*(33) Gefühle*

4.4K 339 32
                                    

Two damaged people, trying to heal each other is love - R.H.

~~~


Es war seltsam zwischen uns. Wir redeten nicht darüber, was im Wald passiert war. Weder über seine unterbrochene Verwandlung, noch unseren Kuss.

Die Wunden seiner Zähne an meinen Lippen waren nach ein paar Tagen verheilt. Der Schmerz in meinem Inneren bestand. Er wuchs mit jeder lieblosen Interaktion, mit jedem emotionslosen Blick, mit jedem Wort, das nichts an dieser Distanz zwischen uns änderte.

Finn und Alisha glaubten, wir hätten uns im Wald gestritten. Es brachte nichts, ihnen zu versichern, dass das nicht passiert war. Ihnen die Wahrheit zu erzählen war keine Option.

Damian ging uns in der Schule aus dem Weg. Sogar, wenn Nick ihn morgens fuhr, kam er nicht mit zu uns, sondern nickte uns zu und lief direkt ins Schulhaus.

Nick meinte, Zuhause hatte er sich ebenfalls wieder zurückgezogen. Ihm war gar nicht aufgefallen, dass Damian zwischenzeitlich sehr viel zugänglicher geworden war, bis er sich wieder genauso verhalten hatte wie am Anfang: Mit niemandem reden, böse schauen und immer bereit dazu, sich zurückzuziehen.

Nach 7 Schultagen, die genauso abgelaufen waren und einem Wochenende dazwischen, wandte sich Nick mit einer Bitte an mich: „Ich habe keine Ahnung, was zwischen euch vorgefallen ist, aber kannst du ihm keine Zweite Chance geben?"

„Er hat nichts falsch gemacht", entgegnete ich.

Nichts von dem, was passiert war, war Damians Schuld.

Er war gar nicht im Stande gewesen, Entscheidungen zu treffen. Die Verantwortung für das, was passiert war, lag allein bei mir.

Ich war das Risiko eingegangen, ihn zu küssen, ohne zu wissen, was passieren würde.

Das war der Knackpunkt: Ich hatte keine Ahnung gehabt, was passieren würde. Ich hatte meine Zeit gebraucht, um es zu verarbeiten. Zeit, um darüber nachzudenken, wie es weitergehen sollte.

Ich war schon vor Tagen zu dem Ergebnis gekommen, dass es eine Ausnahmesituation gewesen war. Es wäre ein Fehler, ohne weiteres davon auszugehen, dass Damian mich unter anderen Umständen ebenfalls verletzen würde. Dass er immer erst zu sich kommen würde, wenn er begriff, was er getan hatte.

Die Frage war, ob ich mich damit abfinden konnte, dass dennoch immer eine Restchance für ihn bestand, die Kontrolle zu verlieren. Und, was er dann tun würde.

Die Antwort darauf konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht geben. Ich brauchte mehr Versuche, mehr mögliche Abläufe und Ausgänge, um die Höhe der Chance abzuschätzen und herauszufinden, ob es mir das wert war.

Das einzige Problem an diesem Vorhaben war Damian. Nicht er selbst, sondern die Tatsache, dass er wohl zu keiner Testung bereit sein würde. Er hatte in der letzten Woche nicht einmal mit mir geredet.

Ich hatte keine Ahnung, was in ihm vor sich ging. Ich hoffte, er brauchte einfach ein wenig mehr Zeit als ich, um zum selben Ergebnis zu kommen. Nur das Warten wurde langsam schwer.

„Echt nicht?", fragte Nick kritisch. „Er wirkt so als hätte er etwas verbockt."

„Hat er nicht."

„Vielleicht solltest du ihm das mal sagen?" Nick versuchte es spaßig rüberzubringen, doch das Flehen in seinem Blick war nicht zu übersehen.

„Er geht mir aus dem Weg."

„Oh, oh oh!" Finn wedelte mit dem Finger zwischen Nick und mir herum, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Ich weiß, was wir machen! Wir nehmen ihn gefangen, ziehen ihn aus, fesseln ihn ans Bett, stellen eine Kamera auf, machen eine live Übertragung an und überlassen ihn Marlon."

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt