66. Kapitel

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Sicht Oli

Verzweifelt saß ich am Küchentisch. Immer wieder schwebte mir das Gespräch von heute Nachmittag im Kopf. War ich zu streng zu ihr gewesen? Tom hatte mir ordentlich den Kopf gewaschen. Charly musste mich aber auch verstehen. Daniel war einfach zu schwach. Sie hätte ihn nur überfordert.
Der Junge hatte eh noch einen weiten Weg vor sich. Die motorischen Fähigkeiten waren allesamt weg. Es war aber ein Wunder das er aufgewacht war und auf den ersten Blick fit war.
Ich starrte mein Handy an. In der Hoffnung sie würde sich melden.
Alex kam aus der Küche, er hatte sich was zu essen geholt. Auch er sah mitgenommen aus. „Was ist los?" fragte ich den Arzt. Dieser zuckte mit den Schultern. „Momentan ist einfach alles Scheiße." er fuhr sich übers Gesicht. „Mit dieser neuen Sanitäterin stimmt etwas nicht. Ich glaub das ihr Freund ziemlich gewalttätig ist." seufzte er laut. Ich stimmte ihn zu. Auch mir war das aufgefallen. Ich hatte zwar mit ihr noch nicht zusammengearbeitet, aber sie wirkte auf mich ziemlich verstört. Jules war eine toughe junge Frau, aber irgendwas war komisch an ihr.
Wir beide schreckten schon fast zusammen, als mein Handy klingelte. Charlys Name zeichnete sich ab. „Charly." ging ich voller Erleichterung ran. „Papa wir haben Scheiße gebaut." hörte ich meine Tochter am anderen Ende der Leitung weinen. „Ich weis nicht was ich tun soll." schluchzte sie. Sofort spannte ich mich an. „Was ist los?" ein Schauer überzog mich.
„Kannst du bitte kommen. Miriam geht es nicht gut." sie hörte sich flehend an. Als ob sie nicht mehr lang standhielt.
Sofort bejahte ich und stand auf. Alex war ein wenig schneller wie ich und holte seine Notfalltasche. Zusammen stiegen wir in mein Auto. Ich war sauer auf Charly, sie handelte nie mit verstand.
„Sei nicht allzu sauer. Sie hat dich um Hilfe gebeten und das zählt." Alex musterte mich von der Seite. Mein Kiefer presste sich hart aufeinander. Sie musste endlich für ihre Taten gerade stehen. Mit 16 Jahren konnte ich doch wohl verlangen das sie mitdachte.
Kurze Zeit später erreichten wir die Adresse. Von weiten konnte ich schon die zwei Mädchen erkennen. Miriam lag erschöpft auf Charly. Wir fackelten nicht lange und sprangen aus dem Auto. Zeitgleich hielt eine Streife neben uns.
Zwei Polizisten stiegen aus. Alex und ich gingen auf die zwei zu. Miriam atmete ganz flach. „Papa" Charlys Augen leuchteten voller Erleichterung auf.
Man sah ihr an, dass sie sich sorgen machte. „Sie muss sich die ganze Zeit übergeben. Ich weis nicht mehr was ich machen soll." schluchzte sie wieder auf.
„Wieviel habt ihr getrunken?" fragte ich. Gleichzeitig maß ich den Puls von den kleinen Mädchen. Er gefiel mir nicht, war viel zu nieder.
Ich überlegte ob ich einen RTW rufen sollte. Mit einer Alkoholvergiftung war nicht zu spaßen. Im gleichen Moment schlug das Mädchen die Augen auf. „Oli" flüsterte sie.
„Mir ist so unfassbar schlecht." „Wir wollten doch nur einen Abend ein wenig Spaß haben." die Stimme meiner Tochter hörte sich leicht verwaschen an. Wahrscheinlich hatte sie auch mehr als genug getrunken.
Schwere Schritte näherten uns. „Oli alles klar bei euch?" Tom stand daneben. Sorge stand ihn auf der Stirn. „Ich denke schon." gestand ich. Ich wollte hier nicht noch mehr Probleme.
„Passanten haben uns gerufen. Sie meinten das hier zwei betrunkene Mädchen sind." Tom und Paul kamen näher heran. Sie musterten Miriam. „Brauchst du einen RTW?" fragte Paul. Skeptisch beobachtete er mein handeln.
„Ich denke nicht. Ich glaub das schaffen wir ganz gut so." wimmelte ich die zwei ab. Tom fuhr sich durch sein dichtes Haar. „Oli" setzte er an. „Die zwei sind noch keine 18 und Miriam augenscheinlich sehr betrunken. Wir müssen mit ihren Eltern reden. Sind dazu verpflichtet." seufzte er. „Wir können doch ein Auge zu drücken. Du kennst sie doch." versuchte Alex sich einzumischen. Toms Funkgerät gab ein Rauschen von sich. Er ging einen Schritt weg und funkte.
