» 10. Kapitel

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Unschlüssig stand ich zwischen dem Eingang zum Lilienpark und dem Rosenpark und starrte auf das Schild herunter.

Taehyung war wieder nicht da gewesen, als ich aufgewacht war, sodass ich spontan mein Frühstück alleine in mich herein gedrückt hatte, zur Aufzugshalle gerannt war und dann sofort hierher gekommen war.
Nicht einmal meine kleine Tabletten für heute hatte ich nehmen können aus Zeitdruck, rechtzeitig zum Aufzug zu kommen.

Jetzt stand ich hier.

Ein Teil von mir wollte den Lilienpark erforschen und sich die Lilien ansehen, der andere Teil von mir wollte unbedingt zurück in den Rosenpark.
Zurück in den Rosenpark und zu Suga.

Suga.
Schon beim Gedanken an seinen Namen lief mir ein zugleich wohliger als auch ängstlicher Schauer über den Rücken.
Ich wollte ihn nur sehen, um zu fragen, ob ich ihn mir gestern eingebildet hatte, mehr nicht. Mehr nicht.

„Suchst du jemand Bestimmten?", ließ mich plötzlich eine tiefe Stimme nah an meinem Ohr zusammenzucken.
Ich spürte, wie mir eine Hand auf den Rücken gelegt wurde und nur Augenblicke danach beugte sich Suga zu mir nach vorne und sah mich aufmerksam an. Sein Gesicht war wieder so unglaublich nah.

„Nein, ich bin nur zufällig hier", entgegnete ich schnell und wich seinem Blick aus, dessen Intensität mich noch mehr verunsicherte als seine bloße Präsenz.

„Ach, ist das so?", sichtlich belustigt lachte er auf.
„Deswegen stehst du schon seit 5 Minuten unschlüssig in der Gegend herum und grübelst."

„G-genau...", ich brauchte einen Moment, um zu kontern.
„Bin schließlich zufällig hier, also weiß ich noch nicht, wo ich hin will."

„Darf ich dir dann eine Führung an einen weiteren, speziellen Geheimort anbieten?"

„Ein Geheimort?"

„Genau. Geheimer geht es kaum. Level 20 steckt wirklich voller schöner Dinge", er grinste mich an.

„Du hattest mich schon bei speziell", gab ich zu und nickte.
Er schaffte es, wie auch immer er das anstellte, mich immer wieder neugierig zu machen.
Von welchem Ort sprach er wohl?
Immerhin gab es hier nicht mehr als die zwei Parks?

Langsam folgte ich ihm zögerlich durch den Tunnel aus Hecken und Rosen, bis wir wieder am Rundgang angelangt waren.
Statt wie letztes Mal in die Mitte zu gehen, bog Suga links ab und folgte dem Tunnel weiter. Diese ganzen Rosen in voller Blüte um uns herum waren einfach herrlich.
An der nächsten Ecke ging es nach rechts.

„Was ist das für ein Ort, dieser Geheimplatz?", fragte ich nach und warf einen Seitenblick zu Suga, dessen Augen mehr auf einen bestimmten Punkt in der Ferne konzentriert waren.

„Wirst du gleich sehen, Geduld", er schmunzelte.
„Du bist wirklich sehr neugierig und zielstrebig, das gefällt mir."

„Zielstrebig?", hakte ich verblüfft nach.

Natürlich, neugierig schien ich auf ihn zu wirken, da ich ihm viele Fragen stellte. Aber zielstrebig?

„Schon nach einer halben Stunde konntest du schon nicht mehr Schlagen, aber trotzdem hast du einfach weiter gemacht."

„Ich wusste es!", murmelte ich leise, eher zu mir selbst als zu ihm. Keine Einbildung, er war dort gewesen!

„Deine Hände und Unterarme müssen voll mit blauen Flecken und Schraffuren sein."

„A-ach, es geht...", winkte ich ab und sah zu meinen Armen.

Einige kleine blauen Stellen zeichneten sich auf meiner Haut ab, sowie kleine Risse, Schraffuren und anderen Hinweise darauf, dass ich gestern die meiste Zeit auf einen Sandsack geschlagen hatte.
Es schmerzte immer noch ein wenig und drückte.

Doch dann fiel mir ein wie Taehyungs Arme ausgesehen haben und mein Schmerz kam mir daraufhin viel geringer vor als zuvor.
Er hatte deutlich mehr Spuren davon getragen, dadurch dass er und Jimin sich so ins Zeug gelegt haben.

Sein Lächeln, als ich ihm abends vor dem Schlafen beim Verarzten einer Wunde am Ellbogen geholfen hatte, da er selbst nicht so gut heran kam, war mir jetzt noch deutlich in Erinnerung.
Es war so warm und glücklich gewesen.

Und jetzt? Ich ging mit Suga, einem im Grunde fremden Typen, durch den Park. Ganz toll von mir.

„So, da sind wir", Suga stoppte vor einem Stück Hecke, welches nicht ungewöhnlicher als alle anderen Stellen schien.

Ehe ich nachfragen konnte, was so geheimnisvolles und besonderes an diesem Stück Hecke war, war er auch schon einfach gerade aus gegangen.
Doch statt dass er in der Hecke hängen blieb, schien es, als würde er einfach hindurch gleiten, als sog die Hecke ihn ein.

Zögerlich wartete ich, bis sein kompletter Körper in der Hecke verschwunden war, dann trat ich unschlüssig einen Schritt vor, bereit, ihm einfach zu folgen.
Wie schwer konnte das schon sein?

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