Kapitel 1

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Das klingeln meines Weckers vernichtete meinen ohnehin schon schlechten Schlaf. Ich war gestern eindeutig zu lange Wach, dachte ich. Dafür hatte ich Cinderella jetzt durch. Ich meine, ich hatte das Buch ja nicht vorher schon mindestens 10 mal gelesen oder so. Cinderella war nun einmal eines meiner Lieblingsbücher. Ein armes Mädchen mit einem schlechten Leben findet ihre wahre Liebe und bekommt ein super tolles Leben, voller Spaß und Freude! Wer würde das nicht wollen? Ich stand ohne Motivation auf. Ein ganz normaler Tag. Genau so öde und langweilig wie jeder andere auch. Ich ging wie jeden Tag zuerst ins Bad, putzte mir die Zähne, wusch mir das Gesicht, ging zurück in mein Zimmer, zog mich an, ging zurück ins Bad und machte mir die Haare. Danach nahm ich meine Haarbürste und sang, als wäre sie mein Mikro. Die ganze Zeit über wie ich mich fertig machte, sang ich. Ich sang oft, wenn mir langweilig war, denn Lieder drückten für mich so viel mehr aus, als einfache Worte. Ohne Musik würde ich wahrscheinlich nicht überleben. Jedoch störte mein Gesang meinen kleinen Bruder sehr, da ich ihn jeden morgen damit aufweckte. Ich sang zwar schon die ganze Zeit, aber mit der Bürste in der Hand wurde ich viel lauter als zuvor. Das Badezimmer lag übrigens direkt neben dem Zimmer meines Bruders. Punkt 07:00 Uhr klopfte es, wie jeden Morgen, dann an der Badezimmertür. "Sei mal leiser! Ich will noch schlafen!" Ich unterbrach den Gesang, ging zur Tür. Ein verschlafener Kyle stand davor. "Morgen Kyle! Gut geschlafen?" Ich setzte mein fröhlichstes Lachen auf. "Sei einfach leiser!" "Klar, kein Problem." Er schlurfte langsam zurück ins Zimmer. Ich machte die Tür wieder zu, nahm meine Bürste und fing noch lauter an zu singen. Ich schrie schon fast. Dabei tanzte ich beziehungsweise es war mehr ein Hüpfen als ein Tanzen. Jetzt hämmerte Kyle gegen die Tür. "Man Emma!!!!!" Ich musste auflachen. Das ganze zog ich bis halb acht durch. Das war nämlich der Zeitpunkt wo auch Kyles Wecker klingelte. Ich legte die Bürste weg und betrachtete mich noch einmal im Spiegel. Heute trug ich ein weißes Top, eine schwarze Sweatshirtjacke darüber und eine hellblaue Jeans. Meine Haare trug ich meistens offen, da diese so mein Gesicht wenigstens etwas bedeckten. Ich sah nun einmal nicht aus wie ein Model oder eher gesagt wie andere Mädchen. Ich hatte schon immer meinen eigenen Stil was Kleidung anging. Wenn ich auch nicht immer ganz zufrieden mit mir war, ich konnte damit umgehen. Ich verließ das Bad und ging runter zur Kommode. Meine Mutter hatte bereits mein Frühstück in meinen Rucksack gepackt und ihn fertig an die Garderobe gelehnt. Ich nahm ihn, setzte meine schwarze Mütze auf. "Ich bin dann in der Schule!", rief ich zu meinen Eltern. Bekam aber keine Antwort. Sie waren meistens zu beschäftigt mit Dingen , die die Ranch angingen, weswegen sie nur sehr wenig Zeit für uns hatten. Ich ging also los.

Die High-School war zu weit weg um hinzulaufen, also nahm ich jeden morgen das Fahrrad, auch wenn ein Bus direkt vor unserer Haustür herfuhr. Ich fühlte mich wohler, mit dem Fahrrad durch das Dorf zu Fahren, anstatt mit dem viel zu überfüllten Bus. Zwar musste ich deshalb jeden Morgen eine gute Stunde früher aufstehen, aber das war es mir Wert. Ich fuhr zuerst durch das halbe Dorf, dann über einen Fahrradweg zur West Eachwood High. Der Weg war bis auf einen kleinen Berg durchgehend gerade, was die Fahrt etwas einfacher machte.

