Kapitel 8

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"Zufrieden?" Flüsterte er mit sanft ins Ohr. Meine Augen blieben geschlossen. Ich musste grinsen. "Ja." Gab ich ihm verträumt zurück. Obwohl Josh sehr nah hinter mir stand, fühlte ich mich wohl im Glanz der untergehenden Sonne. "Ja, alles scheint perfekt. Der Sonnenuntergang, der Strand, das Meer, die Kälte des Wassers." Ich öffnete meine Augen, drehte mich zu ihm um. Mit einem misstrauischen Blick sah ich in sein sanftmütiges Gesicht. "Woher weißt du dass das Wasser kalt ist?" Dabei lachte ich und er tat es mir gleich. "Kein Plan ob es kalt ist. Sag du es mir." Mit diesen Worten, hob er mich hoch, lief Richtung Wasser. Verspielt, versuchte ich mich zu wehren. "Josh! Nein! Wag es nicht- aaaah." Er schmiss mich ins Wasser. Es war kalt und nass. Unterwasser öffnete ich die Augen. Überall konnte man wunderschöne Korallen und ihre Bewohner beobachten. Es war ein schöner Anblick. Ich tauchte wieder auf, wobei sich mein Haargummi löste und irgendwo in den Tiefen des Meeres verschwand.

Zurück an der Oberfläche, hörte ich das gehässige lachen von Josh. "Und? Kalt?" Fragte er vergnügt. Auch ich musste lachen, bis ich ihn herausfordern ansah und aus dem Wasser kam, auf ihn zuging. Ich nahm seinen Arm und versuchte ihn ins Wasser zu schleudern, womit er nicht gerechnet hatte. "Whoa." Kurz bevor ich ihn loslassen wollte, um nicht auch wieder ins Wasser zu fallen, hielt er mein Handgelenk fest und ich landete erneut im kalten nass.

Wir tauchten gleichzeitig auf, mussten lautstark lachen. Ich spritze ihm Wasser ins Gesicht. "Dein Ernst?!" Sagte ich gespielt wütend. Er musste nur noch lauter lachen. "Ist doch erfrischend." Antwortete er. Wir schwammen beide zurück ans Ufer. Ich war schneller, stand nun an dem nassen Strand und fror schrecklich. "Nein, es ist viel zu kalt!" Rief ich ihm zu, versuchte nicht warm zu halten. Als er aus dem Wasser stieg, wurde mir schnell wieder etwas wärmer, denn seine nicht gerade wenigen Bauchmuskeln kamen durch das nasse, weiße T-Shirt zum Vorschein. Er fuhr sich mit einer Hand durch die triefend nassen Haare, kam weiter auf mich zu. Ich starrte ihn einfach nur perplex an.

Er stand wieder vor mir. "Was? Willst du nur rumstehen und gaffen?" Fragte er gespielt ernst. "Oh äh, nein." Ich war eine echt schlechte Lügnerin, das merkte man mir an. Er lächelte erneut. "Schicker BH übrigens," sagte er. Es traf mich wie ein Schlag ins Genick. Josh war nicht der einzige mit einem weißen T-Shirt.

Ich wurde rot, hielt meine Arme vor der Brust verschränkt. Das brachte ihn nur noch mehr zum Lachen. "Ich hab ihn sowieso schon gesehen, von daher-" Ich unterbrach ihn in einer verspielten Stimme. "Dann sieh gefälligst woanders hin!" Merkwürdigerweise war es mir zwar etwas peinlich, dennoch fühlte ich mich unter seinem Blick nicht unwohl. Egal was er für ein riesiges Arschloch war, er hatte auch etwas vertrauenswürdiges an sich, was mich neugierig machte. "Gut, komm mit." Er drehte sich um, ging zu der schwarzen Truhe neben der Sitzecke aus geflochtenem Holz und kramte darin.

"Woher soll ich wissen, dass du nicht wieder nur-" ich brach ab. Ja, ich weiß ich war bereits 17, konnte dieses Wort aber immer noch nicht ohne ein gewisses Schamgefühl aussprechen. Der Wind wurde heftiger und Josh hatte endlich gefunden, was er suchte. "Wenn du meinst, dann behalte ich eben beide Decken." Er hielt eine rote und eine grüne Decke hoch. Mit einem Lachen im Gesicht und meinen immer noch vor der Brust verschränkten Armen, rannte ich zu ihm. Er legte die grüne Decke beiseite und legte mir die rote über die Schultern. Ich mummelte mich darin ein, setzte mich auf die Sitzecke. Er tat es mir gleich.

Jetzt saßen wir beide da, die Sonne war schon fast untergegangen und es war tatsächlich gemütlich. Wir saßen einfach nur da, genossen die Aussicht.

