» 5. Kapitel

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Sofort zog ich meine Hand aus dem Wasser und stolperte ein paar Schritte beiseite.

Ich war so im Bann des Parks gewesen, dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass ich nicht alleine war, schon gar nicht alleine mit einem Jungen.
Doch warum sprach er mich an?!
Das war gegen die Regeln, es war nicht erlaubt, dass eine andere männliche Person, außer Taehyung, mit mir sprach! Wir würden Beide bestraft werden!

Hastig sah ich mich nach seiner Partnerin um, zu der ich sprechen könnte, doch so wie ich war er anscheinend alleine gekommen.

„Wenn du nach meiner Partnerin suchst, kannst du lange suchen, wir Beide sind hier alleine."

Da. Er redete schon wieder direkt mit mir.

Mein Blick glitt langsam auf ihn. Er war etwas größer als ich.
Seine Haare waren im Gegensatz zu Taehyungs Haaren hell, fast weiß, nur die grünen Strähnen hatten sie gleich, die bei meinem Gegenüber trotzdem heller waren.
Seine dunklen Augen bildeten einen starken Kontrast zu seiner auch sehr hellen Haut und erwiderten unangenehmerweise meinen Blick direkt.

„Du kannst ruhig mit mir reden, uns hört hier eh keiner", fuhr er fort.

Seine dunkle Stimme ließ mir Gänsehaut aufkommen. Er hatte etwas in seiner Stimme, was mich unheimlich anzog auf irgendeine Art und Weise.
Vielleicht war es auch nur aufregend, das erste Mal direkt von einem anderen Jungen als Taehyung angesprochen zu werden.

„Es ist gegen die Regeln", meine Stimme war schon fast ein Hauchen, da mein Hals wie zugeknotet war.

Ich hatte tatsächlich geantwortet. Zu ihm gesprochen. Wenn das rauskam, würde ich-

„Die Regeln, dass ich nicht lache", kam er meinem Gedankengang kopfschüttelnd dazwischen.
„Das ist doch alles lächerlich."

„D-das geht doch nicht..."

„Wenn du noch einmal daran zweifelst, werde ich-", er kam einen bedrohlichen Schritt auf mich zu, hielt jedoch inne.
„Ach, egal. Wir reden jedenfalls miteinander, alles ist in Ordnung. Entspann dich."

„J-ja", stotternd wandte ich mein Gesicht dem Wasser zu.
Mein Herz schlug mir wie wild gegen die Brust und meine Beine wurden bei seiner dunklen Stimme und jedem Wort, das er sagte, immer schwächer.

„Du bist das erste Mal hier, oder?", fragte er einfach, als wäre es vollkommen normal, dass wir uns unterhielten.
Wer war er bloß?

„J-ja", antwortete ich wieder und sah auf seine Spiegelung im Wasser. Auch er hatte sich dem Wasser zu gedreht und sah auf den Grund der Steinschüssel.

„Weißt du, was das ist?", er beugte sich etwas vor und berührte wie ich zuvor die Wasseroberfläche.

„Wasser?"

„Nein", er lachte kurz auf, was mich leicht zusammenzucken lies, sein tiefes Lachen brachte mich ganz durcheinander.
„Das Ganze hier meine ich."

„Eine Steinschale mit Wasser?"

„Gute Idee, aber nicht direkt", sein kurzes Auflachen ließ mich abermals kurz zusammen zucken und sorgte dafür, dass sich mein Herzschlag nicht beruhigte.
„Das hier ist ein Brunnen."

„Ein Brunnen?", wiederholte ich.

„Ja, ein Brunnen."

„Wirklich? Davon habe ich noch nie gehört oder gelesen", gab ich zu und starrte auf den Brunnen.
Irgendetwas sagte mir, dass dieser Begriff stimmte. Es passte.

„Ja, wirklich", er richtete sich wieder auf. „Du hast davon noch nie gelesen oder gehört weil es bisher nicht notwendig war."

„Was meinst du?"

Bisher noch nicht notwendig? Aber wir sollten doch im 10er Bereich wichtige Grundlagen lernen? Wie konnte es sein, dass ein Brunnen nicht darunter war?
Er enthielt doch Wasser und das war wichtig, oder?

„Ist einfach nicht nötig, einen Brunnen zu kennen, bevor man keinen Park besuchen kann und selbst dann", er zuckte mit den Schultern und ging zu einem der Beete, um eine der roten Blumen herauszureissen und wieder zu mir zurück zu treten.

„Und das hier?", er kam mir ganz nahe und hob die rote Blume auf Brusthöhe.

„Eine rote Blume?", zögerlich griff ich nach ihr, doch ein plötzlicher Schmerz ließ mich zurück zucken.

„Vorsicht", murmelte er und hob die Blume etwas mehr an.
„Das hier ist eine Rose. Und das hier unten dran sind Dornen, die tun ganz schön weh, wenn man sie berührt."

„Rose und Dornen", wiederholte ich, da ging mir ein Licht auf.
„Deswegen heißt der Park Rosenpark!"

„Ganz genau", ein Lächeln umspielte seine Lippen.
„Der Park heißt Rosenpark. Und wie heißt du?"

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