Kapitel 33.1 - Vekal

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Fynch

Den kulturellen Unterschied zwischen Thyra und Prodias konnte man mit nur einem Blick auf den Straßen der Städte und Dörfer erkennen – ein gutes Beispiel war hier Shar Tylan. Anders als in Thyra sahen die steinernen Gebäude aus wie aufgestellte Blöcke mit abgerundeten Ecken, schmalen Fenstern und breiten, flachen Dächern. Die Gebäude konnten bis zu drei Stockwerke besitzen, zumindest oberhalb der Erdfläche. Unter der Erdoberfläche konnten die Häuser mehrere unterirdische Ebenen besitzen, wodurch sich unter den Städten ein eigenes, kleines System durch das kühlere Erdreich zog. Richtige Straßen konnte man hier auch vermissen. Es gab nur den mit kleinen Steinen überzogenen Erdboden, der an manchen Stellen auch wegen den unterirdischen Kanälen und Wasseradern feucht war.

Sogar zwischen den Bewohnern der beiden Länder gab es einen leichten Unterschied. Große Technologie wurde in Prodias gut versteckt, sodass es wirkte, als würden seine Bewohner ein einfacheres Leben führen, bei dem es ihnen hauptsächlich um ihre Arbeiten auf Flüssen und Seen, Wasserfeldern und Salzmienen ginge. Mit ihrer einfacheren Kleidung und der gebräunten Haut, sahen die Menschen auch den Bewohnern der Südlanden ähnlich.

Doch der eindeutig größte Unterschied zu Thyra waren die Sha'Kmals. Auf den Straßen wimmelte es von so vielen Sha'Kmals, als würden sie die Stadt besetzen. Doch die Drachen waren hier etwas ganz normales. Sie ersetzten Pferde, die mehr in Thyra und Tauen benutzt wurden, da Sha'Kmals besser mit dem trockenen Wetter und der harten Arbeit auf dem feuchten Gelände zurecht kamen.

Durch diese vielen Sha'Kmals war es mal nicht auffällig selbst auf einem zu reiten. Locker saß ich auf Sommer, der seinen eigenen Weg durch die breiten und schmalen Straßen fand und den Bürgern von Shar Tylan dabei auswich. Ich passte mich einfach den Bewegungen unter mir an, während ich mich umschaute und meine Mitmenschen prüfte. Ein Stückchen hinter mir folgte Efeu, der beim Anblick der vielen anderen Drachen kurz gequiekt hatte, sich aber nun einfach auf Sommer konzentrierte und brav folgte. Caitlain saß auf ihm und obwohl sie heute zum ersten Mal auf einen Sha'Kmal gestiegen war, hatte sie sich überraschend schnell an Efeu binden können und nicht wirklich eine Hilfe seitens mir oder Sommer gebraucht.

Wie erwartet schenkten uns Shar Tylans Bürger kaum Beachtung. Für sie waren wir nur Reisende oder Besucher aus einer anderen Stadt. Wegen unser gewechselten Kleidung, die uns nicht als Scalra oder Teil des Imperiums verraten konnten, und wegen Sommer und Efeu hielten sie uns wahrscheinlich für geborene Menschen aus Prodias.

Auf Gardisten und Soldaten in imperialen Uniformen konnte man hier lange warten. In Prodias galt das eiserne Gesetz des Marshalls. Seine prodaischen Wachleute – genannt Stingers – patrouillierten auf der Straße und gaben den Bürgern eine helfende Hand. Doch die Stingers konnten hinter unsere Tarnung sehen und erkannten wer wir wirklich waren. Ihre Gesichter lagen verborgen hinter dunklen Masken aus Holz, nur ihre Augen stachen hervor und als ihre Blicke auf uns fielen, waren diese finster und warnend.

Als wir die ersten Blicke abbekamen, holte Caitlain mit einem leisen Zungenschnalzen zu mir auf. ,,Kannst du mir bitte noch einmal sagen, warum genau wir hier sind?"

,,Weil wir Informationen brauchen", flüsterte ich zurück. Anders als meine Schwester ließ ich die Blicke zu. Ich wusste wie Prodias nach dem Tod des vorherigen Marshalls zum Imperium stand und da man diese Meinung nicht so einfach ändern konnte, konnte man es entweder wortlos ertragen oder es ignorieren.

,,Und wer sollte uns Informationen geben?"

,,Der Marshall." Als Caitlain verwirrt die Stirn runzelte tippte ich gegen meine Maske. ,,Cayde schuldet mir noch einen Gefallen, nachdem ich half seinen Vorgänger aus dem Amt zu erheben. Prodias verfügt über das größte Spionagenetzwerk von ganz Eridia. Der Marshall weiß wer sein Land betritt und wer es wieder verlässt – nicht einmal eine Gruppe aus Anhängern der Blinden Gesellschaft schafft es unbemerkt hindurch."

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now