Kapitel 24

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"Was machst du da? Bleib stehen!" Ich bekam Panik. "Keine Sorge Kätzchen." Er ging an der Badewanne vorbei, in Richtung Dusche. Erleichtert atmete ich auf. "Ich wollte lediglich meinen Koffer holen." Er deutete auf die Ecke neben der Dusche. Sein dunkelblauer, mit goldenen Reißverschlüssen offener Koffer stand dort und alles bis auf ein Handtuch lag mit großer Sorgfalt zusammengefaltet darin. Die nasse Wand der Dusche verriet mir, dass er eben selbst Duschen war. Darnell machte seinen Koffer zu, zog ihn hinter sich her. Schnellen Schrittes verschwand er aus der Tür, doch noch bevor er sie hinter sich schloss, wendete er sein Wort erneut an mich. "Der Schaum lässt übrigens langsam nach," sagte er, schloss die Tür. Ich sah an mir runter und realisierte, dass meine Brüste allmählich nicht mehr bedeckt waren. Wieder wurde ich rot, vergrub meinen Kopf in den Händen. Peinlich, dachte ich, aber mit der Erkenntnis, dass ich jetzt sowieso nichts mehr daran ändern konnte, stieg ich aus der Wanne, machte mich fertig. 

Zurück in meinem Zimmer, machte ich den Vorhang an meinem Fenster zu, legte mich ins Bett und wollte schlafen, doch es war schwer mit den vielen Gedanken, die durch meinen Kopf spukten. Der Moment im Bad, meine Eltern, Josh. Kurz gesagt, das Übliche. Irgendwann wurden meine Augenlider durch die Wärme und die Geborgenheit, die mein Bett ausstrahlte, jedoch schwer und fielen langsam zu.

"Mommy das ist gemein! Du bist viel schneller als ich!" Verspielt verschränkte mein kleines Ich die Arme vor der Brust. Ich musste circa fünf Jahre alt gewesen sein. Mom musste auflachen. "Okay, was möchtest du dann spielen?" Klein Ich hüpfte auf und ab. "Verstecken! Verstecken!", rief es. Meine Mutter lächelte, hielt sich die Hände vor ihr Gesicht. "Eins... Zwei.... Drei..." Aufgeregt rannte ich los. Ich muss unbedingt ein versteck finden, bevor Mommy fertig mit Zählen ist, dachte ich. Ich lief an den Weiden vorbei, den großen Hügel dahinter hinauf. Mein weißes, langes Kleid wehte dabei im Wind. Tante Pansy hatte es mir gemacht. Zwar war es mir etwas zu groß und meine Mami musste mir immer die Ärmel hochkrempeln, jedoch war es mein Lieblingskleid, weil es bis zum Boden ging. Unten am Ende hatte es ein paar rote und rosane Verzierungen, womit ich aussah wie eine Prinzessin! Tante Pansy war die beste! Ich war zwar bis jetzt erst einmal bei ihr, aber sie hatte Kekse und das machte sie nett. Natürlich hatte ich vorher überprüft, ob sie die böse Königin war und dass die Kekse auch ja nicht vergiftet waren. Die Zwerge hatten mich vor alten Leuten mit Süßkram gewarnt. 

Der Hügel führte direkt vor einen Wald, wovor eine riesige Holzbank stand. Sie war an einen Himbeerstrauch gelehnt. Man konnte also ohne Probleme hinter sich packen und sich eine der pinken, süßen Früchte schnappen. Meine Finger sahen danach immer aus, als hätte ein Einhorn draufgepupst. Mommy meinte immer, dass es keine Einhörner gibt, aber ich habe schonmal eins im Wald gesehen. Es war weiß, hatte eine wunderschöne, auch weiße Mähne und ein weißes Horn. Ein blondes Mädchen, welches ich oft dort auf der Waldlichtung traf, meinte es sei das letzte Einhorn. Zusammen kümmerten wir uns um es, pflegten es. Das Mädchen hieß Maja, doch immer als Mommy oder Hannah kamen, verschwand sie mit dem Einhorn, aber das war mir egal. Sie war eine tolle Freundin. Irgendwann jedoch, kamen sie und das Einhorn nicht mehr. Ich verstand das nicht, weil ich dachte wir seien gute Freundinnen. Oft weinte ich deswegen Nachts und Mommy tat alles um mich zu trösten, wollte mir sagen, dass ich mir das Mädchen nur vorgestellt hatte, aber das stimmte nicht! Sie war wirklich da!

Mein versteck war also hinter der Bank. Ich quetschte mich zwischen die Bank und dem Himbeerstrauch, kniete mich auf den Boden. Auf dem Hügel hier oben konnte man die ganze Ranch sehen und so auch Mommy, die mich suchte. Ich musste lachen. Sie würde mich niemals finden. Ich war nämlich Meisterin im Verstecken. Doch als ich eine Stimme hinter mir aus dem Wald kommen hörte, wurde ich unruhig. Es war die Stimme einer Frau und sie sang ein Lied. Es hörte sich soooo toll an, dass ich am liebsten gleich in den Wald gestürmt wäre. Warum eigentlich nicht, dachte ich fröhlich und kroch hinter der Bank hervor, mit einem prüfenden Blick, dass Mommy mich auch ja nicht hörte oder sah. Schnell rannte ich über den dünnen Pfad in den Wald. Ich war ganz vorsichtig, damit ich nicht mit meinen nackten Füßen auf einen spitzen Stein oder einen Stock trat. Ich folgte der tollen Stimmen, bis ich vom Weg abkam, direkt zu einem großen alten Baum. Ich konnte den schmalen Pfad schon nicht mehr erkennen, die Stimme hatte aufgehört zu singen. Ich sah mich um. Ein helles Leuchten kam auf mich zu. War das etwa? Ja! Sie war es! Die gute Zauberfee, die nur kam, wenn jemand in Schwierigkeiten war. Mami hatte mir ein Buch über sie vorgelesen. Sie kam zu mir, das helle Leuchten nahm langsam Gestalt an. "Bist du Emma?", fragte sie ganz lieb. Ich nickte begeistert. "Deine Freundin Maja steckt in Schwierigkeiten. Die böse Riesenkröte hält sie gefangen." Oh nein, dachte ich. Nicht Maja! Ich blickte zu der Zauberin auf. "Ich werde sie retten!", sagte ich entschlossen. Wieder sah ich zum Baum. Eine kleine Kuhle, die in eine Höhle führte war zwischen den Wurzeln des Baumes aufgetaucht. "Aber du musst vorsichtig sein!", sagte die Zauberfee.

Ich stieg hinunter. Die Höhle war riesig, aber das musste so sein. Die Kröte war schließlich eine Riesenkröte und war bestimmt zwei Meter hoch. Schnell lief ich los, suchte Maja. Meine verwüsteten Haare blieben an einem Ast von der Decke hängen. Die Kröte hatte mir eine Falle gestellt. Ich schrie: "Hilfe! Ich brauche Hilfe!!" Ich zog an meinen Haaren, bis sie sich mit einem Schlag vom Ast lösten und ich hinfiel. Mein weißes Kleid war versaut, es hatte ein Loch unten bei den Verzierungen. Ich hörte eine Stimme von in der Höhle. "Emma?" Es war Maja! Glücklich stand ich auf, rannte los. Ich hatte sie so lange nicht mehr gesehen. Ich rannte und rannte, bis wir zusammenstießen und wieder auf der feuchten Erde lagen, sodass mein Kleid noch dreckiger wurde. Wir standen schleunigst wieder auf, umarmten uns. "Wir müssen hier raus! Sonst kommt die böse Riesenkröte!" Maja nickte. "Dann los!" Sie lief voran. Leider war sie viel zu schnell für mich, dabei mussten wir beide ungefähr gleich groß und gleich alt gewesen sein. Ich lief in Richtung Eingang der unterirdischen Höhle. 

Als ich draußen angekommen war, war dort keine Spur von Maja, stattdessen kam meine Mommy angerannt. Sie sah wütend aus. "Emma!" Sie nahm mich auf ihren Arm, drückte mich an sich. "Was machst du denn für Sachen." Ich dachte, sie sei böse? "Bist du nicht böse?" Sie sah mir direkt in meine Augen, aus ihren kullerten Tränen. "Nein, ich habe mir Sorgen gemacht. Aber du hast nichts falsch gemacht, ich hätte besser aufpassen sollen." Jetzt drückte sie mich wieder fest. Kurze Zeit später setzte sie mich ab, hockte sich hin, damit sie auf meiner Höhe war. "Wie sieht dein Kleid denn aus? Was hast du nur gemacht?" Ich deutete auf die Kuhle in den aus der Erde stehenden Wurzeln. "Maja wurde von der bösen Riesenkröte gefangen. Ich habe ihr geholfen." Mommy schüttelte lächelnd den Kopf. "Okay, wenn das so ist. Dann hat Maja ja Glück, dass sie dich hat. Ist sie gerade hier?" Ich schüttelte vergnügt den Kopf. "Nein, dann würdest du sie doch sehen!" "Ach ja? Lass uns zurückgehen. Wir machen doch gleich eine Grillparty und die DaSilvas kommen auch." Mami lächelte mich an. Jaaa! Jessica würde gleich kommen! Wieder hüpfte ich vor Freude auf und ab. Sie richtete sich auf, nahm mich an die Hand und wir gingen zusammen zurück zum Waldweg, um dann nachhause zu laufen. 

Als wir abends alle zusammen am Lagerfeuer saßen, Würstchen grillten, berichtete ich von meinem Abenteuer heute und ich fühlte mich wie eine Heldin.




Her own happy endingWhere stories live. Discover now