Kapitel 28

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Den nächsten Tag, wurde ich durch ein lautes bollern im Flur geweckt. Ich saß immer noch auf meinem Schreibtischstuhl und hatte den Löwen im Arm. Ich sah mich um. Mein Zimmer war komplett hell, was daran lag, dass ich die Rolladen am Vorabend nicht heruntergemacht hatte. Ich muss wohl vor dem, mittlerweile wegen zu wenig Akku abgestürzten Laptop eingeschlafen sein, dachte ich. Ich streckte mich, sah auf die Uhr. Neun Uhr morgens. Danach sah ich auf mein Handy. Alicia hatte mir eine Nachricht geschrieben. Ich öffnete sie. "Wusstest du, dass Jamie eine Freundin hat?" Leider hatte ich keine Ahnung, wie sie sich gerade fühlte. Eigentlich, wollte ich sie anrufen, doch wegen einem lauten Bollern ließ ich mein Handy fallen, erschrak. 

Ich legte den Löwen zurück auf den Schreibtisch und ging in den Flur, wo die lauten Geräusche herkamen. Direkt neben meinem Zimmer ist die Treppe zum Dachboden und meine Eltern und Kyle versuchten gerade unsere Koffer für die Reise morgen herunterzuholen. Mein Dad, der gerade einen Koffer herunter trug, bemerkte mich. "Oh guten Morgen süße. Tut mir leid, wenn wir dich geweckt haben." Anscheinend hatte meine Mom das gehört, denn sie kam die Treppe herunter. "Gut, du bist wach. Könntest du uns helfen?" Es war mehr ein Befehl, als eine Bitte, doch ich versuchte nett zu sein. Nichts sollte mir den Tag und insbesondere das Date mit Josh heute Abend vermiesen. "Ich gehe mich eben umziehen." Schnell schloss ich die Tür hinter mir, zog mich um und stand auch schon wieder im Flur.

"Emma?" Meine Mom rief von oben und ich folgte ihrer Stimme, bis auf den Dachboden. Er war groß und ziemlich verstaubt. Nur ein paar Sachen, wie zum Beispiel die Koffer, welche wir öfters mal brauchten, blieben von der dicken Staubschicht verschont. Kyle war wie immer viel mehr an seinem alten Spielzeug interessiert, als uns zu helfen. Ich sah wieder zu Mom. "Hier sieh mal, das ist dein Koffer. Du kannst ihn gleich packen, immerhin hast du heute Nachmittag ja keine Zeit mehr dafür." Ich nickte, nahm den Koffer. Doch anstatt runter zu gehen, blieb ich an einem alten Bild stehen. Es zeigte unsere ganze Familie vor den Niagarafällen. Von Oma und Opa, bis hin zu Kyle, dem jüngsten. Sogar Tante Sybill war darauf zu sehen. Dad hatte Hannah huckepack genommen, Kyle stand bei unseren Großeltern und ich stand bei Mom im Arm. Aber Kyle war nicht der einzige, der bei meinen Großeltern stand. Sein Zwillingsbruder Shawn stand neben ihm. Ich erinnerte mich nur noch in Bruchteilen an ihn. Es war eines der einzigen Bilder, welches wir von ihm hatten, deshalb verstand ich nicht, wieso wir es nicht aufhingen. Ich wendete mich an Mom. "Das Bild ist doch schön, warum hängen wir es nicht auf?" Mom kam zu mir, betrachtete das Bild. "Vielleicht ist es schön, aber es weckt keine schönen Erinnerungen." Mir war bewusst, was sie meinte.

Jetzt erinnerte ich mich wieder. In genau demselben Urlaub waren wir an einem See schwimmen und ich wollte ein Eis haben, weswegen meine Eltern mit mir zum Eiswagen gegangen waren. Als wir wiederkamen, fanden wir eine komplett aufgelöste Hannah vor und einen leeren Platz im Kinderwagen. Kyle hatte überlebt, doch sein Bruder nicht. Er war laut Hannah aus dem Kinderwagen geklettert und im Meer ertrunken. Sie hatte es zu spät gemerkt. Vermutlich, war das auch der Grund, weshalb wir solange nicht mehr in den Urlaub gefahren waren. Dennoch verstand ich nicht, wieso wir es nicht aufhängten und Dad war anscheinend der gleichen Meinung. Auf dem Weg nach oben, hatte er unsere Unterhaltung gehört. "Das war vielleicht nicht toll, aber solche Erinnerungen gehören nun einmal zum Leben dazu. Es kann nicht immer nur gute Erinnerungen geben und wir werden dieses Ereignis so oder so nicht vergessen. Emma hat recht, das Bild ist schön. Lass es uns doch ins Wohnzimmer hängen." Dad wollte das Bild nehmen, doch Mom nahm es ihm gleich wieder ab, sah ihn an, als wollte sie ihn gleich umbringen. "Ich sagte, wir hängen es nicht auf." Sie brachte das Bild irgendwo in die letzte Ecke des Dachbodens, wo es nie jemand finden sollte. Dad sah zu mir, zuckte mit den Schultern. Danach machte er weiter und ich ging runter in mein Zimmer, um meine Sachen zu packen.

Es dauerte circa eine halbe Stunde, bis ich alles eingepackt hatte. Alles schien perfekt, bis auf die Tatsache, dass mein Koffer viel zu voll war und ich ihn nicht zu bekam. Ich hob ihn vorsichtig aufs Bett und setzte mich drauf. Auch das half mir leider nicht weiter. Dann versuchte ich es, indem ich den Koffer auf den Boden legte und drauf rum sprang. "Geh. Endlich. Zu!" Es klappte natürlich nicht. Plötzlich öffnete sich meine Zimmertür und ein komplett verwirrter Josh trat ins Zimmer. Ich wurde rot. "Was machst du mit dem Koffer?" Ich sah zu meinen Füßen, welche immer noch auf dem Koffer standen. Schnell hüpfte ich runter, sah zu Josh. "Ich bekomme den Koffer nicht zu." Ich grinste verlegen. Josh lachte auf, ging zum Koffer und stellte ihn auf mein Bett. Mit einem Ruck bekam er ihn zu, was die Situation für mich wohl noch peinlicher machte. Ich sah zur Uhr. Es war noch viel zu früh, Josh sollte mich doch erst gegen Abend abholen. Ich fragte nach. "Josh? Was machst du schon hier?" Josh lächelte mich an. "Ich hole dich ab." "Aber du wolltest mich doch erst um acht abholen." Er zuckte mit den Schultern. "Ja, aber mir ist da etwas besseres eingefallen."

Er nahm meine Hand, wollte eigentlich mit mir aus dem Zimmer gehen, doch ich hielt ihn auf. "Warte, ich muss mir noch was anderes Anziehen." Josh schüttelte den Kopf. "Was redest du? Du siehst toll aus." Dieser Satz ließ mich noch breiter grinsen. Hatte er das gerade wirklich zu mir gesagt? Mein Herz schlug mal wieder Saltos, trotzdem widersprach ich ihm. "Aber nicht für ein Date. Ich meine, Jeans und ein Top?" Wieder lachte Josh laut. "Also ich finde es perfekt, aber wenn du dich noch umziehen willst, bitte." Er ging Rückwärts aus der Tür. Erlich gesagt, wunderte es mich etwas, dass er nur ein schwarzes T-Shirt und eine dunkelblaue Jeans trug, anstatt einem Anzug oder so, aber ich störte mich nicht weiter daran, zog ein dunkelblaues, bis zu den Knien reichendes, weites Kleid von Hannah und ein paar schwarze Pumps an. Meine Haare band ich auf die Schnelle in einem unordentlichem Dutt zusammen. Dann ging ich wieder raus zu Josh, welcher geduldig an der Tür gewartet hatte.

Als ich aus meinem Zimmer kam, staunte Josh nicht schlecht. "Wow, du siehst umwerfend aus." Ich lächelte. "Können wir dann?", fragte Josh und ich nickte glücklich. Gerade als wir gehen wollten, kam Mom die Treppe zum Dachboden herunter, sah Josh misstrauisch an. "Oh, ihr geht schon." Sie schien nicht sonderlich begeistert von der Idee zu sein. "Ja, äh... Josh wollte.." Josh unterbrach mich. "Ich muss meine kleine Cousine noch vom Reiterhof abholen und Zuhause abliefern, da dachte ich, wenn ich sowieso schon hier bin, kann ich Emma auch gleich mitnehmen." Ob er das mit seiner Cousine wohl ernst meinte? Egal, einfach mitspielen, dachte ich. Meine Mutter sah uns beide abwechselnd an. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht richtig einordnen, aber sie nickte und verschwand in Hannahs Zimmer. Josh und ich atmeten erleichtert aus. "Also deine Mom ist echt anstrengend." "Das kannst du laut sagen."

Mit diesen Worten gingen wir endlich die Treppe runter zur Haustür und stiegen in Joshs Porsche, der direkt vor der Tür stand, ein. Sofort fuhren wir los, doch wir fuhren weder Richtung Reiterhof, noch Richtung Stadt. Ich kannte diesen Weg nicht, also harkte ich nach. "Wo fahren wir hin?" Josh lächelte.

"Das ist eine Überraschung."

Her own happy endingWhere stories live. Discover now