*(59) Reden*

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Du bist keine Last, wenn mit ihm zu reden, dich befreit.

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Je mehr Damian mir erzählte, desto besser verstand ich, was in den letzten Wochen passiert war. Sein Gespräch mit Seb ergab immer mehr Sinn. Ebenso seine Überforderung.

Damian hatte gerade erst angefangen, sich selbst besser zu verstehen. Sich mit seinen Fähigkeiten abzufinden und einen Weg zu finden, damit umzugehen. Und dann kam ein Fremder zu ihm und erzählte, was er war und was er sein sollte.

„Gestaltwandler... Das klingt so magisch", sagte er mit verzogenem Gesicht.

„Ist es doch auch."

„Weiß nicht. Ich hätte mir Magie... schöner vorgestellt."

„Vielleicht wird es das, wenn du es im Griff hast", schlug ich vor.

Er lehnte den Kopf zurück an die Wand.

Wir saßen in meinem Bett, die Kissen in unseren Rücken, die Decke über unseren Beinen und unsere Hände miteinander verschränkt.

„Erklär mir nochmal, was es mit diesem Rudel auf sich hat. Das ist einfach ein Haufen Gestaltwandler, die sich als Familie ansehen?"

„Sozusagen. Soweit ich weiß, können die sich aber nur in Wölfe verwandeln. Und, was ich seltsam finde, ist, dass in diesem Rudel nur Typen sind. Es gibt einen, der das Sagen hat, und alle anderen ordnen sich ihm unter. Wenn dieser Typ nicht Davids Onkel wäre, würde ich ihm ernsthaft unterstellen, einfach nur einen schwulen Harem aus Twinks und Powerbottoms zu haben."

Ich ersparte es mir, ihn darauf hinzuweißen, dass eine Verwandtschaft nicht unbedingt ein Ausschlusskriterium für so etwas sein musste. Vor allem, wenn sie sich selbst als Familie bezeichneten, obwohl die meisten von ihnen nicht miteinander verwandt waren.

„Und die wollen was genau?"

„Zuerst wollten sie nur wissen, ob ich eine Gefahr bin. Unter Gestaltwandlern kennt wohl jeder jeden, weil es nicht mehr viele von ihnen gibt. Dass ich plötzlich aufgetaucht bin, hat für sie erstmal Gefahr bedeutet. Angeblich hätte ich überall meinen Duft verteilt und einen Teil von ihrem Revier für meins erklärt."

„Die dachten, du willst sie rausfordern?"

Damian stieß ein belustigtes Schnauben aus. „Ich hatte keine Ahnung, dass meine Pisse so provokant sein kann."

„Nicht nur deine Pisse, Damian."

Alles an ihm war provokant, selbst, wenn er es nicht versuchte. Ich fand das süß. Er suchte sich die denkbar ungünstigsten Momente raus, um knallhart ehrlich zu sein, machte sich keine Mühe, implizite Normen aufrecht zu erhalten und schaffte es, durch sein mieses Timing für unpassende Witze immer eine höchst unangenehme Situation zu erschaffen.

Das einzige, dessen man sich, was Damians Verhalten anging, sicher sein konnte, war, dass er sämtliche Erwartungen mit Füßen treten und unbeeindruckt auf ihre Trümmer herabsehen würde.

Er grinste mich an, fast so als wüsste er, dass ich über etwas nachdachte, das ihn für mich schon immer interessant gemacht hatte. Ich konnte nicht anders als es zu erwidern.

„Sag deinen Augen, dass sie aufhören sollen, mit mir zu flirten", verlangte ich, gespielt genervt. „Ich versuche hier, ein ernstes Gespräch zu führen."

„Meine Augen lehnen die Forderung ab."

Ich verfluchte mich dafür, mich weiter in seinen Bann ziehen zu lassen. Damian spielte mit mir, mit meiner Anziehung zu ihm und ich ließ ihn. Ja, ich genoss es sogar.

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt