Treyas Tempel

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Sieben Nächte später ...

Joron und Odnar hatten bereits den alten Holzwagen aus dem Verschlag gekarrt und neben der Schmiede auf dem saftgrünen Gras abgestellt, als der Regen unvermittelt einsetzte. Dicke Harztropfen schlugen auf die blecherne Überdachung über mir ein und erzeugten ein melodisches Klangspiel.

Verdammt ...

Hastig wandte ich mich um, schnappte mir zwei der Leinentücher von der Holzbank und warf sie den Männern zu; die erkaltete Asche zwischen den Steinfugen unter mir wirbelte dabei auf. Notdürftig deckten sie damit die Wagenfläche ab und suchten dann ebenfalls Schutz.

»Die Göttin scheint mit unserer Arbeit zufrieden zu sein«, sprach Joron, trat neben mich und deutete hinauf in den Himmel. »Es ist lange her, seit die Tannen das letzte Mal geweint haben. Das ist ein gutes Zeichen, meinst du nicht?« In seinen Haaren und an seiner Kleidung klebte schwarzes Harz.

»Gewiss.«

Humir, der soeben Treyas Antlitz mit einigen Leinentüchern umwickelt hatte, die er nun sorgsam zu deren Füßen verknotete, sah auf. »Sie weinen, wirklich?« Die Göttin überragte ihn bei Weitem, als er sich aufrichtete und sich zu uns hinaus gesellte.

Mit der Skulptur war ihnen ein Meisterwerk gelungen, das es nun sicher zum Tempelvorplatz zu befördern galt. Aber nicht, solange es derart regnete. »Wir warten«, verkündete Odnar knapp und verschwand ins Innere der Schmiede.

Und das taten wir auch.

Eine Stunde später war es dann soweit. Humir und ich fixierten den Oberkörper der Göttin – selbst unter den mehreren Schichten Stoff konnte man ihre sanftmütigen Gesichtszüge noch erahnen –, derweil Odnar neben Joron in die Hocke ging. Gemeinsam brachten wir die Figur so in eine Schieflage. Sobald wir sie anhoben, entfuhr mir ein Stöhnen.

Treya mochte zierlich und anmutig wirken, doch ihr Gewicht zerrte bis zum Zerreißen an meinen Kräften. Ich meinte es selbst dann noch zu spüren, als wir die Statue sicher auf den knarzenden Brettern des Wagens abgelegt hatten.

Kaum war ich von der Wagenfläche unten, da stemmte sich Odnar gegen die Rückwand des Karrens. »Seid ihr bereit?«, rief er Joron und Humir zu, die unterdessen die Deichsel an der Vorderseite ergriffen. Die ersten hundert Fuß den schrägverlaufenden steilen Pfad hinauf, an dessen Ende die Gassen der Stadt begannen, waren die schwersten.

»Wartet, ich helfe euch.« Lumera kam aus dem Haus und wischte sich die mehlverschmierten Hände an ihrer Schürze ab. Dann positionierte sie sich zwischen Odnar und mir.

»Auf drei!«

Wir stemmten uns mit aller Kraft gegen das Gestell. Der Wagen knarzte, nur langsam setzte er sich in Bewegung. Schon nach kurzer Zeit fiel mir das Atmen schwerer; auch Odnar kämpfte sichtlich mit seinen Kräften. Der Regen hatte die Erde unter uns in eine klebrige Fläche verwandelt. Gewöhnlich dauerte es mehrere Tage, bis das Harz in den Boden eingesickert war und damit keine Behinderung mehr darstellte, doch so viel Zeit hatten wir nicht. Deshalb musste es so gehen.

Als der Karren schließlich auf ebenerdigem Grund stand, ließ ich den Kopf gegen die rauen Holzbretter sinken. Göttin ... Mein Brustkorb hob und senkte sich im Takt mit Odnars Schnauben. Lumera dagegen richtete sich auf, klopfte uns beiden auf die Schulter und eilte dann den Abhang hinunter in Richtung des Hauses.

Ich schaute ihr hinterher. Es war mir unbegreiflich, woher sie derartige Kraft nahm. Mir zuckten die Muskeln. Lumera jedoch hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt.

Nach einem tiefen Atemzug richtete ich mich ebenfalls auf, steuerte auf die linke Flanke des Karrens zu und umfasste das kiefernbraune Holz mit beiden Händen. Odnar nahm auf der gegenüberliegenden Seite seine Position ein.

Tannengold - Die Erben des Jenseitsजहाँ कहानियाँ रहती हैं। अभी खोजें