Kapitel 27.1 - Im Netz der Spinne

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Echo

Mit zügigen Schritten versuchte ich meinen Weg zu finden. In meinem Kopf ging ich all die Ecken und Flure durch, durch die mich Tamara geführt hatte, nur wollte ich nun wieder die Krankenstation erreichen. Rai hatte mir zwar angeboten mich dorthin zu führen, aber gerade wollte ich nur so viel Abstand wie möglich von diesem Mann haben. Noch immer hallten seine Worte durch meinen Kopf, die ich nur mit halber Ernsthaftigkeit aufnehmen konnte.

Ich sollte dabei helfen das Imperium zum Fall zu bringen? Das Imperium war fast so alt wie die Existenz der Magie, wie sollte man so etwas ein Ende bereiten? Im Laufe der Geschichte hatte es schon mehrere Kämpfe und Rebellionen gegen das Imperium gegeben, doch sie alle waren zerschlagen worden. Ich konnte mir gut vorstellen, dass die Streitkräfte der Blinden Gesellschaft genauso schnell fallen würden, sollte Rai seine Worte ernst gemeint haben.

Außerdem hatte ich während unserem Gespräch Halastjarnis Warnung, die ganze Zeit in meinem Kopf gehört. Er meinte das jemand schlimmeres als das Imperium nach dem ersten Ätherkristall verlangen würde. Ob er damit wohl die Blinde Gesellschaft gemeint hatte. Möglicherweise...

Ich wusste immer noch nicht wie ich damit umgehen sollte – mit all dem was ich nun erfahren hatte. Mein Vater war Teil der Blinden Gesellschaft und dazu noch ein Spion gewesen. All seine Arbeit, für die er sogar nachts geschuftet hatte, war eine Lüge, eine Tarnung gewesen? Wegen dieser Tarnung hatte er also nicht meinen fünften Geburtstag mitfeiern können und war deswegen auch bei Bennys Geburt abwesend gewesen? Kurz hatte ich an Rais Worten gezweifelt, aber diese Wahrheit musste ich einsehen. Blieb nur abzuwarten, was ich sonst noch auf diesem Schiff erfahren würde.

Doch egal was noch kam, es würde mein Versprechen an Halastjarni nicht brechen. Ich hatte versprochen niemanden zum Ätherkristall zu führen, nicht das Imperium und dann auch nicht die Blinde Gesellschaft. Zudem hatte ich keinerlei Ahnung wo sich dieser gottverdammte Kristall befand. Jeder schien es wohl zu erwarten, da jeder dachte Halastjarni wäre noch bei mir. Wie würde wohl die Reaktion sein, wenn ich die Wahrheit sagen würde?

Doch die Wahrheit musste warten. Erst einmal musste ich den Ausgang aus diesem Gängen-Labyrinth finden. Die Flure sahen sich alle so ähnlich, dass mich langsam fragte ob ich nicht im Kreis lief. Musste ich die eine Treppe hoch oder runter? Musste ich durch die Tür oder doch durch diese? Langsam begann mein Kopf durch all das angestrengte Nachdenken zu schmerzen. Die Schmerzen im Kopf verschwanden aber sobald ich um die nächste Ecke trat und dabei mit jemanden zusammenstieß. Erschrocken wich ich zur Seite aus, wobei ich zusätzlich noch gegen die Wand stieß. Die Person, mit der ich zusammengestoßen war, reagierte auch erschrocken und mit einem Knall lagen mehrere dicke Bücher zwischen uns auf dem Boden.

,,Kannst du nicht aufpassen!", fuhr mich die südlandische Frau an, mit der ich zusammengestoßen war.

Während sie sich gleich runterbeugte um die Bücher aufzusammeln, rieb ich mir noch meinen schmerzenden Oberarm. An meiner Brust fühlte ich auch einen leichten Schmerz, wahrscheinlich war ich genau dort mit den Büchern zusammengestoßen. Zuerst wollte ich mich noch verteidigen, dass sie genauso viel Schuld hatte, aber ich stieg über meinen Schatten und beugte mich stattdessen genauso wie sie zu den Büchern runter. Ich sah wie die Frau verwirrt innehielt, als ich zwei der sieben Bücher aufeinanderstapelte.

,,Es tut mir leid." Kurz hob ich den Blick vom Boden und schaute sie lächelnd an. ,,Ich kenne mich auf diesem Schiff nicht aus."

Zuerst musterte mich die Frau misstrauisch. Doch dann wurde ihr olivfarbenes Gesicht weich und auch sie lächelte. ,,Es ist ein Labyrinth. Als ich neu war, habe ich eine Woche gebraucht um mich zurecht zu finden."

Am Ende hatten wir es geschafft die Bücher in zwei Stapeln aufzuteilen. Ziemlich ungelenkig und mehr balancierend als haltend, nahm die Frau den größeren Stapel und stöhnte unter der schweren Last kurz auf. ,,Leg die anderen Bücher einfach drauf."

Daegor - Blut und SchimmerDonde viven las historias. Descúbrelo ahora