» 36. Kapitel

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Tatsächlich konnte man vom Schlafzimmer sämtlicher Schwestern durch eine Tür auf die andere Seite wechseln.
Der Raum war riesig gewesen, doch vollgestopft und abnormal gequetscht mit Hochbetten, auf denen alle Mädchen ausnahmslos tief und fest schliefen.

So tief und fest, dass es für Suga und mich ein leichtes gewesen war, hindurch zu schleichen, ohne bemerkt zu werden oder jemanden zu wecken.
Es hatte nur wenige Minuten gedauert, dann waren wir auch schon wieder draußen.
Die Gänge hier unterschieden sich nicht wirklich von der anderen Seite, der Boden jedoch war weitaus schmutziger als drüben.

„Wer kam auf die Idee, Arbeiter und Schwestern auf getrennte Seiten zu teilen, aber einen Durchgang bei den Schlafzimmern der Weiber zu erlauben?", Suga schnaubte ungläubig und sah sich nach allen Seiten vorsichtig um.

„Kann uns egal sein", ich atmete tief durch, musste durch den Staub, der in der Luft lag, jedoch leicht husten.
„Wohin jetzt?"

„Keine Ahnung...", Suga zuckte mit den Schultern.
„Wir laufen einfach herum, hoffen, dass man uns nicht erwischt?"

„Ich kann ihn ja gedanklich suchen, sollten wir am Raum vorbeilaufen, sollte ich zumindest Lebenszeichen empfangen?"

„Falls er noch lebt", Suga ging los.
„Aber das sollte gehen. Die Mauern hier sind so brüchig und kaputt..."

„Er lebt noch", murmelte ich beschwörend und folgte Suga, um dicht bei ihm durch die Gänge zu laufen.

Immer wieder liefen wir an kleineren Gruppierungen von Arbeitern vorbei, konnten uns jedoch immer rechtzeitig hinter Abzweigungen und Ecken verstecken, sodass wir unentdeckt blieben.
So ging das eine ganze Weile.

Mit jedem Schritt und jedem Mal, dass wir uns verstecken mussten, schwand meine Angst und machte Platz für Hoffnungslosigkeit.
Hatte es überhaupt Sinn, so zu suchen? Würden wir damit überhaupt etwas erreichen?

Was wäre, wenn man uns schnappen würde, bevor wir Taehyung über haupt gefunden hatten?
Was wenn wir ihn gar nicht finden würden? Was wenn er bereits tot war?

Wo war überhaupt der Sinn von Allem?

„Hey, alles in Ordnung?", Suga war stehen geblieben und sah sich zu mir um.
Erst jetzt bemerkte ich, dass ich diejenige war, die zuerst stehen geblieben war.

„Bist du müde? Brauchst du eine Pause?", fürsorglich kam Suga einen Schritt näher und strich mir behutsam über den Kopf.
Seine Augen waren schon ganz gerötet von der schlechten Luft, die hier durchgehend herrschte, die einem in den Augen stach und die Sicht deutlich verschlechterte.

„Wir sind schon seit...", er warf einen flüchtigen Blick auf sein Armband.
„Seit 3 Stunden unterwegs."

„Geht schon...", murmelte ich müde.

Sollte ich ihm einfach sagen, dass ich so langsam die Hoffnung aufgab? Dass ich so langsam anfing, nicht mehr daran zu glauben, dass wir es schaffen können?
J-Hope wartete bestimmt nicht mehr auf uns. Es war alles umsonst. Hoffnungslos.

„Komm her, ich trage dich ein Stück", Suga drehte sich um und ging in die Knie.

„W-was? Nein! Ich bin nicht müde", ich schüttelte energisch meinen Kopf.

„Bestimmt... Wir sind schon so viel abgegangen, weit kann es nicht mehr sein, da kann ich dich auch tragen. Also komm", Suga warf mir lachend einen Blick über seine Schultern zu.

„Ich meine es ernst..."

„Ich auch. Hopp. Bevor die nächste Gruppe an Arbeitern kommt."

Seufzend trat ich einen Schritt vor und beugte mich leicht hinunter.
Tatsächlich merkte ich, wie müde ich eigentlich mittlerweile war. Wenn ich gewusst hätte, was wir heute laufen würden, hätte ich beim Ausdauertraining mehr mitgemacht und hätte die letzte Nacht nicht mit Zuhören verbracht.
Obwohl... Wenn ich es gewusst hätte, würden wir hier nicht laufen.

Gerade als ich meine Arme um Sugas Hals schlingen wollte, zuckte ich zusammen.
Mein Kopf begann zu Knacken.

Level 100 «Where stories live. Discover now