56. Vorübergehend?

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Dahlia P.O.V.

02:34 Uhr

„War echt ein netter Abend mit euch! Nico, du kannst auf jeden Fall mal am Motocrossplatz vorbeikommen und es ausprobieren!", verabschiedet sich Liam und verlässt mit Anna die Wohnung.

„Wir sehen uns Kumpel..", sagt Mason.

„Na gut Schwesterherz wollen wir?", fragt Nico mich.

„Geh schon mal zum Auto, ich komme gleich..." antworte ich ihm und deute ihm Richtung Tür. Nico nickt mir einmal zu, verabschiedet sich kurz und knapp von Mason und verschwindet schließlich im Treppenhaus.

Mein Blick schweift zu Mason.

„Danke..", sage ich.

„Wofür?"

„Dass du meinem Bruder eine Chance gibts.."

Auf seinem Gesicht bildet sich ein leichtes Lächeln.

„Kein Ding...", sagt er schulterzuckend.

Gerade möchte ich aus der Tür gehen als mir etwas auffällt.

„Tut mir leid...total vergessen..ich habe noch deine Jacke an..", beginne ich zu erklären und will mir gerade die Jacke die er mir vorhin am Balkon gegeben, hat ausziehen.

Mason macht einen Schritt auf mich zu und greift die Jacke rechts und links. Er zieht sie mir wieder über die Schultern und bei der Bewegung werde ich einen Schritt zu ihm gezogen.

„Es ist kalt.", sagt er und sein Körper ist meinem so nah dass sich seine Wärme auf mich überträgt. Ein beruhigendes Gefühl durchströmt mich.

„Danke.", flüstere ich ihm zu.

Masons mustert mein Gesicht, beginnend bei meinen Augen, bevor sein Blick für einen flüchtigen Moment auf meine Lippen verweilt. Nervös schluckt er. Die Spannung zwischen uns ist gerade so intensiv, dass mein Herz beginnt schneller zu pochen. Alleine der Anblick seiner Augen auf meinen Lippen löst diese Reaktion aus. Ich möchte ihn küssen. Ich möchte es. Aber etwas hindert mich.

Die Spuren die Bryce hinterlassen sind nicht zu leugnen. Die Erfahrungen dieser Nacht sind wie eine dunkle Wolke, die über diesem Moment schwebt. Und obwohl ich weiß dass ich Mason küssen möchte, hat das Trauma das Vertrauen in meine Gefühle erschüttert.

Unsicher wende ich meinen Blick auf den Boden und gehe einen Schritt zurück. Die angenehme Wärme die eben noch da war, verschwindet als Mason wieder seine Hände von der Jacke und somit meinem Körper nimmt.

„Machs gut..", verabschiede ich mich und muss mit all meiner Kraft ein Lächeln erzwingen.

„Machs gut..pass auf dich auf." verabschiedet Mason sich.

Ich sehe ihn noch einmal an bevor ich die Wohnung zügig verlasse. Während ich die Treppen hinunterlaufe überkommt mich ohne die Kontrolle darüber zu haben ein Gefühl von Frustration und Traurigkeit.

Tränen sammeln sich in meinen Augen und meine Sicht verschwimmt. ER ist schuld. Bryce.

Denn Bryce hat mir nicht nur in dieser Nacht die Kontrolle über meinen Körper genommen. Auch jetzt ist er allgegenwärtig. Er nimmt mir die Kontrolle über meinen Körper immernoch. Aufgrund der tiefen Wunden die er in meinem Vertrauen hinterlassen hat, fällt es mir schwer, mich Mason zu nähern obwohl mein Körper sich nach dieser Wärme sehnt die Masons Berührungen auslösen. Ich frage mich, ob ich jemals wieder in der Lage sein werde, mich vollständig zu öffnen.

Aufgelöst stürme ich aus dem Wohngebäude raus. Mit meinem Handrücken wische ich mir die warmen Tränen von der Wange.

Ich reisse die Beifahrertür von Nicos Auto auf und setze mich rein ohne ihn anzusehen.

„Was ist los?", fragt Nico verwirrt.

„Nichts. Fahren wir einfach.", sage ich mit zittriger Stimme.

„Weinst du?"

„Nein. Und jetzt fahr."

„Rede doch mit mir. Du bist meine Schwester. Meine kleine Schwester."

„23 Minuten jünger...." erinnere ich ihn und muss dabei leicht lächeln.

„Vorher war doch noch alles in Ordnung? Hat Mason etwas falsches gesagt? Soll ich ihm eine reinhauen?", sagt er und stupst mich spielerisch an.

„Nein es liegt nicht an Mason...naja nicht direkt...Es ist viel passiert seitdem ich hier bin."

Angespannt seufzt er aus.

„Deshalb die Beruhigungtabletten?"

Schockiert sehe ich ihn an. Seine Aussage trifft mich absolut unerwartet. Woher weiß er von den Tabletten?

„Ähm..was?"

„Also wenn du Tabletten vor mir verstecken möchtest, muss du dir schon ein besseres Versteck als deine Handtasche suchen.."

Gestresst krame ich in meiner Tasche und suche die letzten verbleibenden Tabletten. Es sind noch alle da.

„Kontrollierst du gerade ernsthaft ob ich dir Tabletten geklaut habe?", fragt Nico mich und seine Stimme klingt leicht verletzt.

Ich ignoriere seine Frage.

„Also erstens habe ich wesentlich stärkere Tabletten und zweitens bin ich doch kein Arschloch was seiner Schwester Tabletten stiehlt...aber nur mal aus Interesse: seit wann konsumierst du wieder?"

Auf meiner Stirn bildet sich ein Runzeln.

„Wovon redest du? Ich konsumiere nicht. Ich brauche halt hin und wieder eine Tablette..es ist nur vorübergehend." verteidige ich mich wütend.

„Vorübergehend hm? So wie du vorübergehend gegen den Stress auf der Uni Gras geraucht hast? Und dann vorübergehend auf Kokain umgestiegen bist um bei den Vorlesungen wach zu bleiben, weil du die Nächte davor Party gemacht hast? Soll ich dir den Rest aufzählen?"

Gestresst lasse ich meinen Kopf nach hinten fallen.

„Fuck Nico, dieses Mal ist es anders okay? Es ist vorübergehend. Und sobald diese letzten 4 Tabletten weg sind werde ich nichts mehr nehmen."

Ungläubig zuckt er mit den Schultern.

„Wenn du meinst....aber falls du mal was stärkeres brauchst als diesen Kinderkram, sag Bescheid."

Genervt boxe ich ihn auf seinen Oberarm.

„Halt die Klappe und fahr endlich los.."

DahliaWhere stories live. Discover now