78. Ich wollte ihr nicht wehtun

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Mason P.O.V.

"Du sollst ihn loslassen!", höre ich Dahlia schreien, während sie versucht Tyler von mir runterzubekommen. Nach wie vor hält er mich fest an meinem Kragen gepackt und drückt mich auf den Boden.

Genervt verdreht er die Augen. Er schüttelt seinen Oberkörper und greift ihre linke Hand mit der sie versucht ihn an seiner Schulter zurückzuziehen. Ohne großen Kraftaufwand nimmt er ihre Hand von sich, sodass sie zurückfällt.

„Pass auf du Idiot sie ist verletzt!", schreie ich ihn wütend an.

„Sie wirds überleben. Nicht so wie unsere Mutter."

Die Aussage fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht.

„Fuck Tyler was willst du von mir?!", verzweifelt höre ich auf mich gegen seinen Griff zu wehren.

Seine Hände beginnen zu Zittern. Ich kann nicht sagen ob aus Wut oder aus einem anderen Grund. Sein Gesicht wird rot.

„Du hast sie mir weggenommen!! Du hast mir meine Mutter weggenommen!", seine Stimme klingt zittrig. In seinen Augen bilden sich Tränen. Es ist das erste Mal, dass wir seit dem Tod unserer Mutter darüber ein Wort verlieren. Das erste Mal, dass wir uns seit der Beerdigung sehen. Ich wusste, dass es eskalieren wird wenn wir jemals wieder aufeinander treffen würde , aber dass es so geschieht hätte ich mir wohl nie erträumt.

Am liebsten würde ich ihn anschreien. Schreien, dass es mir leidtun. Dass es ein Unfall war. Doch aus meinem Mund kommt kein Wort. Es würde vermutlich ohnehin nichts bringen. Er wird es mir nie verzeihen. Niemals.

„Yo Leute was ist mit dem Mädchen los?", höre ich plötzlich einen von Tyler Freunden im Hintergrund sagen.

Sofort dreht Tyler sich um, um zu sehen was los ist. Aus irgendeinem Grund löst er sofort seinen festen Griff und ich nutze den Moment um ihn von mir runterzuschubsen.

Ich rappel mich auf.

Dann sehe ich sie.

Auf dem Boden liegend. Ihre Hand an ihrer linken Seite verweilend. Ihre Augen geschlossen.

Ein Gefühl von Übelkeit breitet sich in meiner Magengegend aus. Mein Herz beginnt von einer Sekunde auf die andere wie wild zu rasen. Ich stehe da wie angewurzelt. Unfähig mich zu bewegen.

Tyler steht neben mir. Seine Augen auf Dahlia.

„Was hast du getan?", flüstere ich wütend.

„Ich hab gar nichts gemacht, ich hab sie doch nur von mir abgeschüttelt..", antwortet er und hebt dabei unschuldig seine Hände.

„Ich hab doch gesagt sie ist verletzt du Idiot!", schreie ohne ihn eines Blickes zu würdigen.

Ich schaffe es mich aus meiner Schockstarre zu lösen und laufe so schnell es mir möglich ist in ihre Richtung. Alle 3 von Tylers Freunden stehen neben ihr. Einer von ihnen kniet neben ihr und schüttelt sie leicht an ihren Schultern.

„Verpisst euch!", brülle ich kurz bevor ich bei ihnen bin.

Die 3 gehen ohne weitere Diskussion von ihr weg und verschwinden aus meinem Sichtfeld. Ich lasse mich so abrupt zu ihr runterfallen, dass ich bestimmt blaue Flecken auf den Knien bekommen werde.

Sanft klopfe ich ihr gegen die Wange. Meine Hände zittern bereits so stark, dass ich kaum die Kontrolle über meine Bewegung behalten kann.

„D-Dahlia..hey..b-bitte...was ist los?", frage ich überfordert. Ich scanne ihren gesamten Körper ab. Ihre Atmung ist sehr schwach. Ihre Haut blass.

Ich muss herunterschlucken um die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken. Auf meiner Stirn bildet sich ein Schweißfilm.

„K-kleine..b-bitte wach a-auf...", meine Atmung ist mittlerweile so schnell, dass ich keinen geraden Satz mehr rausbekomme.

Plötzlich spüre ich eine warme Hand an meiner Schulter.

„Mason..beruhig dich.", höre ich Tyler der hinter mir steht sagen.

Vor meinen Augen tanzen Sterne. Alles um mich bewegt sich hin und her wie in einem Drogenrausch.

Ich ignoriere das Gefühl und klopfe weiterhin Dahlia sanft gegen die Wangen. Panisch drücke ich mein Ohr gegen ihren Brustkorb um ihren Herzschlag zu hören. Ich bin mir nicht sicher ob ich etwas hören kann.

„W-wir müssen...d-die Rettung rufen!", befehle ich Tyler panisch und drehe mich zu ihm nach hinten.

Aus Tylers Gesicht ist jegliche Farbe verschwunden.

„Mason beruhig dich. Ihr geht es bestimmt gut.." seine Stimme klingt hörbar überfordert.

„N-nein ihr g-gehts nicht g-gut! D-das...ist..a-alles deine Schuld!", brülle ich ihn an.

„Ich wollte ihr doch nicht wehtun, das war ein Unfall!", verteidigt er sich gestresst und ich frage mich ob ihm die Ironie seiner Worten klar ist. „Mason bitte..beruhig dich ich bin mir sicher ihr gehts gut.."

Panisch schüttel ich den Kopf.

„N-n-nein...sie...sie atmet n-nicht...w-wir...müssen...", ich versuche zu sprechen doch ich bekomme nicht genug Luft um einen verständlichen Satz zu bilden.

Tyler setzt sich neben mich in die Hocke. Er legt zwei Finger an ihre Halsschlagader und behält ihren Brustkorb im Blick. Ich lasse für keine Sekunde ihr Gesicht aus meinen zitternden Händen.

„Mason sie atmet. Sie hatte wahrscheinlich nur nen Kreislaufkollaps. Wo ist sie denn verletzt?"

„D-die Rippe...s-sie..hat..eine gebrochene..R-Rippe.."

Tyler sieht mich an und ich wage zu behaupten einen Hauch von Mitgefühl in seiner Mimik ablesen zu können.

„Vielleicht hatte sie so starke Schmerzen, dass ihr Kreislauf nachgegeben hat. Ein Kumpel von mir hat sich mal ne Rippe gebrochen, das tut verdammt weh vor allem beim Atmen. Ihr gehts bestimmt gut. Wir müssen einfach ihre Beine hochlagern."

Tyler geht zu ihren Füßen und hebt sie etwas hoch. Ich beobachte jede seiner Bewegungen.

Vielleicht hat er Recht. Vielleicht geht es ihr gut. Aber was, wenn sie aufhört zu atmen? Was wenn ihr Herz aufhört zu schlagen?

„Chris hol mal ne Flasche Wasser und das Handtuch da drüben!", ruft er einem seiner Kumpels zu. Nur wenige Sekunden später ist der besagte Chris mit einer Flasche Wasser zurück.

„Mach das Handtuch nass und leg es auf ihre Stirn..", befielt er Chris, während er weiterhin Dahlias Beine hochgelagert festhält.

Unfähig etwas zu machen, hocke ich einfach neben ihr, streiche liebevoll über ihre Wangen und versuche genug Luft in meine Lungen zu bekommen.

Chris macht das Handtuch nass und legt es auf ihre Stirn.

„Mason...", Tylers Stimme lässt mich kurz zusammenzucken. „Du musst langsam atmen...", sagt er kalt ohne mich dabei anzusehen.

Ich versuche es doch ich schaffe es nicht.

Plötzlich spüre ich unter meinen Händen eine Bewegung. Dahlia bewegt ihren Kopf.

Sanft klopfe ich ihr wieder gegen ihre Wangen.

„D-dahlia...h-hey...", flüstere ich ihr zu.

Langsam öffnet sie ihre Augen.

DahliaWhere stories live. Discover now