Kapitel 36.1 - Aufbruch

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Echo

,,Also in einer Sache hat der Brecher schon recht. Du, und auch ich, wären in der Baumsavanne sicher." Ven-Gahn lag auf dem hölzernen Bett und blickte unverwandt zu mir. Seit unserer Ankunft im Vekal hatte er seine Gestalt nicht verändert, was wahrscheinlich auch die bessere Idee war.

Ich stand währenddessen vor dem großen Wandspiegel und zog mir den ledernen Halbmantel über die Schultern. Für einen Mantel war es in Prodias im Sommer eigentlich zu warm, doch dieses Kleidungsstück war aus den Schuppen eines Sha'Kmals hergestellt worden und besaß auch jetzt noch die spezielle Fähigkeit der Schuppen zur Kühlung des Körpers. Und obwohl es aus toter Haut hergestellt worden war, so war es doch das schönste Kleidungsstück, welches ich jemals getragen hatte. Eigentlich war alles was mir das Dienstmädchen gebracht hatte wunderschön und der Stoff fühlte sich auf meiner Haut so weich an wie Seide.

Neben den Klamotten war mir ein herrliches Frühstück aus frischem Obst und dunkel gebackenem Brot gebracht worden. In wenigen Minuten hatte ich beinah alles verdrückt, nur die dazugelegten zarten Fleischscheiben hatte ich Ven-Gahn überlassen.

Nachdem Frühstück hatte ich mir eine lange, intensive und warme Dusche gegönnt. Wie schön sich doch das frische Wasser auf der Haut angefühlt hatte! Für einen Moment hatte es angefühlt, als würde ich neben dem Schmutz auch meine negativen Gefühle abwaschen – bis sich Ven-Gahn auf der anderen Seite der Tür gemeldet hatte und meinte ich solle mich beeilen. Auch jetzt noch meinte ich das prasseln des Wassers zu spüren und den Duft der Seife, Vanille und Honig, zu riechen.

,,Du kannst ja meinetwegen in der Baumsavanne bleiben." Die letzten Knöpfe an meinem Mantel schließend, trat ich an das Bett und schnappte mir dort den fertiggepackten Rucksack. ,,Aber wenn die anderen wieder weggeschickt werden, dann werde ich auch gehen."

Mit verzogener Schnauze setzte sich Ven-Gahn auf, wodurch er fast schon auf gleicher Kopfhöhe mit mir war. ,,Ich werde natürlich nicht ohne dich bleiben. Aber ich verstehe nicht wieso du einem Scalra so stark vertraust. War nicht er derjenige, wegen dem du überhaupt in den Fokus des Imperiums geraten bist?"

,,Ja, aber es tut ihm leid."

Skeptisch blinzelte mich Ven-Gahn an. Schon klar, dass er jemanden vom Imperium nicht vertraute, aber es war sowieso nur wichtig, dass ich Fynch vertraute. Würde er es nicht ernst meinen, so hätte er dem Imperium nicht den Rücken zugekehrt.

,,Es wird schön sein Ashlyver wiederzusehen", seufzte Ven-Gahn auf. Als ich mit dem Rucksack in der Hand zur Tür ging, sprang er vom Bett und trabte mir nach. ,,Das ist die Heimat einer jeden Feuerseele. Die Sternenkinder haben eine spezielle Magie entwickelt, mit der eine Feuerseele für längeren Zeitraum umschlossen ist und leben kann – falls eine Seele ihren Wirt verliert oder sich einen neuen sucht."

,,Stimmt es eigentlich, dass in der Baumsavanne ein Rudel aus Daegors lebt?"

Ich öffnete die Tür und ließ sie hinter Ven-Gahn zufallen. Zwei prodaische Gardisten standen links und rechts von der Tür und einer nickte mir zu, als ich an ihm vorbeilief. Ansonsten war der lange Gang leer. Wahrscheinlich weil es noch zu früh war. Laut dem Dienstmädchen war die Sonner erst vor einer Stunde aufgegangen.

Ven-Gahn nickte eifrig. ,,Oh ja und nicht mal so ein kleines, wie es überall heißt. Es sind sehr viele! Und sie sind vermischt: Ein paar Leben mit ihrer Feuerseele in einer Art Symbiose und bei den anderen hat die Feuerseele die alleinige Kontrolle. Manchmal ist es ein wenig anstrengend, aber die Leute halten zusammen." Mit einem belustigten Schnauben schaute er zu mir hoch. ,,Es bleibt ihnen sowieso keine andere Wahl. Wenn Daegors nicht zusammen halten, wen haben sie sonst an ihrer Seite?"

Daegor - Blut und SchimmerWhere stories live. Discover now