Als er wieder kam blickte er mich an. „Haut ab ihr vier. Ich will sowas aber nicht wieder erleben und kein Wort zu irgendjemand." Dankbar nickte ich. Tom hatte definitiv einen gefallen gut bei mir.
Zusammen stürzten wir das Mädchen und brachten sie zu meinem Auto. „Ich hab eine Tüte im Kofferraum" wies ich Alex hin. Er verstand und holte sie. Ich hatte keine Lust das sie mir das Auto versaute.
„Sorry" nuschelte Charly neben mir. Sie versteckte ihr Gesicht in ihren Händen.
„Ich war so sauer. Du hast mich nicht zu ihn gelassen. Obwohl er wach ist." sie sah mich aus ihren blau grauen Augen an. Tränen spiegelten sich darin. Ein dicker Kloß bildete sich in meinen Hals. Ich wusste gar nicht, wie sehr ich sie verletzt hatte.
„Fuck man. Ich dachte wirklich er stirbt. Hatte den ganzen Tag nur ihn im Kopf." Tief seufzte ich. Ich hatte ja keine Ahnung. „Es tut mir leid. Aber es ging um seine Gesundheit. Er brauchte Ruhe. Morgen in der Früh kannst du gleich zu Daniel. Er ist noch sehr geschwächt." versuchte ich sie aufzumuntern. Ich konzentrierte mich auf die Straße, ich fuhr nicht gern in der Dunkelheit. Die Ampel vor mir sprang auf Orange. Sofort bremste ich und hielt meine Auto an. Im Rückspiegel beobachtete ich Alex mit Miriam. Seine Hand umfasst ihr Handgelenk. Ich wusste das er sie engmaschig beobachtete.
Ich fuhr in die Einfahrt. Im Gang brannte Licht. Wahrscheinlich war Franco zurückgekommen. Charly stieg aus den Wagen. Mit hängenden Schultern schlurfte sie zur Haustür. Ich half Alex mit Miriam. Das Mädchen konnte kaum ihre Augen offen halten. So hatte ich sie noch nie erlebt. Ich fuhr mit durch die Haare. Ich schloss die Tür auf und ging hinein. Alex legte Mitiam auf die Couch. Franco kam um die Ecke. Fragend sah er mich an. Ich zuckte mit den Schultern, war nicht in der Stimmung ihn alles zu erklären. Wollte einfach meine Ruhe. Zum ersten Mal seit langen dachte ich wieder an Linda. Ich vermisste sie so schrecklich. Sie wüsste was zu tun wären. So ein Quatsch, sie hätte es gar nicht so weit kommen lassen.
Ich ging in das Büro. Öffnete den Medizinschrank und nahm eine Flasche NaCl und noch Elektrolyte mit.
Mit beiden ging ich hinunter. Alex und Franco redeten auf Miriam ein, sie wollten das sie was trank.
„Hey Alex." machte ich ihn aufmerksam und schmiss ihn die Kochsalzlösung zu. „Willst du den Zugang legen?" fragte er mich und hielt mir sein Equipment hin. „Ne mach du. Du bist der Anästhesist. Ich glaub eher ich sollte Miriams Mutter anrufen." Charly saß auf den Sessel und starrte ins leere. Ich ging auf sie zu und zog sie in eine feste Umarmung. „Es tut mir so leid. Ich wollte nicht das es so weit kommt." Ich drückte ihren Kopf fester an mich. „Wenigstens weist du das es eine Scheiß Aktion war und das wichtigste, du hast Hilfe geholt." versuchte ich sie zu beruhigen. Ich war es leid mit ihr zu streiten. Das heute im Krankenhaus hatte mir schon gereicht.
Ich merkte das sie leise schluchzte. „Es ist wirklich alles gut." Ich drückte ihren Kopf noch ein wenig fester an mich. Sie schlang ihre Arme fest um mich. Ein wohliges Gefühl der Geborgenheit umfasste mich.
Ich wusste egal wie schwer die Zeit war, egal wie sehr wir stritten. Wir waren füreinander da.

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Ich muss euch leider mitteilen, dass dies das vorletzte Kapitel von der Geschichte ist.
Das letzte ist auch schon geschrieben. Mir fällt es tatsächlich wahnsinnig schwer. Begleitet mich diese Geschichte doch schon eine ganz Zeit lang 🫣

Natürlich bleib ich euch auf Wattpad erhalten und hab tatsächlich schon ein neues Projekt angefangen.
Vielleicht hat der ein oder andere schon eine Idee? 😏
Ich kann vorab sagen. Charly bleibt euch noch ein wenig erhalten, auch wenn sie diesmal nur ganz am Rand vorkommt 🤭

Schwierige Zeit/ Asds, AS FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt