Kapitel 54

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Einen Wecker brauchte ich mir in Irland nicht zu stellen. Ich habe so etwas wie eine innere Uhr entwickelt. Ich war früh genug wach, um den Tag noch aktiv zu nutzen. Ich ging an's Fenster. Es war ein regnerischer Tag, doch selbst diese Tage waren hier wunderschön. Ich öffnete es, um die frische Luft einatmen zu können. Ich liebe den Duft von Regen.

Danach stellte ich mich unter die Dusche, zog mich an, föhnte meine Haare und schminkte mich leicht. Ich fühlte mich so frisch, seit dem ich hier war. Jeden Tag, das war so ungewöhnlich. Auch die Menschen mochte ich sehr. Mittlerweile habe ich viele Bekanntschaften gemacht, die wirklich nett sind. Ich hätte kein Problem für immer hier zu bleiben. Mich würden nur viele in Deutschland vermissen. Und Alma hatte Recht, ich kann sie doch nicht einfach mit dem Kind alleine lassen, ich wollte doch die Entwicklung ihres Kindes sehen. Es war alles so verkorkst. Wahrscheinlich wäre ich in Essen schon durchgedreht, doch hier hatte ich genug Zeit über alles in Ruhe nachzudenken.

Den ganzen Vormittag verbrachte ich hauptsächlich mit Lesen und Wäsche waschen. So ein freier Tag tat zwar gut, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich hier mehr Leistung bringen konnte. Ich wäre eigentlich schon wieder längst arbeitsfähig, doch Hedda bestand darauf mir mal eine Pause zu gönnen. Sie hätte es ja sonst auch alleine mit den restlichen kleinen Team geschafft. Ich horchte auf sie, natürlich. Irgendwie konnte ich ihr einfach nicht widersprechen. Es ging einfach nicht, es war schon wie ein Fluch.

Nachdem ich mich wirklich zu langweilen anfing, beschloss ich ein bisschen Irland zu erkunden. Es regnete zwar, doch wozu hatte ich denn einen Regenschirm mitgenommen. Ich zog mir meine gelben Gummistiefel an, die perfekt zu meiner hellblauen Jeans und meinem Streifenpullover passten. Unten in der Kneipe war nicht viel los, außer ein paar Stammkunden, die auch einfach mal gerne auf ein nettes Gespräch mit Hedda hier her kamen. Sie gab nunmal die besten Ratschläge. Das konnte keiner verneinen.

„Hey Hedda!" begrüßte ich sie.

„Hallo Amelie. Wo willst du denn hin? Etwa Raus?"

„Bei dem Wetter?" fragte sie mich entsetzt. Ich fing an zu lachen.

„Ich habe ja einen Regenschirm."

„Na gut, aber erkälte dich bloß nicht." 
„Nein nein."

Die Eingangstür kam mir entgegen, weil jemand reinkam. Er entschuldigte sich sofort. Es ließ mich nur lachen.

„Ist schon gut." Ich blickte um die Ecke und konnte meinen Augen kaum trauen. Mein Mund stand weit offen. Mein Blick musste wahrhaftig schön ausgesehen haben. Ich wich ein paar Schritte zurück. Was zur Hölle hatte Marco denn hier zu suchen?

Er lächelte, doch ich konnte es irgendwie nicht erwidern. In meinem Kopf häuften sich nur noch die Fragen.

„Tut mir echt leid, dass ich hier so reinplatze..."

„Oh Nein...Ich... Ich werde jetzt nicht mit dir reden. Ich muss... Ich muss gehen..." Ich wollte gerade die Treppen wieder hochgehen, als Hedda mir den Weg versperrte.

„Amelie..." sprach sie mit einem sanften Ton.

„Hedda... lass mich durch. Bitte..." 
„Willst du dir nicht erstmal anhören, was er zu sagen hat." lächelte sie mich ruhig an.

„Aber..." Sie sah mich mahnend an, was mich sofort umkehren ließ. Ich stand Marco wieder gegenüber, jedoch achtete ich darauf, dass wir uns nicht zu nahe standen.

„Amelie...Ich bin extra für dich hergeflogen, weil ich dir was sagen muss und bitte, du musst mich ausreden lassen. Entweder du willst dann immer noch nichts mehr von mir wissen oder du änderst vielleicht deine Meinung, was ich sehr hoffe." Er machte eine Pause. Ich konnte nur die Stirn runzeln.

Pure chance (Marco Reus FF)Where stories live. Discover now