15 | Was ist in diesem Portemonnaie?

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„Wow", mache ich und klappe das Portemonnaie vorsichtig auf.

Darin entdecke ich eine Kredit- und eine Bankkarte, etwa achtzig Dollar in Scheinen, einen Führerschein und einen Ausweis. Die Fotos auf beiden zeigen eindeutig mein Gesicht und ich lese den Namen, den ich Arthur heute Morgen – oder war es gestern Abend? – genannt habe.

Mein Name ist Felix Wright, ich bin sechsundzwanzig Jahre alt und habe sogar eine Adresse.

Arthur, der sich etwas zu mir herübergebeugt hat, um besser mitlesen zu können, pfeift anerkennend durch seine Zähne.
„Keine schlechte Gegend, Mr. Wright."

„Ist das so?"

„Tessa arbeitet für eine Immobilienfirma und erzählt manchmal von Verkaufs- und Mietpreisen. Also ja, du hättest dir ein durchaus schlechteres Viertel aussuchen können."

Grübelnd kaue ich auf meiner Unterlippe.
„Bislang fühlt es sich so an, als hätte ich mir noch nicht wirklich was ausgesucht."

Arthur lächelt und zeigt auf meinen Teller.
„Doch, eine vorzügliche Pizza, die wir jetzt mal schnell aufessen sollten, denn ich muss gleich wieder zurück ins Büro."

Ich tue es ihm gleich, schneide mir ebenfalls ein Stück der Pizza ab und beiße herzhaft hinein.

Arthur zwinkert mir kauend zu und so sitzen wir nebeneinander, essen einfach nur und ich stelle wieder einmal fest, wie verliebt ich in ihn bin.

Dennoch möchte mein Kopf nicht aufhören, sich um die Tatsache zu drehen, dass ich offenbar ein Zuhause und sogar ein Auto habe.

„Ich würde schrecklich gern mitkommen", scheint Arthur zu wissen, worum meine Gedanken kreisen und ich schlucke den Bissen in meinem Mund herunter.

„Möchtest du?", frage ich verdutzt.

„Oh ja", lacht er. „Ich finde es total spannend. Allerdings bin ich schon ganz schön spät dran und–"

„Wann hast du Feierabend?"

„Gegen fünf, schätze ich."

„Dann warte ich."

„Felix, du musst doch nicht den ganzen Nachmittag auf mich–"

„Ich möchte aber. Treffen wir uns wieder hier? Oder vielleicht dort drüben auf der Bank?"

„Du meinst das wirklich ernst, oder?"

„Mit dir ist mir alles ernst, Arthur."

Wieder blickt Arthur mich einfach nur mit diesem intensiven Blick an und wieder habe ich das unbändige Bedürfnis, ihn einfach zu küssen und endlich zu erfahren, wie sich seine schönen Lippen–

„Darf es noch etwas sein?", unterbricht uns Giacomo und ich beiße meine Zähne so fest zusammen, dass ich sogar ein leises Knirschen höre.

Arthur schüttelt wieder seinen Kopf, als würde er aus einer Art Trance erwachen und sieht unseren Kellner an.
„Ja", sagt er heiser. „Die Rechnung bitte, Giacomo."

Giacomo nickt lächelnd und verschwindet und ich blicke ihm nach, frage mich, ob er eines der Werkzeuge des Universums ist, die ausschließlich dafür geschaffen wurden, meine Pläne Arthur endlich zu küssen, zu vereiteln.

„Ich übernehme das", sage ich ganz selbstverständlich und lege meine Hand über Arthurs Finger, die bereits sein Portemonnaie halten. Zumindest eine Berührung, die mir vergönnt bleibt. „Musst du nicht auch zurück?"

Wieder greift Arthur mein Handgelenk, um auf meine Armbanduhr zu sehen und reißt wieder einmal erschrocken seine Augen auf.
„Du hast recht", antwortet er hektisch und springt auf. „Dann... danke! Und... bis später. Du musst auch nicht auf mich–"

„Muss ich nicht, möchte ich aber", entgegne ich, während ich zu ihm nach oben lächele.

Wieder sieht er mich so lange an, scheint sich dann jedoch innerlich loszureißen und winkt mir beinahe schon schüchtern zu, ehe er sich in Bewegung setzt und mit schnellen Schritten die Straße entlanggeht.

Giacomo, der gerade mit der Rechnung kommt, sieht ihm verwundert nach und wendet sich dann lächelnd mir zu.
„Er hatte es wohl eilig", stellt er fest.

„Je schneller er dort ist, umso schneller ist er wieder bei mir", seufze ich und nehme die Rechnung entgegen.

Wunschdenken | ✓Where stories live. Discover now