Kapitel 37.1 - Eine Freundin im Feind

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Fynch

Die Angst des Versagens schien den Scalras wohl ein starker Dorn im Auge zu sein. Kaum das Jacomo es versäumte Echo mit dem schwarzen Ätherkristall zu treffen, ließen sie ihren Hagel aus Munition auf uns nieder.

Mit einem Klaps auf Sommers Hals, sprang ich von dessen Rücken und rettete mich unter das Vordach eines Hauses – nur knapp verfehlte mich dabei ein abgeschossener Pfeil. Sommer preschte währenddessen an mir vorbei und stürzte sich auf zwei meiner Geschwister, die aus einer gegenüberliegenden Gasse gekommen waren. Einen von ihnen warf er mit Körpergewicht und Kopf gegen die Wand, meine Schwester wählte einen schnellen Rückzug in die Gasse zurück.

Als ich auf die Straße blickte, war Jacomo verschwunden. William war genauso wie ich von seinem Reittier gestiegen und suchte vorläufigen Schutz hinter aufgestellten Kisten. Sein Drache wiederrum preschte an eine Wand, sprang an dieser hoch und schaffte es tatsächlich einen Scalra zu packen, der es versäumt hatte rechtzeitig zurückzuweichen. Der Schmerzensschrei meines Bruders hallte durch die ganze Straße als der braun gefleckte Drache ihn vom Dach zog und mit seinen Zähnen bearbeitete. Den Blick wandte ich bewusst von diesem Anblick ab – Familie war Familie, egal ob die Mitglieder gerade zu den Feinden gehörten.

Vom gegenüberliegenden Hausdach sprang jemand runter. Der rote Haarschopf und der gespannte Bogen verrieten Sky sofort. Doch bevor seine Füße den Boden berührten und er die Sehne des Bogens los ließ, wich ich zur Seite aus. Gleichzeitig zog ich meinen Revolver und feuerte zwei Schüsse in seine Richtung ab. Ein Schuss ging vorbei, der andere traf Skys Schulter. Neben mir landete der abgeschossene Pfeil in der Haustür. Mit der getroffenen Schulter ließ Sky mit einer Hand den Bogen los. Was er dadurch nicht bemerkte, war Sommer. Vom Schuss gerufen worden kam der Sha'Kmal aus der Gasse gelaufen und warf Sky mit vollem Körpereinsatz um. Anders als die Tiere des Marshalls waren meine Drachen darauf trainiert worden Gegner zu verletzten, töten dürfte allein ich sie.

Um wieder Deckung zu haben, zog ich mich schnell hinter einer Ansammlung Fässer zurück, zufällig versteckte sich hier auch Caitlain. Meine einzig normale Schwester hatte eine ihrer Kamas ausgeklappt und hielt in ihrer anderen Hand eine grüne Magieflamme aufrecht. Als irgendwo eine Energiewelle landete, schaute ich aus unserem Versteck hervor. Dort wo eben noch William gewesen war, befand sich nur noch ein Haufen Schutt und Holzsplitter. Williams Oberkörper ragte aus dem Chaos hervor, in seinem Hals steckte ein Pfeil, die Augen waren glasig und leer.

,,Sie ziehen sich zurück", flüsterte Caitlain mir nach einem langen Blick auf die Dächer zu. Als unser Versteck von einem Feuerball getroffen wurde, fügte sie seufzend hinzu: ,,Fast alle."

,,Jacomo auf keinen Fall." Genauso wie sie beschwor ich Magie herauf. Mit geduckter Haltung wagte ich einen kurzen Schritt nach draußen, warf einen Feuerball in die Richtung, aus der der vorherige Angriff kam und trat wieder zurück an Caitlains Seite. ,,Stevan ist auch noch da. Und Mishu und Lorian, Vanya, Donna..."

,,Und July!", zischte Caitlain, als man hörte wie mehrere Fenster in Scherben zersprangen.

Mit einem kurzen, festen Griff an der Schulter, zog ich Caitlains Aufmerksamkeit auf mich. ,,Ich weiß nicht wie viele Scalras genau in der Stadt sind, aber wir müssen vorsichtig sein. Die, die sich zurückziehen werden nun versuchen den Stadtrand zu erreichen um uns den Ausweg zu versperren. Such du Echo und Mikhael und verlasst so schnell wie möglich die Stadt!"

,,Was ist mit dir?"

,,Ich werde den Lockvogel spielen und sie in die andere Richtung führen – einem abtrünnigen Scalra kann keiner wiederstehen."

Angespannt rieb sich Caitlain die Stirn, als sie anfing die Sache zu überdenken. ,,Das ist keine gute Idee."

Fest und eindringlich ergriff ich ihr Handgelenk. Tief blickte ich ihr in die Augen, was Caitlain immer von ihren Sorgen ablenkte. ,,Cait, vertrau mir!"

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now