Kapitel 23.2 - Aufstand

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Fynch

,,Und wie? Wenn Sie die Wahrheit sagen, hat der Dunkle vor mehreren hundert Jahren den Kristall versteckt. Aber Echo ist nicht der Dunkle."

,,Sie nicht, aber ihre Feuerseele", wies mich Lady Ascillia zurecht. ,,In ihr schlummert die fiese, dunkle Seele, die uns die mächtigste Waffe der Welt gestohlen hat. Die Seele des Dunklen hat den Kristall versteckt und das heißt er kann uns zu ihm führen."

Verwirrt wich ich zurück. Meine Hände verkrampften sich leicht, als ich sie vor meiner Brust verschränkte. Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet. Vielleicht mit etwas Schlimmeren oder weniger Schlimmeren – ich konnte es nicht ganz einstufen. Von allen Daegors sollte ausgerechnet Echo die Seele des Dunklen in sich tragen?

,,Das stimmt nicht", flüsterte ich kopfschüttelnd. ,,Sie ist ein Nakre, ich habe die Farbe ihrer Magie gesehen."

Ein Lachen entwich den Mund der Kaiserin. Es war angespannt und etwas nervös. Dazu vermischte sich wieder dieser respektlose Blick, als wäre ich ein Kind. ,,Denkst du der Dunkle würde einfach so seine wahre Natur zeigen? Vor hunderten Jahren ist es ihm gelungen unterzutauchen, so einfach würde er sich nicht wieder zeigen."

,,Und woher wissen Sie das Echo diese Feuerseele besitzt?"

,,Ich habe mir ein paar andere Akten angeschaut. Akten über ihre Eltern und dabei habe ich Hinweise darauf gefunden, dass ihr Vater ein Daegor gewesen war. Um genau zu sein, es gibt Hinweise darauf das ihr Vater die menschliche Verkörperung des Dunklen war."

Ungläubig schnaubte ich auf, worauf Lady Ascillia mich mit einem Gemisch aus Misstrauen und Verwunderung ansah. Vielleicht fragte sie sich gerade, ob ich wirklich der echte Fynch war, denn bis jetzt hatte ich nicht so einfach ihre Worte in Frage gestellt oder ihr in irgendeiner Art und Weise widersprochen.

,,Xander hat diese Hinweise überprüft", fuhr Lady Ascillia unbeirrt fort. ,,Ein Paul Ravenstein ist nirgendwo in Thyra geboren worden, obwohl er dieses Geburtsland in seinen Personalien angegeben hatte. Paul hatte sich vor achtundzwanzig Jahren als Assistent beworben und was keiner von uns damals bemerkte, war das er wie aus dem nichts aufgetaucht war. Wir glauben inzwischen das er schon damals während des zweiten Krieges der Dunkle gewesen war und als vor ein paar Jahren das Dorf, in dem er lebte, zerstört wurde trennte sich seiner Feuerseele von ihm, um seine Tochter zu beschützen."

Ich spürte ihren Drang mir die Sache vertrauensvolles zu verkaufen. Sie wollte das ich ihr glaubte und ihr vertraute – sie wollte den Brecher auf ihrer Seite haben. Die Frage war nur: Glaubte ich es ihr und was würde es ändern? Was meiner geliebten Ziehmutter entging, war die Tatsache, dass diese ganzen Wahrheiten meine Entscheidung nur weiter bestätigte.

Als ich mich aufmerksam aus meiner verspannten Haltung löste, fuhr Lady Ascillia fort und ich meinte dabei ein zufriedenes Funkeln in ihren Augen zu sehen. ,,Der Dunkle besaß viele, unentdeckte Fähigkeiten die nur noch wenige Daegors noch besitzen. Wir glauben eins davon war eine gewisse Unsterblichkeit. Deswegen konnte er so lange leben und das, ohne zu altern."

,,Wenn das stimmt wird sich Echos Feuerseele noch an alles erinnern und sie wird noch wissen, weshalb sie den Ätherkristall versteckt hat. Weshalb sollte also die Seele des Dunklen dem Imperium helfen?"

,,Aus dem Grund weshalb Cornelia South helfen wird."

Die Meisterin der Beschwörer. Ihre Rolle im Auftrag hatte ich beinah vergessen. Noch immer konnte ich mir nicht vorstellen, weshalb die örtliche Offizierin ihre Finger im Spiel hatte.

