Daegor - Blut und Schimmer

Kapitel 6.2 - Im Namen der Götter

Echo

,,Sie stürzten unser Land in Chaos. Wegen ihnen wandte sich die Magie gegen uns. Sie sorgten dafür, dass die Götter ihren Blick von uns abwandten. Wir gaben ihnen Gnade und so dankten sie es uns: Mit Mord und Chaos!"

Der ganze Platz vor dem Haus des Schöpfers jubelte und stimmte dem geheiligten Richter zu. Er stand auf einem aufgebauten Podest vor den Treppen des Hauses und heizte die Menge weiter auf. Solchen Typen war es wichtig eine Show abzuliefern, bevor der eigentliche Grund für die Versammlung kam. Diesem aufgeblasenen Richter konnte ich nur kopfschüttelnd zu schauen. Er glaubte, dass das was er tat, richtig und von den Göttern gewollt war, nur weil er Jahrelang studiert hatte und eine weiße Robe mit goldenen Stickereien trug.

Der Platz war so gefüllt von Menschen, dass es schwierig war voranzukommen. Überall wurde geschubst und gedrängelt, so dass mir als letzte Lösung nichts anderes blieb als am Rande einen ruhigen Platz zu finden. Zwischen all den Menschen und genauso am Rand sah ich mehrere Gardisten, auch auf dem Podest und auf den Treppen des Hauses. Stramm und bereit standen sie in ihren dunklen Uniformen mit den bronzefarbenen Brustharnischen und den Helmen, hinter denen ihre Augen wie funkelnde, schwarze Diamanten hervorschauten. Hier und jetzt waren sie nicht zu spaßen, man sollte am besten nicht ihre Blicke oder ihren Wut auf sich ziehen.

Mein Ziel war ein alter, kaputter Holzkarren, der schon seit Jahren am Rande des Platzes stand und einstaubte. Dort sah ich sieben andere Leute und anhand ihrer Kleidung und ihrem allgemeinen Aussehen erkannte ich sofort Bewohner aus Ghost. Die meisten waren in meinem Alter, zwei von ihnen wirkten erst vierzehn oder dreizehn Jahre alt. Ich sah unter ihnen einen Mann, ein wenig älter als ich mit blonden Haaren, die ihm in fettigen Strähnen auf die Schultern fielen.

Es war Gingo ein bekannter Dieb aus den Kanälen, der in Augen vieler dort lebenden Menschen wie ein Held wirkte, da er und seine Bande viele gestohlene Lebensmitteln, Dimmen und Gegenstände an die Bürger von Ghost verteilten. Nur ein paar Mal war ich ihm begegnet, aber ich wusste dennoch das Gingo ein ordentlicher Typ war, weswegen ich mich schnell entschied mich zu ihm und seinen Freunden zu gesellen, statt irgendwo zwischen der aufsässigen Menge unterzugehen.

Der erste der mich entdeckte, war einer der beiden vierzehnjährigen. Der Junge saß auf dem Rand der Ladefläche vom Karren und hatte bis dahin Löcher in die Luft gestarrt. Als er mich nun kommen sah sprang er auf und legte eine leichte Arroganz in seine Stimme. ,,Seht Mal Leute, das Glühwürmchen beehrt uns mit seiner Anwesenheit!"

Mit einem kalten Lächeln neigte ich den Kopf zur Seite. Na, was für ein Scherzbold.

Zum Glück besaßen seine Freunde mehr Respekt. Gingo war der erste der aufstand. Er blickte mir ruhig entgegen, bis ich vor der kleinen Gruppe stand. Seine Freunde blieben ruhig, manche schauten mich an und die anderen warteten auf Gingos Reaktion.

Abwartend schaute ich ihn an und mein kaltes Lächeln wurde zu einem ehrlichen Lächeln. ,,Habt ihr für die Show noch einen Platz frei?"

,,Für dich?", meldete sich schon wieder der arrogante Junge. ,,Seit wann kommt den die verrückte Insektenflüsterin an die Oberfläche?"

,,Halt den Mund!", knurrte ein Mann mit vollem Bart und verpasste dem vorlauten Jungen einen Schlag auf den Hinterkopf. ,,Und zeig etwas mehr Respekt, die Lady könnte dir das halbe Gebiss ausschlagen."

,,Aber das wird sie nicht." Rechtzeitig schaute ich in Gingos Richtung, bevor er das kleine Gerät in seiner Hand zu mir warf. ,,Nicht nach einer Geste des Respekts."

Ich wusste schon was er damit meinte, bevor ich den Gegenstand mit einer Hand fing. Es war eine kleine, dicke Pfeife, in der ein gläserner Kolben steckte, in dem sich wiederum ein gelblicher Dampf befand. Verfeindete Banden und Clans nutzen ruhige Momente und so ein Smoke-Jag, um sogenannte Gesten des Respekts durchzuführen. Damit versprach man eine Zeit der Ruhe und des Friedens, in der niemand dem anderen etwas tun dürfte.