Daegor - Blut und Schimmer

Kapitel 37.2 - Einst

Fynch

Ich lief weiter. Den Revolver locker in der Hand und den Blick wachsamen in jede Ecke schweifend. Seit Delia war ich niemanden mehr begegnet. Der Blick war durch die dicke Luft ein wenig betrübt, aber dafür schienen die Geräusche lauter und klarer zu sein. Leider hatte ich aber noch nichts von den anderen gehört. Ich wusste nicht was mit Mikhael war, ob Caitlain erwischt worden war oder ob Echo entkommen konnte. Außerdem zog hier noch irgendwo Jacomo seine Kreise und im Moment hatte ich genügend Gründe, um meinem verhassten Bruder die Zähne aufzuschlagen.

Irgendwann blieb ich stehen. Ich tat es mitten auf der Straße und obwohl ich damit etwas riskierte, wagte ich es mich in Ruhe umzuschauen. Ein gutes Stück von mir entfernt, sah ich wie sich der Staub durch eine frische Brise aus der Luft löste und strahlendes Licht durchbrach: Der Stadtrand! Der Rand lag nur ein paar Meter vor mir und mit ihm mein Ausweg. Aber es bedeutete auch, dass meine Vermutung stimmte und er mich gefunden hatte.

Als ich mir beim plötzlichen, näherkommenden Geräusch sicher war, ließ ich Magie in meinen Arm leiten. Meine Hand fing an zu leuchten und während ich die Magie formte fuhr ich herum, um mit einer geformten Magie-Klinge eine andere Klinge abzuwehren.

Erschrocken und wütend zugleich schnaubte mich Jacomo an. ,,Kommst du endlich zur Vernunft und gibst auf?"

,,Nur wenn du versprichst die anderen in Ruhe zu lassen."

,,Dann ist es also ein Nein!"

Damit machte er einen Satz nach hinten und zog seine Klinge zurück, um sie im nächsten Moment nach vorne zu stoßen, in Richtung meines Herzens. Ich wich zur Seite aus und versuchte selbst einen Angriff, in dem ich die Klinge zur Seite fahren ließ. Zwar wich Jacomo wie ich zuvor zur Seite aus, doch während er es tat, ließ ich die Klinge ein wenig länger werden, wodurch die Spitze Jacomos Oberarm streifte. Ein Zischen war zu hören, der Stoff von Jacomos Mantel verbrannte an der getroffenen Stelle und Jacomo selbst zischte schmerzhaft auf.

Eine Klinge aus Magie konnte einen Menschen nicht töten oder ernsthaft verletzen, in erster Linie führte sie zu leichten Verbrennungen. Man konnte mit einer Magie-Klinge aber auch Menschen betäuben, dafür musste man die Klinge in das Herz eines Menschen bohren und dieser wurde dann für mehrere Stunden gelähmt. Neben dem Breitschwert war die Magie-Klinge die liebste Waffe des Schnitters und da ich mich mehr an Schusswaffen hielt, war ich hier nun ein wenig im Nachteil.

Während Jacomo die verbrannten Lederfetzen von seinem Ärmel streifte, umkreisten wir uns schweigend wie zwei Raubkatzen. Anders als ich hielt Jacomo die Klinge locker und flink in seiner Hand, ich dagegen umklammerte sie so fest, dass sich meine geballte Hand fest und schwer anfühlte. Der Versuch Erinnerungen und Tipps aus der Ausbildungszeit hervorzurufen versagte, denn mit einer überraschenden Geschwindigkeit schoss Jacomo mit erhobener Klinge vor. Gerade rechtzeitig schaffte ich es seinen Angriff zu parieren, verlor dabei aber das Gleichgewicht und stolperte. Der Schnitter nutzte die Unachtsamkeit und ließ seine Klinge über meinen Rücken fahren. Ein brennender Schmerz glitt wie eine Brise über meinen Rücken und ich spürte wie der getroffene Stoff an meinem Rücken sich langsam auflöste, wodurch mein Rücken durch den langen Schnitt ein wenig frei wurde.

,,Du solltest lieber aufgeben." Mit einem siegreichen Grinsen wirbelte Jacomo seine Klinge durch die Luft. ,,Du hattest im Schwertkampf nie eine Chance gegen mich gehabt."

,,Hast du es mit so einer Klinge getan?" Mit vorwurfsvoller Stimmte drehte ich mich zurück zu Jacomo. Meine Magie-Klinge fing an heller zu leuchten, als die Magie von meiner Wut beeinflusst wurde. ,,Hast du Ivy zuerst betäubt, bevor du sie vom Turm gestoßen hast?"

Erschrocken wich Jacomo zurück. Verwunderung spiegelte sich in seinem Blick und ich meinte einen kurzen Schimmer der Trauer zu erkennen – vielleicht war es aber auch Einbildung gewesen. ,,Woher weißt du davon?"