Kapitel 6.1 - Unruhe

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Echo

Während der Markt in Advance am Abend ruhig und vorkommen war, so glich er am frühen Morgen oder am Mittag wie ein Kriegsgebiet. Es herrschte ein regendes Treiben, da die Diener der reichen Menschen von Orstella das Essen für ihre Herren kaufen sollten. Meistens waren dies so große Mengen, dass die armen Angestellten kaum hinterherkamen oder mit vollbeladenen Armen den Markt wieder verließen.

Neben diesen gequälten Gesichtern bescherten die Marktschreier einem tierische Ohrenschmerzen, da es manchmal die Wirkung hatte, als würden sie einem direkt ins Ohr schreien. Letzteres war ein Grund weswegen ich mich von den lautesten Ständen fernhielt und einen sicheren Weg zwischen kleinen und wenig benutzten Ständen wählte. Manche Leute meinten, dass die kleinen Stände schlechte Ware verkauften, doch in Wahrheit traf dieses auf die großen Stände zu, dessen Händler unter allen Umständen versuchten einen professionellen Eindruck zu hinterlassen.

Bei jedem meiner Schritte stieß der schwere Inhalt meines Rucksackes gegen meinen Rücken und langsam breitete sich ein dumpfer Schmerz an der getroffenen Stelle aus. Der Inhalt war eine Ansammlung aus alten, abgenutzten Gegenständen, die ich vor kurzem auf der Schrotthalde in Ghost gefunden hatte. Wenn man sich ein paar Dimmen dazuverdienen wollte, konnte man auf dem Schrottplatz in Ghost ab und zu arbeiten kommen. Beauftragte des Imperiums kamen dort zwei Mal in der Woche hin, um zwischen all dem Schrott verlorene Ätherkristalle oder illegales Shimmer zu finden. Am Ende des Tages konnten sich die Arbeiter unter den ausgesonderten, guten Schrott Sachen zum Mitnehmen aussuchen, was sie am Ende damit anstellten war ihnen überlassen.

Ich ging einmal die Woche dorthin, manchmal schaffte ich es aber nicht dort zu arbeiten, da es wenige Plätze gab, die sehr begehrt waren. Der Schrott in meinem Rucksack war nach seiner monatelangen Ruhe zwar nicht mehr besonders gut, aber tagsüber gab es jemanden auf dem Markt der Schrott aller Arten kaufte und auch wenn er wenig anbot, es war besser als nichts.

Ein paar Meter vor mir sah ich wie ein schmächtiger Junge sich mit unauffälligen Schritten, aber mit einer angespannten Körperhaltung, einem Stand nährte. Seine Kleidung war zerrissen und seine Haare fettig, für mich war klar, dass er aus dem Tunnel kam. Der Stand, dem er sich nährte, verkaufte eine Vielzahl an wertvollen Ätherkristallen in unterschiedlichen Stufen. Die teuersten Ätherkristallen mit den höchsten Stufen lagen weiter hinten auf der dicken Holzplatte des Standes, während die weniger wertvollen in Schatullen weiter vorne standen.

Man erkannte die Stärke eines Ätherkristalls anhand seiner Farbe: Ätherkristalle besaßen aufgrund ihrer vielfältigen Magie und deren Nutzung unterschiedliche Farben, doch dabei galt, wie dunkler die Farbe umso stärker war die Magie. Einer der blassen Energie-Kristalle in den vorderen Schatullen, könnte mit der richtigen Vorrichtung meine Baracke für mindestens zwei Tage mit Energie beliefern, während ein dunkler Energie-Kristall ein Haus für zwei ganze Jahre an Energie bereicherte.

Dummer Junge, dachte ich bei dieser Vorführung nur kopfschüttelnd und ging weiter.

Anders als ich hatte der Junge wohl noch nicht den Wachhund gesehen, der im Schatten des Tisches verborgen war. Ein Stand mit solch wertvoller Ware wurde meistens entweder von einem kampferprobten Söldner oder einem angriffsbereiten Tier bewacht. Kurz huschte ein Lächeln über mein Gesicht, als ich hinter mir das laute Bellen des Hundes hörte.

Der von mir gesuchte Stand befand sich am südlichen Rand des Platzes. Er wirkte im Vergleich zu den anderen Ständen klein und uninteressant. Eigentlich war es nicht einmal ein richtiger Verkaufsstand. Er bestand aus einem alten Holzkarren und davor standen ein Klapptisch und ein Hocker. Auf diesem Hocker saß ein Mann mit verlumpter Kleidung und einem Aussehen, dass gar nicht für sein Alter passte. Die glatte Haut spannte sich überraschend fest über die Knochen, die Nase wirkte unnatürlich gerade und der Nasenrücken sah merkwürdig dünn aus und das schwarze Haar besaß vereinzelte blasse Stellen, an denen es nicht geschafft worden war mithilfe von Magie die grauen Strähnen neu zu färben. So traurig musste es wohl aussehen, wenn man versuchte sein wahres Alter zu verstecken – man sah am Ende aus wie eine Art Ungeheuer.

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now