Kapitel 29 - Flucht vor dem Imperium

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Fynch

Konzentriert stand ich an der Zimmertür. Aus Sorge vor einer vorzeitigen Entdeckung, hielt ich die Tür noch geschlossen und mein Gehör drang als einziges nach draußen. Irgendwie konnte mein Blick allerdings auch raus auf den Gang und das durch meinen Ræna. Ich hatte ihn raus auf den Gang geschickt, um die Umgebung zu kundschaften und dank meiner Magie hielt ich die Verbindung soweit aufrecht, dass ich seine Augen und Ohren benutzen konnte. Den Trick hatte mir meine Schwester Vanya gezeigt, deren Verbindung zur Magie uns anderen weit überlegen war.

Meine Schlange hielt sich dank ihres Magie-Körpers an der Decke fest und schlängelte sich Meter für Meter weiter. Sie war inzwischen schon weiter vorgedrungen als ursprünglich geplant. Zur Sicherheit ließ ich den Ræna die ganze Etage der Scalras untersuchen, denn im Moment waren meine Geschwister die größte Gefahr für mich. Sobald ich es raus aufs Gelände geschafft hatte, waren die nächsten Schritte leicht, doch dafür musste ich es erst einmal raus schaffen. Mit etwas Pech würden Fred und Dan noch etwas trinken oder Zhara würde sich Mal wieder bis zwei Uhr morgens zum trainieren zwingen. Aber mein Ræna sah nichts und normalerweise sahen die flinken Boten alles. Ein Grund, weshalb die klügsten, magischen Soldaten sie auch als Scouts einsetzten und dank Vanya waren auch die Scalras auf diese Idee gekommen.

Die letzten Stunden hatte ich damit verbracht meine Flucht zu planen. Sämtliche Ausrüstung und Vorräte für langzeitige Aufträge hatte ich eingepackt. Zwei Taschen waren in Sommers Box versteckt, sodass mir nur ein Beutel über der Schulter hing. Alles was ein Hinweis für mein Ziel war, war vernichtet worden und die wenigen persönlichen Besitztümer ruhten auch in meinen Taschen. Als ich meinen Blick noch mal über mein Zimmer schweifen ließ, atmete ich tief ein. Normalerweise war ich nicht nostalgisch, es war dennoch schwer ein letztes mal über mein vertrautes Zimmer zu blicken. Denn ich wusste, wenn ich dieses Zimmer nun verließ, würde ich niemals wiederkommen. Das Imperium würde somit einen zweiten Scalra verlieren. Doch es galt das Imperium oder Echo und ich wählte Echo.

Mit einem weiteren tiefen Atemzug öffnete ich die Tür, nur soweit das ich mich rausquetschen konnte und schloss sie wieder hinter mir. So wie ich mich nun durch den Flur in Richtung Fahrstuhl schlich, erinnerte es mich an eine Nacht, die nur wenige Tage zurücklag. An eine Nacht wo ich aufs Dach der Zentrale gestiegen war und am nächsten Tag meine liebste Schwester verloren hatte. Nun war ich auf den Weg um wieder zu einem besonderen Menschen zu gehen, nur würde ich mir diesen Menschen nicht von der Kaiserin nehmen lassen.

Auf meinem Weg zum Fahrstuhl behielt ich die Verbindung zu meinem Ræna aufrecht und befahl auch ihm zum Fahrstuhl zu kommen. Seine Augen wären auf dem Gelände zum Vorteil und ich könnte den Gardisten auf Patrouille leichter aus dem Weg gehen. Am Fahrstuhl beeilte ich mich damit die Tür zu öffnen und fluchte innerlich über das piepsende Geräusch der öffnenden Tür. Wiederrum dankte ich der Tür dafür, dass sie sich fünf Sekunden nach meinem eintreten wieder schloss.

Ein leises Zischen drang von der Seite an mein Ohr. Meine schimmernde Ræna-Kobra ruhte an der gespiegelten Wand und blinzelte mich mit zuckender Zunge und aufgestelltem Nackenschild an.

,,Wenn ich draußen bin folgst du mir", befahl ich ihm. ,,Und lass dich nicht erwischen."

Ein Ræna konnte nicht sprechen und somit konnte er mir auch keine sprachliche Antwort geben. Er ließ seine Taten für sich sprechen. Die Kobra richtete ihren Kopf auf und löste sich dann in einen zarten, kaum erkennbaren Nebel auf.

Als sich die Türen des Fahrstuhles öffneten, drang kühle Nachtluft in die Kabine und ich blickte auf Dunkelheit mit Schatten und einzelnen Lichtpunkten, die wie Glühwürmchen wirkten. Ich sah über das weitläufige Gelände, schon jetzt auf der Suche nach irgendeiner Gruppe von Gardisten. In der Ferne erkannte ich den gebündelten Strahl einer Gruppe, bestehend aus ihren Laternen, zum Glück aber auf der ganz anderen Seite und somit weit genug weg von meinem Ziel. Von hinten fuhr der Ræna-Nebel an mir vorbei um sich mit der Nachtluft zu verschmelzen. Er würde nach sämtlichen Gardisten Ausschau halten und sollte jemand in meine Richtung kommen, würde ich eine rechtzeitige Warnung bekommen.

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now