*(3) Lächeln*

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Jeder andere würde wegrennen und sich verstecken.

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Niemand, mit dem ich gesprochen hatte, wusste, wer Damian war.

Er war einfach aus dem Nichts aufgetaucht und ging jetzt an unsere Schule.

Die einzigen, mit denen er redete, waren die Lehrer:innen. Er hatte keine Scheu, diejenigen, die auf ihn herabsahen, zur Weißglut zu treiben. Die, die nett zu ihm waren, bekamen von Zeit zu Zeit sogar ein kleines Lächeln.

In den Kursen gab es unterschiedliche Gerüchte darüber, woher Damian gekommen war und was er hier machte. Von wegen, er sei frisch aus dem Knast oder aus einer Satanisten-Sekte.

Ich war genervt von ihrem hartnäckigen Interesse an ihm. Die sprachen mehr von ihm als er überhaupt.

Klar hatte ich meine Eindrücke von ihm und ich konnte mich nicht davon freisprechen, diese bewusst oder unterbewusst zu beurteilen, aber dennoch war mir bewusst, wie wenig ich tatsächlich über Damian wusste und, dass nur er sagen konnte, wer er wirklich war. Allerdings wollte ich nicht zu denjenigen gehören, die sich zu ihm setzten, obwohl er offensichtlich allein sein wollte, und solange auf ihn einredeten, bis er einfach aufstand und ging.

Ich blieb, sowie jeden Tag, seit Finn und ich uns vom Basketball-Team abgeschottet hatten, bei meinem besten Freund und Alisha.

Ich konnte nicht sagen, warum sie die ersten Jahre, nachdem sie zu uns gewechselt war, in keine Freundesgruppe aufgenommen worden war. Sie war toll. Manchmal ein bisschen gewalttätig, aber toll.

Deshalb weigerte ich mich, über Damian vorschnell zu urteilen. Alisha hatten anfangs auch alle seltsam gefunden und gemieden. Ich hatte nie darüber nachgedacht, warum und mich einfach der großen Menge angeschlossen. Um genau zu sein, beschrieb das mein ganzes Leben. Hauptsache irgendwie dazugehören.

Dieses Muster hatte ich erst gebrochen, als Finn sich geoutet hatte. Bis dahin hatte ich ihn nicht mal als meinen besten Freund angesehen, hatte nicht gewusst, dass ich einen hatte. Finn war der Clown des Teams gewesen. Deshalb hatte auch nie jemand seine Flirts ernstgenommen und manche waren spaßeshalber darauf eingegangen.

Ernst wurde es erst, als wir mit den Mädchen aus dem Fußballteam essen waren, und Finn plötzlich aufstand, um aus dem Restraunt zu rennen und einen Typen anzusprechen, der ihn angelächelt hatte, als er rausgelaufen war.

Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie ich die Szene gespannt aus dem Fenster beobachtete und wie stolz ich war, als Finn zurückkam und uns zeigte, dass er die Nummer des Typen bekommen hatte.

Mir war gar nicht wirklich klar, dass das unseren Scherzen und Spielereien eine andere Bedeutung gab, bis Rico Finn fragte, was diese Aktion sollte und seine Dummheit sofort zu „Willst du dann nicht lieber tanzen als Basketball spielen?" steigerte.

Ich schaute mich verwundert zwischen den Mitgliedern beider Teams um. Die meisten von ihnen wirkten amüsiert, andere Stimmten Rico zu und ein paar tuschelten untereinander darüber, wie Finn sie anscheinend schon belästigt hätte. Als hätten sie damals, im Glauben, dass er Hetero war, nicht mitgemacht.

„Leute, ihr wisst, ihr liebe eure Aufmerksamkeit, aber gerade übertreibt ihr es ein bisschen. Ich habe die Hälfe von euch schon besoffen abgeknutscht. Wurde da nicht offensichtlich, dass ich euch heiß finde?"

Und die Hälfte von uns hatte mitgemacht, dachte ich wieder. Ich hatte mitgemacht. Es war ein ganz normaler Partykuss gewesen, den die umstehenden zu dem Zeitpunkt sogar bejubelt hatten. Weil sie betrunken waren und lockere Heteros cooler waren als offene Homos.

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt