Kapitel 20

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"Aufwachen Schlafmütze!" Meine Augen klappten langsam auf. Hannah zog den großen Vorhang vor dem Fenster weg, ließ etwas Sonne hereinkommen. Danach kam sie zum Bett, setzte sich. "Wie geht es dir heute Morgen?" Wie immer, lächelte sie mich an. "Besser, denke ich." Hannah sah zu der, immer noch gepackten Tasche neben dem Tisch. "Ich packe dir deine Klamotten mal in den Schrank." Gesagt, getan. "Wie lange habe ich geschlafen?" Während Hannah den Schrank einräumte, antwortete sie mir: "Naja, wir haben 13:00 Uhr. Ich weiß nicht, wann du gestern schlafen gegangen bist." Ich dachte scharf nach, bis mir auffiel, dass ich es auch nicht mehr wusste. "Ähm... Ich weiß es auch nicht mehr." Diese Gedächtnislücke machte mir Sorgen und das bemerkte Hannah auch. "Ach das ist nicht schlimm. Es kann vorkommen, dass du in den nächsten Tagen ein paar Sachen vergisst, aber das kommt wieder." Gelassen sortierte sie weiter meine Kleidung ein.

Plötzlich klopfte es an der Tür. "Erwartest du Besuch?" Hannah sah mich mit einem misstrauischen Blick an. Ich schüttelte den Kopf. Ohne auf ein "herein" zu warten, öffnete sich die Tür. Als ich das Gesicht von Josh sah, blieb mir die Spucke im Hals stecken, ich musste husten. Peinlich. Er blieb in der Tür stehen und sah mich mit einem unschuldigen, leicht nervösen Blick an. "Komm rein," forderte ich mit einem netten Lächeln. Er kam herein. Hannah ging sofort vom Schrank, welcher hinter der offenen Tür stand weg und verschwand aus dem Zimmer. "Ich lasse euch dann mal allein." Sie ging hinaus, ließ die Tür einen Spalt breit offen. Ich hatte keine Ahnung ob das jetzt absichtlich gewesen war, oder Zufall.

Josh hatte schon die ganze Zeit eine Hand hinter seinem Rücken versteckt. Etwa noch mehr Blumen und Pralinen, fragte ich mich in Gedanken. Er kam auf das Bett zu, setzte sich auf die Bettkante, jedoch so, dass ich immer noch nicht sehen konnte, was er in seiner Hand hinterm Rücken hielt. Das einzige was er sagte, war ein abgewürgtes "Hey". Seine nervosität war irgendwie schon süß. Sie brachte mich zum lachen. "Hey," antwortete ich. "Du erwartest wahrscheinlich mal wieder Blumen, was?" Ich nickte ironisch. "Ich glaube, oder eher gesagt, ich hoffe, dass das hier besser ist." Mit diesem Satz nahm er seine Hand hinter seinem Rücken weg, hielt mir etwas entgegen. Das vom Wasser beschädigte Cover und die nicht mehr lesbare Schrift verriet mir, dass es tatsächlich mein Cinderella Buch war. Schnell setzte ich mich auf, schnappte danach. Ich hielt es tatsächlich wieder in meinen Händen. Freude kam in mir hoch. "Wie hast du...?" Ich sah zu Josh, er lächelte. "Es war schwer, aber nicht unmöglich." Dankbar und voller Freude warf ich mich um seinen Hals. Meine Augen wurden glasig. "Danke," sagte ich leise, mit zittriger Stimme. Er legte seine Hand auf meinen Rücken, erwiderte die Umarmung. Ich hörte ein mitfühlendes "oh, wie süß" von der Tür kommen. Jetzt war klar, warum Hannah die Tür ein Stück aufgelassen hatte. Wir lösten uns aus der Umarmung, ich sah zur Tür in das Gesicht von Hannah, schüttelte vergnügt den Kopf. Sie kam wieder ins Zimmer, schloss die Tür, stellte sich neben Josh und stützte einen Arm auf seiner Schulter ab. "Na? Hat das Arschloch doch noch gelernt nett zu sein?" Sie sah ihn fordernd an. Ich wurde knallrot. Hatte sie das gerade echt gesagt? Ich meine, klar, sie wollte mich nur beschützen aber... Hannah? Ernsthaft?! Meine weit geöffneten Augen starrten sie an, woraufhin sie anfing zu lachen. "Ich gehe mal wieder den Schrank einräumen." Sofort machte sie sich auf den Weg zum Schrank. Auch Josh und ich sahen uns nun lachend an.

Die Tür schwang erneut auf, traf Hannah direkt im Gesicht. Sie fiel hin. "Au! Also den Schrank sollten sie echt woanders hinstellen!", sagte sie. Und wer war mal wieder so voreilig und schusselig, die Tür so aufzumachen? Natürlich meine Großeltern. Alle vier auf einen Schlag. Das sollte lustig werden. Oma Verona kam zuerst hereingestürmt, direkt zum Bett. Sie schubste Josh weg. "Geh mal weg da." Danach setzte sie sich selbst auf die Bettkante. Josh stellte sich am Bettende neben den weißen Tisch, sah mich misstrauisch an. "Meine süße kleine Emma. Ist alles in Ordnung?" Dabei strich sie mir mehrmals über meine Wange. Ich nickte. Dann hörte ich Oma Maggie und Opa Harold im Flur diskutieren. "Muss das echt alles sein Maggie?", fragte Opa Harold. "Ja natürlich! Nur das beste für unsere kleine Enkelin!" Mit Oma Maggie brauchte man wirklich nicht zu diskutieren. Was sie sagte war Gesetz. Da gab es nichts zu ändern. Maggie kam zuerst rein. Hinter ihr meine beiden Opas, vollgeladen mit Geschenken, Luftballons, Stofftieren und Blumen. Zuerst rannte Maggie an Josh vorbei, blieb jedoch kurze Zeit später stehen, ging ein paar Schritte zurück und stellte sich neben ihn. Es sah etwas süß aus, weil sie gute zwei Köpfe kleiner als Josh war. "Wer bist du denn?" Sie stützte ihre Hände auf ihre Hüfte. Joshs Gesichtsausdruck verriet, dass er keine Ahnung hatte, was er tun sollte. Hilfesuchend wendete er seinen Blick an mich, doch ich lachte ihn nur aus. "Redest wohl nicht viel, was? Lass doch mal sehen." Oma Maggie ging einen Schritt zurück, betrachtete Josh. "Hm, groß, Muskulös, nicht gerade hässlich." Sie stoppte kurz. "Familienzugehörigkeit?" Josh sah sie fragend an. "Montgomery?" Maggie sprang leicht auf. "Uh, ein Montgomery, wen hast du dir denn da angelächelt Emma?" Ich schlug mir meine Hand gegen die Stirn. "Oma!", sagte ich kopfschüttelnd. "Maggie, hör doch mal auf damit. Siehst du denn nicht? Du bist peinlich." Oma Verona traf es wohl genau auf den Punkt, doch Maggie ließ sich nicht abbringen. "Also früher war ich froh, wenn meine Großeltern meinen Freund erstmal unter die Lupe genommen haben. Jetzt stell dir doch mal vor ich hätte ein Arschloch geheiratet." Sie stoppte, wendete sich wieder zu Josh. "Du bist doch kein Arschloch oder?" Josh wurde wieder nervös. "Pfff nein, natürlich nicht." Er versuchte sicher zu klingen, was allerdings schief ging. Maggie meldete sich wieder zu Wort, sah zu mir. "Na der klingt ja schon wie ein Arschloch." Ich musste noch mehr lachen, als ich den verlorenen Blick Joshs sah. Oma Verona schüttelte nur den Kopf. Maggie wendete sich wieder an Josh. "Wie heißt du denn überhaupt?" "Joshua." Sie verschrenkte die Arme vor der Brust, blickte ihn ernst an. "Jap, eindeutig Arschloch." Nun wurde Josh auch ernst. "Entschuldigung?" Er versuchte unfreiwillig höflich zu bleiben. Maggie ging auf ihn zu, tippte mit ihrem Finger auf seine Brust. "So jetzt pass mal auf! Wenn ich dich dabei erwische, wie du meiner Enkelin wehtust, dann breche ich dir dein bestes Stück sodass du nie wieder-" Opa Harold unterbrach sie. "Na jetzt ist aber mal gut Maggie! Der arme Junge." Joshs Augen waren weit aufgerissen. Ich hielt mir, so fassungslos ich war, meine Hände vor den Mund. Maggie drehte sich in meine Richtung, flüsterte Josh jedoch noch etwas zu. "Nie wieder." Daraufhin entfernte sich Josh einen Schritt von ihr.

Ich war so froh, als Hannah sich zu Wort meldete. "Hey ihr könnt mir bestimmt bei einer Sache helfen! Ähm, die ist... draußen. Auf jeden Fall nicht in diesem Zimmer. Stellt die Geschenke doch einfach ab und kommt mit!" Maggie schüttelte den Kopf. "Na du brauchst uns doch bestimmt nicht alle." "Doch. Und gerade dich Oma Maggie." Hannah nahm sie an die Hand. Die restlichen folgten von allein. Josh sah ihnen so lange hinterher, bis die Tür endlich geschlossen war und wartete danach noch eine Minute, bevor er sprach. "Käme es komisch, wenn ich Angst vor deiner Oma hätte?" Ich musste laut auflachen. "Nein." So peinlich die Situation eben auch war, wir lachten beide noch den ganzen Tag darüber und ich genoss es, bei Josh zu sein, freute mich, wenn ich schon bald wieder aus dem Krankenhaus entlassen würde. Zwar hatte ich keine Ahnung, warum er jetzt so nett war und sich das alles gefallen ließ, doch hoffte ich, dass die Ansprache von Alicia endlich mal was bewirkt hatte und hatte neue Hoffnung, endlich meinen Traumprinzen gefunden zu haben. Ich gebe zu, das war womöglich etwas voreilig gedacht...

Her own happy endingWhere stories live. Discover now