Kapitel 32*

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Ich lehne mich gegen die Wand und betrachte das Bild vor mir. Meine Mutter ist seit vier Jahren tot. Tot. Das hört sich immernoch so komisch an.

***

Blakes Sicht

Schon seit zwei Stunden sitze ich mit Joanna in dem Krankenzimmer ihrer Mutter. Joanna sitzt auf einem Stuhl, den sie sich direkt dahin gezogen hat. Ich selbst sitze auf einem der unbequemeren Stühle und hänge meinen Gedanken nach. Wie wäre es wohl, wenn meine Mutter nicht gestorben wäre? Würde ich dann genauso sein wie jetzt? Würde mein Leben dann so aussehen wie es jetzt ist? So wie es bis jetzt gelaufen ist, bin ich nämlich mehr als zufrieden. Ich meine, wie kann man auch nicht zufrieden sein, wenn die Mädchen, die dich auch nur anschauen, fast schon in Ohnmacht fallen? Okay, vielleicht bin ich auch nur deswegen im Moment so zufrieden, weil ich Joanna kennengelernt habe. Oh man, ich muss sie vögeln, sonst werde ich noch von diesen Gedanken krank.

Ich erwache aus meinen Gedanken und gehe zu Joanna. Fragt mich nicht wieso, aber ich sorge mich um sie. Bestimmt auch nur wegen dem Drang sie zu vögeln. Immerhin könnte ich sie dann nicht vögeln, also wenn es ihr nicht gut geht. Sie soll ja schließlich auch Spaß daran haben und mir zeigen, dass ich sie nicht kalt lasse.

Jedenfalls bleibe ich noch einen Moment stehen, frage mich, ob ich sie aus ihren Gedanken reißen soll. Ach, was denke ich da, ihre Mutter liegt hier im Sterben, da wäre es nicht mal mehr gesund so sehr daran zu denken. Sonst macht sie sich nur selbst kaputt.

Oh man, spricht da etwa dein innerer Philosoph?

Halt die Klappe, zumindest kann ich etwas Schlaues von mir geben, nicht so wie du!

Was laberst du für eine Scheiße? Wir sind ein und die selbe Person.

Habe ich nicht gesagt du sollst die Klappe halten? Keiner will wissen was du so unnötiges von dir gibst!

Das wird keiner erfahren, du Schwachkopf. Das ist alles nur in deinem dummen Schädel!

Ich verdrehe nur die Augen und tippe sie an. Keine Reaktion. Ich tippe sie nochmal an, dieses Mal aber etwas doller. Keine Reaktion. Worin ist sie? In einer Trance? Keine Ahnung und das ist mir eigentlich auch egal. Sie soll einfach "aufwachen" und aufhören so viel zu denken. "Joanna.", sage ich, sehr nah an ihrem Ohr. Wieder nichts. Na toll, was soll ich denn noch tun? Vielleicht...? Scheiß drauf, ich machs jetzt einfach. Den einen Arm unter ihre Kniekehlen, den anderen Arm an ihrem Rücken platziert, hebe ich sie einfach hoch. Und dieses Mal klappt es sogar. Sie quietscht auf, aber versucht nicht zu schreien. Gut so. Ich muss mir mein Lachen zurück halten, als sie versucht mich mit einem bösen Blick zu strafen. Dieser sieht bei ihr aber nicht wirklich angsteinflößend aus, weshalb ich einfach weiter lache. "Jetzt hör endlich auf zu lachen. So witzig war das jetzt auch wieder nicht." "Oh doch, und wie.", lache ich weiter. "Na gut, aber jetzt halt die Klappe. Dein Lachen nervt mich." Aber der Anflug eines Lächelns entgeht mir nicht.