Mein Blick wanderte vom riesigen Feuerball zu einer bedrohlich aussehenden, sehr hohen Klippe, welche rechts vom Anwesen in die Höhe ragte. Ich sah zu Josh, welcher mir sofort seine Aufmerksamkeit schenkte. "Was ist da oben?" Fragte ich neugierig. "Nichts, das ist einfach nur ne Klippe. Naja oder wie Mom sie nennt, die "Selbstmord-Klippe". Er war sichtlich desinteressiert. Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Selbstmord-Klippe? Wie kam man denn auf sowas? Also harkte ich nach. "Warum?" Josh gab ein genervtes Stöhnen von sich. "Ich wüsste zwar nicht was es dich angeht, aber wenn du es unbedingt wissen willst.." Er sah kurz zur Klippe. "Mein Vater ist da runtergesprungen. Meine Mutter will mir nicht sagen wieso, also frag nicht. Wenn man da runterspringt, hat man eine Überlebenschance von ungefähr 3 Prozent." Ich erstarrte. Wie konnte er das nur so gelassen nehmen? Er sprach darüber als sei es nichts, wobei sich das eben, als ich mir die Bücher angesehen hatte, noch anders angehört hatte. "D-das tut mir leid." Sagte ich, den Blick auf den Boden gerichtet. Er kümmerte sich nicht weiter darum.

Die Spannung, welche nach dem Gespräch über seinen Vater angesammelt hatte, hatte sich wieder gelegt. Die Sonne war nun Komplett verschwunden, es war dunkel, wir saßen noch an genau der selben Stelle wie vor einer Stunde. Ich wendete meinen Blick vom Horizont ab, sah zu Josh. Dieser sah mich bereits an. Unsere Augen trafen sich und ich war wie Paralysiert. Langsam näherte sich sein Gesicht, ich wollte nichts dagegen tun. Entweder hatte mein Verstand komplett abgeschaltet, oder sogar er hielt es für richtig. Seine weichen Lippen berührten meine, ich schloss die Augen. Ich konnte nicht mehr dagegen ankämpfen. Er küsste mich. Mein Herz pochte. Das Gefühl, was ich in der Nacht der Party in meinem Bauch gespürt hatte, kam zurück. Seine Zunge traf auf meine, das Gefühl wurde stärker. Er legte seine Arme um meine Hüfte. Anders als auf der Party, wollte ich es. Ich hatte, wenn auch nur für einen kurzen Moment, eine andere Seite an Joshua gesehen, zu dem Zeitpunkt, als er mich ins Wasser warf. Ich mochte diese Seite. Jedoch wusste ich, dass es nur eine, seiner vielen Seiten war und dass die meisten davon wohl eher nicht so nett zu sein schienen. Ich hatte keine Gewissheit, ob er das nur spielte oder ob er es doch ernst meinte.

Nach einer kurzen Zeit, lösten wir uns aus dem Kuss. Ich öffnete meine Augen, sah ihn an, bemerkte, was ich gerade getan hatte und erschrak, fiel von der Sitzecke. Ich lag auf dem sandigen Boden wie ein hilfloser Welpe. Josh lachte auf. "Was tust du da?" Fragte er amüsiert. Ich sprang auf, richtete die Decke über meinen Schultern. Dann ging ich zurück in Richtung Anwesen. "Nein, nein, nein, nein! Das hätte nicht passieren dürfen." Sagte ich, obwohl ich es eigentlich nur vor mich hin murmeln wollte. "Wovon redest du?" Ich drehte mich zu Josh. "Woher soll ich wissen, dass du es ernst meinst?! Ich könnte genau so gut wieder nur so eine dämliche Trophäe in deinem Schrank sein, genau wie die ganzen anderen, leichtgläubigen Mädchen, die du abserviert hast!" Mein Blick wurde ernst. Er musste wieder grinsen. "Und was soll ich deiner Meinung nach, jetzt tun?" Fragte er, mit einer gewissen Ironie in der Stimme. Ich ging zurück und stellte mich direkt vor ihn, um nicht weiterhin schreien zu müssen. "Ich weiß nicht. Du könntest mich zum Essen einladen, wie es normale Menschen tun würden!" Eigentlich war dieser Vorschlag eher sarkastisch gemeint. "Gut, wie du meinst. Ich hole dich Freitag um acht bei dir Zuhause ab." Sein amüsiertes Lächeln war noch nicht verschwunden. "Fein!" Daraufhin ging ich zurück ins Anwesen, zog meine Jacke über, nahm meine Tasche und verließ das große Gebäude um dann Tante Sybill anrufen zu können, damit sie mich abholte.

Erst Zuhause und damit leider zu spät, bemerkte ich, worauf ich mich gerade eingelassen hatte...

Her own happy endingWhere stories live. Discover now