Kapitel 6

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In der Pause, saß ich allein, bei sonnigem Wetter auf einer Parkbank in der Nähe des Fahrradständers der Schule. Normalerweise, saß ich immer zusammen mit Jessica hier und wir aßen genüsslich unsere Pausenbrote. Ich wusste, dass sich von jetzt an einiges verändern würde, denn sogar wenn sie jetzt wieder ankommen würde und mir sagen würde, dass sie ein schlechtes Gewissen hätte, ich würde mir dreimal überlegen ob ich ihr wieder vertrauen könnte. Wenn ich mir auch nicht in vielen Dingen sicher war, in dieser Sache war ich es. Ich schaute über das Gelände.

Ein Weg führte durch die riesige Wiese direkt zum Eingang und machte aus einer Wiese zwei. Auf der rechten Hälfte, welche ich von hier schlecht beobachten konnte, da die Bank am Fahrradständer eher links gelegen war, standen meist die normalen Schüler, welche einfach nur ihre Pause genießen wollten. Auf der linken Hälfte jedoch, die direkt vor mir war, saßen die ganzen Mitglieder der verschiedensten AG's dieser Schule.

In einem Kreis weiter links, saß der Öko-Club. Sie kümmerten sich sogar in ihrer Freizeit gerne um die Umwelt. Etwas weiter mittig saßen die Schulband und die Acapella- Mädels. Beide Gruppen machten auch oft Projekte zusammen, einfach so aus Spaß, aber bei Auftritten performen sie immer einzeln. Rechts saßen dann noch die Cheerleader. Bei ihnen durften Melissa, Melina und Melanie natürlich nicht fehlen. Ach ja und, wer hätte es gedacht, Jessica stand auch dabei. Früher hatte sie immer darüber gelästert wie "affig" die doch alle aussahen mit ihren Pom-Poms und ihren dämlichen Tänzen. Ich rollte meine Augen und sah zurück zur Schulband.

Sie hatte sich mittlerweile von den Acapella-Mädels getrennt, welche jetzt einzeln über den Schulhof liefen und Zettel an verschiedene Pinnwände außerhalb und innerhalb der Schule hängten. Die Schulband bestand hauptsächlich aus Jungen und dann war da noch dieses eine Mädchen. Ich realisierte, dass ich sie kannte. Es war Alicia. Auch sie und der Rest der Band hatten diese merkwürdigen Flyer in der Hand. Es sah so aus, als würde Alicia den Jungs Befehle geben, was sie zu tun hatten. Mit Handbewegungen deutete sie auf verschiedene Gebiete der High-School und die Jungs hörten aufmerksam zu. Nach einer Weile, teilten sie sich schließlich auf. Der eine in die Richtung, der andere in die und so weiter. Alicia kam direkt auf mich zu.

Sie setzte sich neben mich auf die Bank, hielt mir einen Flyer entgegen. Ich sah sie an und sie lächelte. "Unsere Schulband und unsere Acapella-Mädels haben bald einen Auftritt in der Konzerthalle der Stadt. Es werden auch viele andere Bands aus anderen Städten dort sein und es wird eine Art Wettbewerb geben. Hast du nicht auch Lust zu kommen?" Ihr Lächeln wurde breiter. Ich lachte auf, nahm den Flyer und sah ihn mir an. "Brauche ich dafür Karten oder so etwas?" Fragte ich. "Ja, du solltest sie schon bald bestellen, bevor alle weg sind." "Ich gucke mal ob ich Zeit habe, ansonsten gerne." Sie sprang auf. "Yeiii das wird toll!" Quietschte sie. Ich musste wieder lachen, doch mein Lachen sollte mir bald vergehen, denn Josh kam auf uns zu.

Er stellte sich neben Alicia, welche direkt vor mir stand. Mit einem ist-mir-egal Gesichtsausdruck richtete er das Wort an mich. "Hey, ich weiß wir hatten anfangs ein paar Schwierigkeiten aber-" Ich unterbrach ihn. "Ein paar Schwierigkeiten?! Ist das dein Ernst?!" Er fing an zu lachen. "Woah, bleib ruhig. Ich wollte dir nur sagen dass ich dieses Wochenende bei meinen Eltern bin. Also wenn du das Projekt dieses Wochenende machen willst, komm zum Montgomery Anwesen, anstatt zum Penthouse." Genervt drehte er sich um und ging wieder zurück zu seinen Freunden.

Alicia fing an lautstark zu lachen. "Du musst ein Projekt mit Josh machen?" Verwirrt, sah ich zu ihr hoch. "Du bist also nicht eine von denen, die total auf ihn steht?" Grinste ich. "Nein, ich bin 16. Er ist zu alt." Ihr lachen hatte mittlerweile aufgehört, aber das grinsen konnte sie sich nicht verkneifen. "Das sind gerade mal zwei Jahre." Ich lachte auf. "Ich bin einfach nicht interessiert. Wie auch immer, ich gehe dann mal ein paar Flyer aufhängen." Mit diesen Worten wollte sie eigentlich losmarschieren, jedoch kam ihr da etwas oder besser gesagt jemand zuvor.