***

"Wette?", frage ich sie mit einem Grinsen. "Was für eine Wette?", fragt sie vorsichtig mit einem fraglichen Ausdruck. Mein Grinsen verunsichert sie. Diese Erkenntnis würde mich mit Sicherheit wieder grinsen lassen, wenn ich nicht schon grinsen würde. "Eine Wette, der du zustimmen wirst, weil du keine Angst davor hast, nicht wahr, meine liebe Joanna?", grinse ich sie weiterhin an. Wissend, dass ich sie provoziere, oh ja, und wie ich sie provoziere. "Worum wird die Wette gehen, wenn ich fragen darf?", fragt sie, bevor sie mir zustimmt. Sie wird aber zustimmen. Das weiß ich ganz genau. Bei Provokation kann keiner klar denken, und Joanna dann erst Recht nicht. "Derjenige, der mehr Sirup trinken kann, ohne aufs Klo zu müssen, gewinnt. Der Verlierer wird an irgendeinem beliebigen Tag, den der Gewinner sich aussuchen wird, alles tun was der Gewinner sagt, also wirst du alles tun was ich sage.", grinse ich weiterhin. "Wenn schon würdest du alles tun was ich sage.", erwidert Joanna mit einer Sicherheit in der Stimme, bei der mein Grinsen sicherlich fallen würde, aber da ich mir genau so sicher bin zu gewinnen, wie sie, bleibt mein Grinsen bestehen. "Das werden wir noch sehen." Ich rufe einen Kellner zu uns, der gerade an uns vorbeilaufen will. Er nickt kaum merklich und kommt zu uns rüber. Bestimmt arbeitet er noch nicht sonderlich lange hier. "Was kann ich Ihnen bringen?", fragt er und sieht von mir zu Joanna. "20 mal Sirup.", bestelle ich, kurz vor dem Lachen, als seine Augen sich weiten. "Ein Scherz?", fragt er. "Nein.", kichert Joanna. Jetzt wird er erst Recht denken, dass wir ihn verarschen. "Bring uns einfach 20 mal Sirup." Er nickt und geht los. "Oh und wenn es dir nichts ausmacht, könntest du sie dann nach und nach bringen? Sonst würde der Platz auf dem Tisch nicht reichen.", deutet sie auf den Tisch, mit einem Lächeln. Eins muss ich zugeben, sie weiß wie sie so manche Dinge bekommen kann. "Geht klar." "Schlau, schlau." sage ich, als er endgültig verschwunden ist und muss anfangen zu lachen. Solche Momente sind einfach nur amüsant, erst recht bei solchen Menschen. Nach ein paar Minuten kommt er mit einem Tablett zurück, auf dem ungefähr fünf Gläser mit Sirup sind. Fürs genaue Zählen habe ich keine Lust. "Danke.", lächelt sie ihn erneut an. Er nickt und die leichte Röte in seinem Gesicht bemerkt selbst Joanna, weshalb sie die Stirn runzelt, das Lächeln aber beibehält. Ich persönlich finde ihn peinlich, er benimmt sich wie ein Mädchen. Nichts gegen Mädchen, aber wenn ein Junge sich wie ein Mädchen verhält... Das wäre nicht vom Vorteil, wenn er in der Öffentlichkeit ist. Sein Pech. "Toll und wer ist der Schiedsrichter?" "Wir brauchen keinen.", zucke ich mit der Schulter. "Na klar brauchen wir einen. Bei dir kann man nicht sicher sein, ob du vielleicht doch schummelst." "Danke, sehr nett.", sage ich sarkastisch.

Sie hat doch recht.

Beweise? Gibt es keine. Also, ha!

Vor vier Jahren, bei dem Wettessen.

Das zählt nicht, da schummelt jeder! Oh man, warum rede ich überhaupt mit dieser lästigen Stimme?

Ich weiß es auch nicht.

Ignorieren, Blake, ignorieren. "Okay, wie du willst.", suche ich nach einer gescheiten Person. "Wie wärs mit der?", fragt sie und deutet auf eine ältere Dame. Ich nicke. "Du hast sie gefunden, also fragst du.", grinse ich sie an. "Kind.", murmelt sie nur und verdreht die Augen. "Das habe ich gesehen." "Solltest du auch." Ihr Grinsen kann man nahezu hören. Sie läuft zu der Frau hin und fragt sie wohl. Joanna redet ein bisschen mit ihr, erklärt ihr wohl die Situation, und deutet daraufhin kurz auf mich. Die Frau blickt zu mir, schaut wieder zu Joanna und dann grinst sie. Was würde ich nicht alles tun, um zu hören was sie gerade reden, beziehungsweise was die Frau gerade gesagt hat.

Joanna kommt mit der Frau zurück und setzt sich wieder auf den Platz, auf dem sie auch schon davor gesessen hat. Die Frau setzt sich auf einen Stuhl mir gegenüber. "Fangt an." Joanna und ich greifen zeitgleich nach einem Glas und ich trinke es so schnell es geht fertig und mache immer so weiter. Joanna wiederum trinkt genüsslich das eine Glas, dann das nächste, immer ganz langsam. Ich werde sowas von gewinnen.

Badboy & GoodgirlWhere stories live. Discover now