An der Schule angekommen, fuhr ich, wie immer, bis neben den Haupteingang. Da stand ein Fahrradständer. Ich stellte mein Fahrrad hinein und machte es mit einem Schloss fest. Als ich mich wieder erhob stand auch schon meine einzige und beste Freundin Jessica neben mir. Sie trug ihr blondes, kurzes Haar stets offen und lockig, außerdem hatte sie jeden Tag mindestens eine pinke Sache an. Ihr Rucksack könnte den Rekord für die meisten Schlüsselanhänger knacken. Wir waren also das genaue Gegenteil voneinander. Sie war die auffällige und ich eher die schlichte. Aber das war okay. Gegensätze ziehen sich doch für gewöhnlich an, oder nicht? "Da bist du ja endlich! Ich dachte schon du verpasst ihn noch!" Wir umarmten uns. "Ich verpasse ihn nie, außerdem sind es noch fünf Minuten bis er kommt." Ich sah sie mit einem verspielten Blick an. "Ich meine ja nur! Lass mich das nächste mal nicht wieder allein hier stehen! Hinterher denkt er noch ich sei ein Freak mit dem niemand was zu tun haben will!" Jessica setzte einen ernsten Blick auf. "Ist ja gut, ich bin ja jetzt da." Kurz nachdem ich das gesagt hatte, hörten wir auch schon den Motor seines Autos. Jessica wurde nervös. "Er kommt! OMG ER KOMMT!" "Shhht! Jessica, nicht so laut!", flüsterte ich zurück. "Er könnte uns hören." Sein silberner Porsche Cabriolet fuhr auf einen der Parkplätze vor der Schule. Joshua Montgomery und drei weitere Mädchen stiegen aus. Melissa Zedd, Melina Mcgregor und niemand anderes als Melanie Stein. Die "hübschesten" Mädels der ganzen Schule. Jessica und ich sahen uns an, wir verdrehten die Augen. Josh traf sich jeden morgen mit seinem besten Freund Matt vor der Schule. Woher wir das wussten? Wir gafften ihm schon sein ganzes Leben hinterher. Aber welches Mädchen dieser Schule tat das nicht. Er war hübsch, reich, 18, hatte bereits seine eigene Penthousewohnung, welche zwar von seinen Eltern finanziert wurde, dennoch total cool war. Außerdem gab er die besten Partys der ganzen Stadt. Traurig war nur, dass Jessica und ich noch zu keiner einzigen eingeladen wurden. Wir bekamen nur mit, was andere darüber berichteten.

Er ging mit Matt und den drei Mädels in Richtung Eingang. Wir standen natürlich immer noch daneben am Fahrradständer. Josh blieb stehen, fing an mit Matt zu reden. Dann drehte er sich um und sah uns direkt an. Zuerst bemerkten wir dies nicht und gafften weiter. Nach einer gefühlten Ewigkeit machte es dann klick. Jessica hampelte merkwürdig herum. "Omg er sieht uns an! Was tun wir jetzt?!" Fragte sie in einem aufgeregten Flüsterton. "Okay, tu so, als würdest du mit mir reden," sagte ich. Jessica stand jetzt mit dem Rücken zu ihm gedreht. Ich konnte ihn dadurch unauffälliger beobachten. "Emma, was tut er?! Was tut er?!" Jessica bewegte sich kein Stück mehr. Sie war zu aufgeregt. "Nichts er..." Josh hatte sich wieder zu Matt gedreht. Plötzlich ging er ein paar Schritte rückwärts, drehte sich um und kam genau auf uns zu. "Okay, fall jetzt nicht in Ohnmacht, Jessica." Ich sah sie besorgt an. Sie blickte eher verwirrt zurück. "Was tut er?", flüsterte sie. "Er... kommt auf uns zu?" Verwirrt sah ich an Jessica vorbei zu Josh. "ER TUT WAS?!", schrie sie, etwas zu laut.

"Hey." Jessica drehte sich hastig um, ging ein paar Schritte zurück, stellte sich neben mich. "Hey Josh! Ähm ich meine, oh hey Josh. Was gibt's so cooles?" Sie versuchte ihren Arm auf meiner Schulter abzustützen um "cool" zu wirken. Nur leider verfehlte sie meine Schulter und fiel auf den warmen, steinigen Boden. Oh nein, Jessica, bitte nicht, dachte ich. Sie sprang schnell wieder auf die Beine. "Hehe nichts passiert... das war... geplant?" Ein nervöses grinsen umzog ihren Mund. Okay Jessica, jetzt hast du es komplett verkackt. Bei diesem Gedanken schüttelte ich den Kopf. "Okay? Ich geb heute ne Party für die ganze Stufe." Er sah uns mit einem neutralen Blick an. Schweigen brach aus. Wir beide lächelten ihm nett zu. Als er dann merkte, dass wir nicht wussten, was er von uns wollte, harkte er nach. "Ihr seid auch eingeladen?" Mein Herz pochte wild vor Glück. Hatte er uns gerade echt zu SEINER Party eingeladen? Jessica konnte es sich mal wieder nicht verkneifen, zu antworten. "Cool Mann! Wir werden da sein! Mach dich auf eine totale Hipster Party gefasst." Dabei fuchtelte sie merkwürdig mit den Armen rum. Sollte wohl cool aussehen? "Alles klar." Mit einem verstörten Blick ging Josh zurück zu seinen Freunden.

"Und? Wie war ich?", fragte Jessica erwartungsvoll. "Ähm du warst....," ich wollte sie nicht verletzen. "Toll. Hast einen guten Eindruck gemacht... also glaube ich..", antwortete ich mit einem unechten lachen. "Es war furchtbar, richtig?" Sie fing an zu lachen, ich tat es ihr gleich. "Ja, tut mir echt leid." Wir brachen in Gelächter aus. "Naja, lass uns reingehen." Sie hob ihren Rucksack auf, den sie seit dem hinfallen eben nicht mehr auf dem Rücken hatte. Wir gingen los. "Eine Hipster Party? Ernsthaft?" Ich musste noch mehr lachen. "Oh! Entschuldigung! Ich war nervös!" "Tut mir leid." Ich konnte mir mein Lachen einfach nicht verkneifen. Auch sie, trug ein Lächeln im Gesicht.

Wir bekamen also unsere erste Einladung auf eine Party von Josh. Ich konnte es noch gar nicht fassen...

Her own happy endingWhere stories live. Discover now