» 4. Kapitel

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Sonnenstrahlen, die durch das kleine Fenster genau in mein Gesicht fielen, weckten mich auf.

Langsam richtete ich mich auf und sah mich um. Zuerst war ich verwirrt, wo ich war, doch dann fiel es mir wieder ein.

Gestern hatten Taehyung und ich es knapp in Level 20 geschafft. Nur der Gedanke daran ließ mich erschaudern.

„Tae?", fragte ich und sah mich um.

Die Zimmer auf dieser Etage waren, wie erwartet, ganz anders.
Von Level 1-5 habe ich immer alleine geschlafen, ab Level 5 kam dann Tae, der von da an entweder in einem Hochbett über mir oder in einem weiteren Bett an der anderen Seite geschlafen hatte.
Hier lag ich in einem Doppelbett.

Dort neben mir, wo eigentlich Taehyung liegen sollte, schon wach und mich anlächelnd, war das Bett leer. Die Decke lag fein säuberlich glatt gestrichen dort.
Mit einer Hand fühlte ich über die weiße Decke. Kalt.

„Komisch", murmelte ich, während ich meine Hand wieder wegnahm.

Seit ich mich erinnern konnte hatte es bisher keinen einzigen Morgen gegeben, an dem Tae einfach weg war. Keinen einzigen Morgen, an dem er nicht schon vor mir wach war.
Ein ungutes Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, es war so ungewöhnlich.
Er war wohl schon länger weg, wenn der Schlafplatz neben mir kalt war.

Nachdem ich mich gewaschen und etwas zu essen aus dem Essraum geholt hatte, hatte ich gerade so den Aufzug nach unten erwischt.

Wenn Taehyung schon nicht bei mir war, so konnte ich auch genauso gut alleine zum ersten Mal in den Park gehen, oder?
Vielleicht würde ich so auf andere Gedanken kommen und nicht die ganze Zeit darüber rätseln, wo er steckte.

Zielgerichtet ging ich den schnurgeraden Weg vom Turm aus weg. Neidische Blicke von anderen aus niedrigeren Leveln wurden mir zugeworfen, die nicht so weit kamen wie ich.
Ich brauchte circa 2 bis 3 Minuten, dann stand ich schon am Eingang des Parks.

Gerade aus ging es noch weiter für höhere Levels, doch ich konnte nun nur nach links oder nach rechts in jeweils zwei verschiedene Parkeingänge.
Links stand ein Schild mit der eckigen Inschrift Lilienpark, rechts eines mit Rosenpark.
Was wohl Lilien und Rosen waren? Von Parks hatte ich schon im Training gehört und gelesen, doch gab es Unterschiede?

Unschlüssig sah ich mich um, doch es schien gerade keiner in meiner Nähe zu sein.
Und jetzt?
Zögerlich trat ich nach rechts in den Rosenpark ein.

Unter meinen Füßen befand sich nun kein fester Weg mehr sondern einer aus Staub und kleinen Steinchen. Fasziniert ging ich los, einen Fuß vor den anderen setzend, und an einer Hecke nach rechts.

Meine Augen weiteten sich.
Vor mir tat sich ein Gang auf. Die Hecken und Bäume waren so groß, dass sie einen naturellen Flur bildeten. In und an den Hecken waren rote, wunderschöne Blumen, von denen ich noch nie gehört hatte. Alles schien durch die paar Sonnenstrahlen, die hindurch schienen, zu glitzern.

Rasch beschleunigte ich meinen Schritt und durchquerte den Tunnel schnell.
Meine Neugierde auf das, was sich am Ende befand, war einfach zu groß. Mein Herz fing an stark zu klopfen und ein fasziniertes Gefühl durchströmte mich.

„Wow", konnte ich mir nicht verkneifen.

Der Tunnel aus Pflanzen spaltete sich in zwei verschiedene Richtungen und schien einmal eine Runde zu drehen. In der Mitte dieser Runde waren viele Beete angepflanzt mit noch mehr von den wunderschönen, roten Blumen.
Im Zentrum stand ein großes Gebilde, wie eine riesige Schüssel aus Stein mit Verzierungen und Figürchen in der Mitte, aus der Wasser kam, welches sich in der Schale sammelte.

Sowas hatte ich noch nie gesehen, in keinem einzigen Lehrbuch.

Ehe ich mich versah hatten mich meine Füße auch schon zur Steinschale gebracht. Vorsichtig streckte ich eine Hand aus und berührte die Wasseroberfläche.
Kleine Wellen huschten über das kalte Wasser und reflektierten die Sonnenstrahlen.

„Wunderschön, nicht wahr?", ließ mich eine tiefe Stimme hochschrecken.
Eine Männerstimme.

Level 100 «Where stories live. Discover now