Kapitel 16 - Fragen

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Echo

Der Stall wurde plötzlich von einem lauten Bellen erfüllt. Einer der Federfüchse kam aufgeregt und mit gesträubtem Nackenfell zu uns gerannt, während auf der anderen Seite der Stallgasse das Bellen weiterging. Hector kam sofort aus der Box und trat seinem Federfuchs entgegen.

,,Was haben die denn?", fragte ich verwirrt über die plötzlich aufgeregte Stimmung der Tiere.

,,Sie bemerken eine Gefahr", antwortete Hector und klang dabei äußerst besorgt. ,,Und so wie Ryo reagiert muss es etwas ernstes sein."

Als hätte der Federfuchs ihn verstanden knurrte er kurz auf und stieß dabei seinem Herrchen auffordernd mit dem Kopf gegen das Bein. Hector zögerte nicht lange und eilte die Stallgasse zurück nach draußen. Der Federfuchs folgte ihm.

Auch ich wollte ihm folgen. Doch nach nur einem Schritt packte mich eine Hand an der Schulter und hielt mich zurück. Der Schleichexperte Fynch stand hinter mir. ,,Wir wissen nicht wer da kommt."

,,Ich möchte es ja herausfinden."

Mit einem Ruck befreite ich mich aus Fynchs Griff. Doch mit zwei schnellen Schritten war er schon vor mich getreten und versperrte mir den Weg. ,,Und was wenn es Leute vom Kreuz-Clan sind?"

,,Und wenn schon", erwiderte ich und versuchte mit einem Schritt zur Seite weiterzukommen. Doch natürlich wurde mir wieder der Weg versperrt. ,,Willst du deinem Freund nicht helfen, wenn Gefahr droht?"

Für einen Moment dachte ich, meine Worte würden einfach am Scalra abprallen. Ich konnte mir gut vorstellen das jemanden wie ihm das Schicksal seiner Freunde egal war. Doch als er einen tiefen, leicht genervten Seufzer von sich gab, glaubte ich so etwas wie einen Sinneswandel bei ihm entdeckt zu haben.

,,Halte bloß den Mund", knurrte Fynch, während er sich schon umwandte. ,,Sonst werde ich selbst dafür sorgen, dass du leise bist."

Nur leicht beeindruckt von seiner Drohung folgte ich ihm nach vorne. Hector hatte mit seinen Federfüchsen schon den Stall verlassen und warf auf den Hof getreten. Fynch blieb ein paar Meter vom Tor des Stalles stehen, direkt zwischen zwei großen Fenstern. Mit einem stummen Handzeichen signalisierte mir Fynch auch stehen zu bleiben. Gegen diesen Befehl hatte ich ausnahmsweise Mal nichts einzuwenden, allerdings nur weil ich problemlos aus dem Fenster schauen konnte, ohne mich ganz von der Wand zu lösen, an der ich mich mit dem Rücken drückte. So konnte ich sehen, wie zwei Reiter auf ihren Pferden auf den Hof geritten kamen. Es waren allerdings keine normalen Reiter, sondern ausgerechnet zwei imperiale Soldaten. Ihre schwarzen Rüstungen blitzten im Licht der Sonne und ihre Waffen trugen sie griffbereit an ihren Sätteln. Verwirrt schaute ich zu Fynch, der aber genauso wie ich aus dem Fenster schaute. Von ihm konnte ich wahrscheinlich keine Antwort erwarten, weshalb die zwei Soldaten hier waren.

Den beiden Reitern trat Hector entgegen, begleitet von seinen vier Federfüchsen. Zwei liefen an seiner Seite, die anderen beiden hielten sich noch etwas zurück. Hectors Gesichtsausdruck war entspannt und er schien nicht besorgt über das Auftauchen der Soldaten zu sein. ,,Einen schönen Tag!", begrüßte der alte Farmer die Soldaten. ,,Was führt euch zu mir, meine Freunde?"

,,Wir suchen eine Abtrünnige", antwortete die dumpf klingende Stimme von einem der Soldaten. Er griff nach hinten in seine Satteltasche und zog ein Stück Papier hervor, das er Hector zuwarf. ,,Ihr Name ist Echo Conall und sie ist ein Daegor. Sie hat gestern Nacht in Orstella mehrere Menschen getötet, sie ist also gefährlich und soll so bald wie möglich in Gewahrsam genommen werden."

,,Aber natürlich", erwiderte Hector und ich meinte eine Spur von Ironie in seiner Stimme zu hören. Allerdings musste man dafür ganz genau hinhören. ,,Ich kann euch aber versichern, dass hier keine Abtrünnige vorbeigekommen ist. Um ehrlich zu sein, seid ihr zwei die ersten Besucher seit Wochen."

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now