Kapitel 36.2 - Überfall

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Echo

,,Wir sind nicht allein!", rief Caitlain alarmiert auf. Ihr aufgewühlter Blick fiel auf Fynch. ,,Ich kenne den Klang dieser Waffe: Das war der Revolver von Fred!"

Die Frage nachdem Wer ist Fred? lag mir bereits auf der Zunge, als ich nach vorne zu den anderen blickte und mir jemand auffiel. Ein Stück von uns entfernt befand sich auf einmal ein Mann mit wehendem, schwarzen Mantel, wie der Schwarze Mann in Person. Eine goldene Brosche am Mantel stach mir ins Auge und ich erkannte die Lotusblüte sofort.

Scalra!

Jeder von uns erkannte sofort die Brosche und wer der Mann vor uns war. William verengte misstrauisch die Augen, Caitlain atmete angespannt ein und Fynch zog in einer beinah kaltwirkenden Bewegung seinen Revolver. Die Scalras hatten uns gefunden, schneller als erwartet.

William war der erste, der das Wort erhob. Die Stimme eiskalt, der Blick fest und drohend. ,,Hallo Scalra."

Der bleiche Mann – er hätte genauso gut der Tod in Person sein können – wirkte merkwürdig ruhig. Die Gesichtszüge waren locker, die Hände lässig in den Taschen seines Mantels verborgen. Oder hielt er unerkannt etwas fest? Auf Williams feindselige Begrüßung ging er nicht ein. Stattdessen ging sein Blick an William vorbei zu Fynch.

,,Fynch, mein Freund, ich bin überrascht dich zu sehen. Habe ich dich nicht halbtot im Wald liegen gelassen?"

,,Sieh mich als Geist an, Jacomo", knurrte Fynch zurück. ,,Ich bin aus dem Jenseits zurück, um dir auch nachdem Tod das Leben schwer zu machen."

,,Oh das auf jeden Fall."

Ohne den Blick abzuwenden zog der Scalra eine Hand aus der Manteltasche, ein Messer dabei haltend. Er ließ die Klinge kurz wirbeln und zeigte mit ihr dann auf mich. Seine Worte wandten sich aber immer noch an Fynch.

,,Ich gebe dir die Chance freiwillig mit dem Mädchen mitzukommen. Dann wird es zu keinem Kampf kommen. Euch beide, sowie euren Begleitern, wird nichts geschehen."

Zweifelnd blickte ich über die Schulter nach hinten. Einem von uns war schon etwas geschehen. Wie viel Wahrheit steckt in seinen Worten?

,,Irgendwie kann ich deinen Worten nicht glauben", erwiderte Fynch und wies nach hinten zum toten Reiter. ,,Und dein Angebot muss ich leider ablehnen. Keiner von uns wird die Scalras nach Johran begleiten."

Seufzend ließ Jacomo die Hand sinken. Er tat es in einer ruhigen, beinah hypnotisierenden Art, in der er mich an eine Schlange erinnerte. Selbst seine Augen ähnelten denen einer Schlange: Geldbraun mit einer schmalen Pupille.

,,Tut uns leid, Jac." Caitlain trat mit ihrem Sha'Kmal neben Fynch. ,,Aber du weißt doch, wie schwierig es ist Abtrünnige zu überzeugen."

Lachend streckte Jacomo den Kopf hoch. Über mir bemerkte ich plötzlich einen Schatten auftauchen. Links und rechts von uns tauchten nacheinander verborgene Gestalten auf, in den Gassen und auch über uns auf den flachen Dächern. Auf dem ersten Blick konnte ich nicht ausmachen wie viele es waren, doch an jedem blitzte die Scalra-Lotusblüte auf. Sie hatten uns umzingelt!

,,Ich habe auch nicht erwartet, das zwei Abtrünnige freiwillig mit kommen würden."

Weiterhin mit einem boshaften Lachen auf den Lippen, zog Jacomo die zweite Hand hervor. Und in dieser hielt er einen Ätherkristall. Pechschwarz und ohne großen Glanz. Doch bei dieser Art von Kristall spielte die Stufe seiner Macht sowieso keine Rolle, sie alle waren für eine bestimmt Art Menschen qualvoll und beinah tödlich.

Erschrocken schnappte ich nach Luft, als ich diesen Ätherkristall sah. Meine Hände fingen an zu zittern. Efeu bemerkte meine Furcht und knurrend wich er zurück – weg von dem bleichen Mann mit dem Folterinstrument in der Hand.

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now