,,Meine gute Freundin Cornelia hat vor vielen Jahren eine erstaunliche Entdeckung gemacht. Sie hat herausgefunden, dass Geist-Beschwörer dazu in der Lage sind die Psyche einer Feuerseele und ihres Wirts zu verschmelzen, woraus eine einzige, neue Persönlichkeit entsteht. Ein neues Lebewesen mit den angeborenen Kräften eines Daegors, aber mit einem neuen Leben und ohne Erinnerungen aus seinem alten Leben." Stolz reckte Lady Ascillia das Kinn und genauso viel Stolz, wie in ihrem Blick, schwang auch in ihrer Stimme. ,,Wenn wir dafür sorgen, dass diesem neuem Mensch, der neuen Violet Ravenstein, nur noch die Erinnerung an den Ätherkristall bleibt, wird sie uns zu ihm führen können. Als ein neuer Mensch wird sie leicht zu manipulieren sein und ihr Vertrauen zu gewinnen wird einfach sein."

Eine neue Persönlichkeit? Erschrocken wich ich weiter zurück und stieß gegen den Tisch hinter mir. Ein neues Leben, ohne Erinnerungen aus dem alten Leben? Sie möchte Echos Verstand löschen?

,,Das können Sie nicht machen."

Überrascht blinzelte mich Lady Ascillia an. Wenn sie bisher nur Vermutungen hatte, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte, so waren diese Vermutungen nun wahr geworden. Und nun war mir klar geworden, dass ich wirklich vorhatte gegen meine Vorgesetzte zu rebellieren.

,,Wie bitte?", fragte Lady Ascillia langsam, als hätte sie sich verhört.

,,Das können Sie nicht machen", wiederholte ich mit Nachdruck in der Stimme. ,,Sie können nicht einfach die Erinnerungen eines Menschen löschen."

,,Wir können." Genauso wie meine Stimme härter geworden war, war es auch Lady Ascillias Stimme geworden. ,,Und wir werden. Zum Wohle von Eridia. Es geht um unsere Zukunft, Fynch! Mit der Macht des ersten Ätherkristalls kann Eridia zu einer besseren Welt werden. All die Gefahren durch die Sternenkinder oder der Blinden Gesellschaft können wir so vernichten."

,,Und das auf Kosten von Echos Leben?"

,,Was ist dir denn lieber?" Wütend wandte ich mich von Lady Ascillia ab. Sie allerdings konnte nicht damit aufhören. Mit eiligen Schritten ging sie um mich herum und blickte mich von der gegenüberliegenden Seite des Tisches an. In ihren Augen leuchtete eine Wut auf, die ich bisher nur gesehen hatte, wenn sie über verräterische Abtrünnige sprach. ,,Es ist ein Menschenleben! Ein Leben gegen das von Millionen anderen. Bitte Fynch, versteh es."

,,Es gibt aber andere Wege!", erwiderte ich wütend. ,,Echo kann ihre Feuerseele kontrollieren. Sie könnte sie bitten ihr den Aufenthaltsort zu sagen. Dafür muss man keinen Verstand löschen!"

,,Und wenn uns die Feuerseele anlügt? Oder Echo lügt uns an? Oder uns werden irgendwelche versteckten Fallen geheim gehalten?", zählte Lady Ascillia verschiedene Möglichkeiten auf. Mit beiden Armen stützte sie sich auf den Tisch ab und beugte sich zu mir nach vorne. ,,Es ist die einzige Möglichkeit um Eridia den Frieden zu bringen, den es braucht. Wir werden diese Chance ergreifen." Während sie mich weiterhin anblickte, wanderte ihre Hand nach vorne, um sich sachte auf meine Hand aus Metall zu legen. ,,Und sie wird funktionieren."

Das aufsteigende Gefühl der Abscheu kam nicht von meiner Hand, die diese Schlange gerade berührte. Sie kam aus einem tiefen Winkel meines Inneren. Vielleicht war es ja die Wahrheit, die mir sagte, dass ich meiner Ziehmutter nicht mehr glauben und nicht mehr vertrauen konnte.

,,Und wenn es nicht funktioniert?", fragte ich stattdessen.

Selbstsicher lächelte Lady Ascillia mich an. ,,Es wird funktionieren."

,,Woher wollen Sie es wissen?"

,,Ich weiß es einfach."

,,Sie wollen mit dem Verstand der mächtigsten Feuerseele spielen." Als ich das Gefühl der Abscheu und des Verrats nicht mehr ertragen konnte zog ich meine Hand zurück – überrascht das ich den neuen Arm so schnell und so gut bewegen konnte. ,,So etwas kann nicht einfach so gut funktionieren."

,,Diese Behandlung wird funktionieren, die Scalras sind der beste Beweis dafür!"

Daegor - Blut und SchimmerDonde viven las historias. Descúbrelo ahora