Sie lief nämlich direkt gegen einen blonden Jungen, mit etwa kinnlangen Haaren, welche ihm nach hinten gemacht wurden, einem blauen T-Shirt, einer schwarzen Jeans und weißen Schuhen, und fiel hin. Alicia quietschte auf. Er hingegen blieb auf den Beinen. "Autsch." Murmelte ich leise vor mich hin, verzog das Gesicht. Er hielt ihr die Hand hin. "Oh, tut mir leid ich-" Als er ihr hoch half und sich ihre Blicke trafen, stoppte er. Sie wirkte allerdings eher gelassen und kriegte sich vor lachen nicht mehr ein. "Ach passt schon." Tränen flossen ihr vor lauter lachen bereits aus den Augen, dabei hielt sie sich die ganze Zeit eine Hand vor den Mund. Er fing an zu Lächeln. "Ich dachte, es sei was passiert... naja du hast geschrien, oder so..." Alicias Lachen hatte sich wieder gelegt. Jetzt stand sie grinsend vor ihm. Nun konnte ich endlich etwas einwenden. "Ach das war gar nichts. Sie gibt öfters komische Geräusche von sich." Dabei musste ich auch lachen. Sie blickte zu mir, ihre Augen wurden schmal. Dann sah sie wieder zu dem Jungen. "Und sie kennt mich seit heute morgen und denkt, sie wüsste schon alles über mich." Sie lächelte ironisch. Er tat es ihr gleich. "Ach ja, ich bin übrigens Jamie. Jamie Montgomery."

Alicias Augen weiteten sich. Sie waren nun noch größer als zuvor, was eigentlich schon unmöglich schien. Sie sah entsetzt zu mir, ich sah entsetzt zu ihr. Dann sagte wir beide gleichzeitig: "So wie Joshua Montgomery?" Die Augen auf ihn gerichtet. Jamie sah nun abwechselnd zu mir und Alicia. Er war sichtlich nervös, anders als ich. Ich war wohl eher verwirrt. Zögernd antwortete er. "Ja, Josh ist mein großer Bruder..." Er sah zu Boden, bemerkte die Flyer, welche überall auf dem Boden verteilt waren. Daraufhin fing er an, sie aufzuheben. Alicia half ihm. Als alle aufgehoben waren, übergab er den Stapel Alicia, welche sich mit einem "Bis irgendwann mal." Auf den Weg zu den Pinnwänden machte. Jamie nickte mir kurz zu und verschwand dann in die andere Richtung.

Ich saß also wieder allein dort auf der Bank. Die Sonne strahlte auf mein Gesicht. Normalerweise war ich nicht der Typ, der gerne in der Sonne sitzt, doch gerade war sie echt schön. Ich hielt mein Gesicht in die Strahlen, machte meine Augen zu. Es tat gut, wie die warme Sonne meine Haut kitzelte. Alles war schön ruhig, als wäre ich gerade der einzige Mensch in der Nähe. Diese Idylle sollte jedoch nicht lange anhalten. Schritte kamen immer näher, bis sie schließlich vor mir, direkt vor der Sonne stehen blieben.

Genervt öffnete ich meine Augen wieder. Die energische Stimme von Melanie ertönte. "Na? Wie war es mit Josh auf der Party?" Ihr Blick wurde wütend. Zuerst verstand ich nicht ganz, was sie meinte. "Denkst du etwa, ich hätte nicht gesehen wie du mit Josh in SEIN Schlafzimmer gegangen bist?!" Ich wurde rot. Hatte er ihr etwa auch erzählt, was dort passiert war? Ich bekam Panik, schnappte nach Luft. "Du dreckiges Miststück willst also nicht mit mir reden? Denkst du, du seist was besseres? Denkst du wirklich, Josh hätte Interesse an so einer wie dir? Pfff, das kannst du vergessen." Ihre Stimme klang ruhig und arrogant. Ich versuchte einfach zu überhören was sie sagte. Hinter ihr standen Melina und Jessica. Beide hatten einen genau so arroganten Blick wie Melanie drauf. Ich sah in Jessicas Augen so etwas wie ein funken von Reue, was ich allerdings gekonnt ignorierte. Ab jetzt würde ich ihr nicht mehr vertrauen. Nie wieder, ganz egal wie lange wir uns schon kannten. Menschen ändern sich und Jessica hat sich eben zum schlechten verändert. Das ist nicht mein Problem. Zumindest, nicht mehr. "Egal was du gehört hast... ich will nichts von Josh." Sagte ich emotionslos. Ein gespieltes Gelächter von Jessica ertönte. "Du willst nichts von Josh? Natürlich willst du das, ich kenne dich doch." Ihr Blick wurde noch arroganter.

Ich stand von der Bank auf, stellte mich direkt vor sie. "Ach ja? Tust du das? Tja weißt du, das dachte ich bei dir auch. Merkst du was? Wir wissen weniger über den anderen als wir dachten. Womöglich gibt es viele Dinge die du über mich weißt allerdings sind die, die du nicht weißt immer noch im Übergewicht. Ich bin eben ein verschlossenes Buch." Daraufhin nahm ich meine Tasche, warf sie mir über eine Schulter, drehte mich auf der Stelle um und ging weg von den dreien. Drei entsetzte und gleichzeitig wütende Blicke bohrten sich in meinen Rücken, ich musste grinsen. "Die wäre ich schon mal los." Murmelte ich leise vor mich hin.

Jetzt musste ich nur noch den Samstag überstehen. Denn da würde ich zum Montgomery Anwesen, und damit auch zu Josh gehen....

Her own happy endingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt