Kapitel 4.1 - Familie

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Echo

Mein langer Weg durch die Kanäle endete schließlich an meiner Baracke, die sich mit ein paar anderen in einem Kanal befand, der in einer Sackgasse endete. Der Kanal war klein, weswegen in dem Tunnel nur Platz für sieben Baracken war. Nur wenige Seelen irrten sich hier rein und das war auch gut so, denn dadurch war es hier ruhiger als in den restlichen Winkeln der unterirdischen Welt. Diese Baracke war schon etwas älter, doch sie stand noch stabil und war einbruchssicher. Ein Bekannter von mir hatte sie zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester gebaut, als er noch ein Kind gewesen war. Sie bestand wie jede andere Baracke aus Metall und Holz und besaß drei Räume. An den Außenwänden hatten wir leuchtende Runensteine aufgehängt und dazwischen baumelten zusätzlich noch Duftbeutel, die einen angenehmen Duft von Lavendel verbreiteten.

Nachdem ich aus Versehen die verletzte Schulter bewegt hatte, öffnete ich zischend die Tür und trat ein. Kaum war die Tür geöffnet worden, hörte ich die erleichterte Stimme von Luna: ,,Da bist du ja wieder!"

Leise stöhnte ich auf und verdrehte die Augen. Noch bevor ich die Tür schloss, streifte ich mir die Tasche von der Schulter und ließ sie in einer bis zum Rand gefüllten Truhe gleich neben der Tür fallen. In der Kiste befanden sich all die Dinge, die die Bewohner der Baracke die letzten Monate gesammelt, gefunden oder in den wenigstens Fällen auch gestohlen hatten. Ziel war es sie am Ende des Monates auf dem großen Markt von Orstella zu verkaufen und einen ordentlichen Haufen an Dimmen zu verdienen.

Kaum hatte ich die Tür geschlossen kam jemand zu mir geeilt und zog mich in eine Umarmung. Ich ließ es zwei Sekunden lang zu, dann stieß ich das Mädchen mit den leuchtend roten Haaren sachte von mir weg. Vor allem da mir durch die Umarmung die Rippen nur noch mehr schmerzten.

Luna bemerkte sofort, wie vorsichtig ich mich bewegte und schaute mich besorgt an. ,,Was ist los?"

,,Nichts."

Schon etwas grober schob ich sie zur Seite, um mich zum klapprigen Tisch mit den drei Hockern zu schleppen. Als ich saß, seufzte ich tief auf und schloss in einem Moment der Ruhe und Entspannung die Augen. Danach schob ich mein Hemd ein Stück hoch und erkannte schon am Bauch die gefärbten Flecken von den Tritten des Herzens. Ich wollte schon gar nicht wissen wie es im Bereich an meinen Rippen aussah. Es tat zwar nicht so sehr weh, wie meine Schulter, dennoch zerrten die Hämatome an meiner Kraft.

Luna sah genauso wie ich sofort die Flecken und ließ sie sich neben mir auf einen Hocker fallen. ,,Im heiligen Namen von Vaiila, was ist passiert?"

,,Ich bin gestolpert", sagte ich und schob mein Hemd wieder runter.

Luna schaute mich so skeptisch an, als würde sie bezweifeln, ob ich ein Mensch war. ,,Gestolpert?", wiederholte sie und zog dabei die einzelnen Silben lang.

Ich hielt kurz inne und nickte dann. ,,Ja. Gestolpert."

Es war ein bisschen gemein Luna anzulügen, doch sie wusste nichts von meiner Vergangenheit. Als ich vor achtzehn Monaten hier aufgetaucht war, hatte sie nicht erfahren weshalb ich nun hier leben wollte, und aufgrund unserer Freundschaft hatte sie auch nicht gefragt. Sie wusste das irgendetwas großes dahinter lag, doch sie respektierte auch meine Privatsphäre und hoffte wohl darauf, dass ich ihr die Wahrheit irgendwann aus freien Stücken erzählen würde.

Mit einem genervten Seufzen erhob sich Luna wieder und eilte zurück an den Herd in unserer kleinen Küchenecke. Dort stand ein mattgrauer Topf mit einem sprudelnden Inhalt. Schnell drehte der Rotschopf die Herdplatte aus, hob den Deckel und löffelte eine Suppe mit Gemüse und Fleischstücken nacheinander in vier bereitgestellte Schüsseln.

Während sie das machte, lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Wand und bewegte vorsichtig meine Schulter. Gebrochen war sie nicht und es fühlte sich auch nicht so an, als wäre sie ausgekugelt. Hätte ich die Möglichkeit gehabt, hätte ich dem angriffslustigen Herz mehr angetan als ihm nur in den Bauch zu treten.

Daegor - Blut und SchimmerTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang