gefällt mir
auf jeden Fall und ich
kann dir sagen, dass es
mir ebenso geht.

Ich fand den Abend
wirklich schön mit dir.

Ich auch.
Und Felix?

Ja?

Machst du mir auf?

Als wollte seine Nachricht damit betont werden, höre ich ein leises Klopfen an der gläsernen Eingangstür des Cafés.

Ich wirble herum und sehe einen lächelnden Arthur durch die Scheibe und mein Herz macht einen gigantischen Hüpfer. Hastig eile ich nach vorn, fummle nach dem Schlüsselbund an meiner Schürze und finde auf Anhieb den Schlüssel, der die Tür zwischen uns öffnet.

„Guten Morgen", begrüßt mich mein traumhafter, fester Freund, als ich ihm gegenüberstehe.

„Hi", strahle ich und ziehe ihn einfach zu mir ins Café. Ich mustere ihn von oben bis unten und bin wie immer hin und weg von Arthur.

Heute trägt er einen dunkelblauen Anzug, dessen Stoff ganz leicht schimmert, dazu ein weißes Hemd mit feinen, hellblauen Streifen. Er sieht umwerfend aus!

„Kriege ich hier wohl einen Kaffee?", fragt er mich grinsend und seine Augen funkeln dabei auf diese Art, die mein Innerstes zu Pudding werden lässt.

„Kaffee?", frage ich dümmlich zurück. „Das wird teuer."

Arthurs Augenbrauen heben sich verwundert.
„Teuer?"

„Mindestens einen Kuss."

Sofort packt er mein schwarzes Poloshirt, welches ich trage, und zieht mich nah an sich, um mir einen Kuss auf die Lippen zu hauchen.
„Zum Glück hast du nicht höchstens gesagt, das würde ich nicht aushalten."

„Hmm. Die Anzahlung war schon mal okay. Einen großen Milchkaffee und einen Frischkäsebagel?"

„Es ist erschreckend, wie gut du mich kennst."

„Erschreckend gut oder erschreckend schlecht?", hake ich nach, während ich hinter den Tresen gehe und die Zutaten für den Bagel zusammensuche.

„Erschreckend gut", seufzt Arthur und setzt sich auf den Hocker, auf dem er auch beim letzten Mal gesessen hat, als ich überraschend aus der Kammer gestolpert bin. „Das nimmt mir noch etwas mehr von der Motivation, gleich ins Büro zu fahren."

„Aber", zwinkere ich ihm zu. „Es steigert auch die Vorfreude auf heute Abend und außerdem denkst du an mich, wenn du in deiner Pause in deinen Bagel beißt."

„Ich denke auch sonst pausenlos an dich, Felix", lässt Arthur mich wissen und wieder klopft mein Herz ganz schnell. „Das beunruhigt mich ein wenig."

„Also mich beruhigt es eher." Gekonnt hantieren meine Finger mit der Kaffeemaschine. „Dann weiß ich nämlich, dass ich damit nicht alleine bin."

Strahlend überreiche ich Arthur eine kleine Papiertüte, die seinen Bagel – und vielleicht eine Serviette, auf die ich schnell A+F=L mit einem Herzchen gemalt habe – enthält, und seinen Milchkaffee in einem großen To Go-Becher.
„Und jetzt bekomme ich noch einen Kuss von dir, den Rest gibst du mir heute Abend und dann ab ins Büro mit dir, damit du nicht zu spät kommst und Überstunden machen musst."

Arthur lacht wieder sein ungläubiges Lachen und beugt sich über den Tresen zu mir herüber.

Sanft lege ich meine Lippen auf seine, sauge die untere ein wenig in meinen Mund und entlasse sie wieder.

Arthur ist noch immer wie erstarrt über den Tresen gebeugt und macht ein kleines, jammerndes Geräusch.
„Kriege ich noch so einen?", verlangt er.

„Ja, heute Abend. Und jetzt los. Hab einen schönen Tag!"

„Und ich quäle dich?", mault er vor sich hin, während er zur Eingangstür geht und ich leise lache.

„Danke für den überraschenden, morgendlichen Besuch", rufe ich ihm nach.

„Danke für den Kaffee und den Bagel. Und den fantastischen Kuss", verabschiedet sich Arthur, bevor er mich wieder im Dunkeln zurücklässt.

Wunschdenken | ✓Where stories live. Discover now