84. Wie ausgewechselt

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Dahlia P.O.V.

Nächster Tag

09:45  Uhr

Hier könnte ich echt länger bleiben...", stellt Anna fest als wir mit Mason und Liam draußen an der frischen Morgenluft gemeinsam frühstücken.

Sie hat recht. Es ist wunderschön hier. Meine Gedanken sind jedoch die meiste Zeit noch bei dem Gespräch gestern Abend mit Tyler. Ich bin echt überrascht, dass er sich so öffnen konnte. Ich weiß nicht ob es der Alkohol war, oder er einfach nie jemanden hatte der mit ihm redet. Seine Kumpels wirken zwar ganz nett, aber ob sie untereinander besonders tiefgründige Gespräche führen, bezweifle ich.

Mason habe ich nichts davon erzählt. Das muss Tyler machen. Ich frage mich, ob er den Mut aufbringen wird, etwas zu sagen. In seinen Augen konnte ich sehen, dass auch er sich danach sehnt seinen Bruder wieder zurück zu haben.

Nachdenklich nehme ich einen Schluck Tee.

„Aber das Auto war nicht gerade bequem...mein Rücken tut fürchterlich weh..", klagt Anna und streckt sich.

„Ihr habt ab heute wieder mehr Platz im Haus.", sagt Tyler der gerade zu unserem Tisch kommt, in seiner Hand seine Tasche.

Fragend sehen wir ihn an. Er geht unseren Blicken aus dem Weg.

„Wir fahren wieder zurück...ähm...dann habt ihr hier eure Ruhe.", sagt Tyler.

Im Hintergrund höre ich seine Kumpels, wie sie gerade ihre Taschen ins Auto laden.

„Woher der Sinneswandel?", fragt Mason kritisch.

„Einfach so."

Stille.

„Ähm naja...auf jeden Fall...Mason kommst du kurz?", fragt Tyler.

„Ähm klar...", sagt Mason und steht sichtlich verwirrt auf.

Mason P.O.V.

Verwirrt von Tylers Art, gehe ich ihm bis zum Auto nach.

„Was gibts?", frage ich schließlich.

„Hier.." Er streckt mir seine Hand mit einem Zettel entgegen. „ähm..das ist meine Nummer...hab sie damals gewechselt...aber..du kannst ja mal anrufen, falls du dich treffen willst."

Unsicher sieht er mich an. Und zum ersten Mal seit dem Tod meiner Mutter sehe ich wieder meinen kleinen Bruder vor mir.

„Gerne..", antworte ich perplex.

Er nickt mir noch einmal zu, bevor er seine Taschen ins Auto wirft.

„Tschüss Mason..", verabschiedet sich Tyler und steigt ins Auto.

Plötzlich lässt er die Fensterscheibe nach unten.

„Ach und bevor ichs vergesse...kannst du Dahlia bitte etwas ausrichten?"

Verwirrt sehe ich ihn an. „Ähm ja, was denn."

„Bitte sag ihr Danke von mir."

Bevor ich antworten kann geht die Fensterscheibe wieder hoch und Tyler fährt los.

Dahlia P.O.V.

„Was wollte Tyler denn?", frage ich Mason als er kurze Zeit später wieder zum Tisch zurück kommt.

„Er...er war wie ausgewechselt...Er hat mir seine Nummer gegeben, ich soll mich bei ihm melden..", erzählt Mason überrascht. „Und ich soll dir Danke sagen.."

Ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus.

„Was habt ihr zwei geredet?", fragt er neugierig.

„Tja das wüsstest du wohl gern..", sage ich zwinkernd.

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2 Wochen später

Die letzten 2 Wochen mit Liam und Anna im Ferienhaus waren der Wahnsinn. Wir waren jeden Tag im See baden, haben beim Lagerfeuer gegrillt und bis die Sonne aufging miteinander geredet. Ich konnte mich gut erholen, meine Schmerzen sind schon wesentlich erträglicher und Mason habe ich seit langem mal wieder so richtig entspannt erlebt. Es war einfach perfekt.

Umso schwieriger war es wieder meine Sachen zu packen und uns auf den Weg zurück zu machen.

„Es sind wirklich nur ein paar Sachen die ich noch bei Annas Omas klären muss...", versichere ich Mason als er mich vor meiner Unterkunft aussteigen lässt.

Immerhin muss ich noch die letzten Wochen der Unterkunft zahlen und ein paar Dokumente holen.

„Ich kann hier warten..", schlägt Mason vor.

„Das ist wirklich nicht notwenig..ich bin in 1 Stunde bei dir in der Wohnung okay?", sage ich überzeugend.

Widerwillig nickt er.

„Okay.."

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„Gut hier hast du noch die Rechnung und Bestätigung..", sagt Annas Oma Maria, und schiebt mir mehrere Zettel über den Tresen der kleinen Rezeption.

„Danke Maria..für alles."

„Gerne meine Liebe. Wir werden uns bestimmt bald wieder sehen."

„Bestimmt..", sage ich lächelnd. Ich kann nicht glauben, was seit ich das letzte Mal hier stand und eingecheckt habe alles passiert ist.

Ich werfe noch einen Blick zu Maria bevor ich die Unterkunft verlasse.

Unkonzentriert versuche ich die Zettel in meine Tasche zu quetschen und achte dabei nicht auf den Gehweg auf dem ich mich befinde. Plötzlich prallt mein Körper unerwartet gegen einen Rollstuhl, der wie aus dem nichts auftaucht.

„Oh Gott es tut mir so leid, ich war abgelenkt.." beginne ich mich zu entschuldigen und sammle hektisch die Zettel vom Boden auf.

„Pass doch das nächste Mal auf."

Die unverkennbare Stimme von Bryce lässt das Blut in meinen Adern gefrieren.

Aprupt stehe ich auf und lasse die Zetteln fallen um sofort einen Schritt zurück zu machen.

Er ist es wirklich. Ungläubig mustere ich Bryce der vor mir in einem Rollstuhl sitzt. Zwischen seinen Beinen ein Kühlbeutel.

Ohne die Kontrolle darüber zu haben beginnt mein Herz so stark zu pochen, dass mir die Luft wegbleibt. Die Erinnerungen schießen wie Blitze durch meinen Kopf und die Panik kriecht immer mehr in mir hoch.

Okay Dahlia beruhige dich. Er kann dir nichts tun. Er wird dir nichts tun..

Ich schaffe es meine Atmung etwas zu beruhigen.

„Falls du jetzt vorhast wieder deinen Freund zu holen, mach ruhig...", wagt es Bryce zu sagen und lächelt dabei belustigt.

Langsam gehe ich einen Schritt auf ihn zu. Umso länger ich in sein ekelerregendes Gesicht blicke, umso mehr verwandelt sich meine Angst in Wut.

„Verotte in der Hölle, Bryce."

Ich schnappe mir so schnell es mir möglich ist meine Zettel vom Boden und beginne zügig von ihm weg zu gehen.

Weg von Bryce. Weg von meiner Unterkunft. Der Bar. Alles was hier passiert ist.

Meine Sicht verschwimmt aufgrund der aufkommenden Tränen.

Ich will hier nicht mehr sein müssen. Ich will Bryce nicht mehr sehen müssen.

DahliaWhere stories live. Discover now