Kapitel 26.2 - Einsamkeit und Wut

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Fynch

,,Verdammt noch Mal, Fynch, was ist los?"

Nach dem Ende der Versammlung hatte ich nur ein Ziel gehabt: Zu verschwinden. Keine Ahnung wohin, aber ich wollte einfach nur meine Ruhe haben und nachdenken wieso das Leben gerade so dermaßen anstrengend war. Aber Caitlain war der Meinung etwas gegen mein Ziel tun zu müssen. Sie war mir einfach nachgelaufen, hatte mir mehrmals hinterhergerufen und fast schon bettelnd aufgefordert mir eine Antwort zu geben. Je mehr ich schwieg, desto mehr schien sie in ihrer Vermutung bestätigt zu werden, dass wirklich etwas los war. Und dummerweise konnte sie mich dann nicht in Ruhe lassen, weil sie eine Antwort brauchte.

In meiner Not war ich einmal quer durch die Zentrale gelaufen und stand nun an einem der besten Panoramablicke auf die Stadt. Die gesamte linke Wand des Ganges bestand aus Glas, wodurch nicht nur ein umwerfender Blick auf Johran zugelassen wurde, sondern auch der Boden von regenbogenfarbenen Tupfen besprenkelt wurde. Ich stand an der Fensterwand, die Hände ruhend auf der davorstehenden Griffstange aus dunklem Holz und blickte stur nach draußen. Natürlich entging mir dadurch nicht wie Caitlain hinter mir hin und her lief, manchmal an meiner Seite stehen blieb und dann nach ein paar Sekunden des Wartens das alles wiederholte – nur jedes Mal mehr genervter als vorher.

Tief in meinem Inneren wusste ich, dass das hinauszögern die Sache nur noch anstrengender machte. Caitlain würde niemals vorzeitig aufhören und meine Geduld fand irgendwann auch ihr Ende. Nicht einmal Mikhael, der ein Stück von uns entfernt stand und ratlos dabei zu sah wie Caitlain in einen zwanghaften Rhythmus verfiel, konnte etwas dagegen tun.

Als Caitlain wieder einmal begann hinter mir hin und her zu laufen, endete dies schneller als vorher mit einem genervten Stöhnen. Durch die Spiegelung des Fensters sah ich wie sie sich ihre weißblonden Strähnen aus dem Gesicht strich.

,,Es ist nichts los", seufzte ich schließlich auf. Mit den Händen stieß ich mich vom Geländer, trat nach hinten und drehte mich zu Caitlain. ,,Ich weiß nicht warum Lady Ascillia so gehandelt hat."

,,Und genau das glaube ich dir nicht!"

,,Dann ist das dein Problem und nicht meins!"

Von der Seite war ein angespannter Seufzer zu hören als Mikhael die Augen schloss. Ich konnte ihn verstehen und wahrscheinlich reagierte mein Inneres im Moment genauso, wo es ihm nun langsam klar wurde, was für einen Streit ich eben damit provoziert hatte. Zuerst schaute mich Caitlain nur fassungslos an, als hätte ich ihr soeben eine verpasst – wahrscheinlich hatte es sich für sie so angefühlt. Dann konnte man die Wut deutlich in ihren Augen aufblitzen sehen. Bevor sie etwas sagte oder überhaupt etwas tat, ließ ich seufzend den Kopf und die Schultern hängen. Danach hörte ich die wütend davon stampfenden Schritte von Caitlain und wie sie leiser wurden, je weiter sie die Flucht ergriff.

Als die Schritte hinter der nächsten Ecke verklungen hob ich den Blick und schaute Mikhael. Die Hände lässig in den Hosentaschen versteckt, hatte er Caitlain offensichtlich nachgeschaut.

,,Oh man", seufze Mikhael mitleidig und kopfschüttelnd auf. Als er sich wieder zu mir umdrehte war sein Blick allerdings alles andere als mitfühlend. Viel mehr wirkte er amüsiert. Caitlains Abgang musste wohl etwas heiteres gehabt haben, obwohl sie selbst nicht so heiter gewesen war. ,,Da musst du dir aber etwas ganz besonderes einfallen lassen, um das wieder gerade zu biegen."

,,Damit lasse ich mir lieber Zeit. Erst einmal, habe ich recht und außerdem wird sie heute nicht mehr mit mir reden wollen."

,,Vielleicht weil du wirklich Geheimnisse hast."

Sofort schoss mein Kopf in seine Richtung, doch Mikhael zeigte keinerlei Reaktion. Die heitere Stimmung war aus seinem Gesicht gewichen und stattdessen zeigte sich eine ungewöhnliche Ernsthaftigkeit. Natürlich konnte Mikhael ernst und streng werden, doch eigentlich nur während Einsätzen.

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now