*(4) Abweisung*

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Sie kommen auf dich zu. Du weist sie ab. So wie es immer war. So wie es immer sein wird.

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„Na Hübscher?" Finn lehnte sich an mich, schnappte sich meinen Cocktail und trank das Glas in einem Zug leer.

„Hey, der war teuer!"

„Und lecker."

„Arschloch." Ich schnippte ihm an die Stirn und wischte mir danach den Finger an der Hose ab.

Beim Basketball hatte er sich nie so verausgabt wie im Club beim Tanzen. Dabei hatte er auch nie so glücklich ausgesehen. So frei.

Obwohl er sich nie die Mühe gemacht hatte, zu versuchen, in der Masse unterzugehen, hatte er doch dazugehören wollen. Dafür hatte er sich nicht unbedingt verstellt. Nein, er war immer er selbst gewesen. Aber er hatte einen Witz aus sich gemacht. Sodass niemand ihn oder etwas das er getan oder gesagt hatte, ernstgenommen hatte.

Im Club, jedenfalls, hatte er mehr Spaß als jemals in der Turnhalle. Bei mir war es eher andersrum. Beim Sport könnte ich etwas richtigmachen. Ich verstand endlich mal, was passierte und war vielen einen Schritt voraus.

Im Club, unter vielen Leuten, unter Fremden, hatte ich immer das Gefühl, der Fremdkörper in einem Organismus zu sein. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er begann, mich zu bekämpfen, um abzustoßen. Selbst, wenn ich nur klein und unbedeutend war und niemanden schaden wollte, ich störte den natürlichen Fluss. Ich war ein Bug im Code. Ein Fehler in der Matrix. Etwas, das nicht da sein sollte und dass das gesamte Gebilde, in dem es sich bewegte, instabil machte.

Ein feuchter Schmatzer auf meine Wange ließ mich aufschrecken. Ich drehte den Kopf zur Seite und erkannte, dass Finn mir einen neuen Cocktail zuschob und dabei die Mischung aus Schweiß und Speichel, die er auf meinem Gesicht hinterlassen hatte, mit dem Daumen wegwischte.

„Sei vorsichtig mit deinem nachdenklichen Blick. Der macht mich an."

Ich verdrehte die Augen. „Es gibt nichts, das dich nicht anmacht, Finn. So ist das mit kleinen Schlampen."

„Mh, talk dirty to me." Er rieb seine Schulter an meiner und grinste mich mit wackelnden Augenbrauen an.

Ich konnte nicht anders als zu lachen. Ich wusste, dass es meine Aufgabe als guter Freund wäre, ihn darauf hinzuweisen, wie lächerlich er aussah, wenn er seine Augenbrauenakrobatik abzog, aber ich wollte ihn damit nicht verunsichern. Irgendwie war es ja auch witzig. Und, wenn er sich an mich anschmiss, war es meistens sein Ziel, witzig zu sein. Mich aufzumuntern. Gute Stimmung zu machen.

Ja, flirten war ein fester Bestandteil unserer Freundschaft geworden. Unsere Art zu zeigen, dass wir einander schätzten. Viele der Dinge, die wir sagten, waren auch ernstgemeint. Er fand mich hübsch, ich fand ihn süß, er hätte nichts gegen eine Freundschaft Plus und ich hielt ihn für ein billiges Flittchen – im besten Sinne.

Ich fand es beeindruckend, dass er sich nicht innerhalb der Grenzen bewegte, die andere versuchten, ihm aufzuerlegen. Dass er wusste, welche Reaktionen er dafür bekam und es trotzdem immer und immer wieder zu tun.

Aber das hieß nicht, dass ich mitmachen wollte. Meine letzte Beziehung und die ständige Verpflichtung abzuliefern hatte Sex einen bitteren Beigeschmack gegeben, dem ich sicherlich nicht mit meinem besten Freund entgegenwirken wollte. Abgesehen davon, dass ich mich sexuell nicht zu ihm hingezogen fühlte. Zu ihm oder sonst irgendwem. Am liebsten hatte ich Sex mit mir selbst. Dann konnte ich es machen, wann ich es wollte, wie ich es wollte, solange ich es wollte und ich müsste keine Angst haben, dass ich später ausführlich beurteilt wurde oder zu Sachen gedrängt, die ich nicht machen wollte.

wild (bxb)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt