Kapitel 17

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"Du sagst also, Joshua Montgomery ist nur auf Sex aus?" Jessicas, mit Schokoladeneis vollgeschmierter Mund wurde ernst, was mich zum Lachen brachte. Plötzlich fuhr ein rotes Auto an uns vorbei und Jessica boxte mir gegen den Arm. "ROTES AUTO!", schrie sie zur Straße hin. Ich musste noch mehr lachen. Wie in alten Zeiten, dachte ich vergnügt, leckte an meinem Vanilleeis. Früher fanden wir es immer lustig, dass Jessicas Lieblingssorte braun, wie meine Haare war und meine Lieblingssorte gelb, wie ihre Haare war. Doch nun weiter zum Thema. "Ja, also zuerst dachte ich das, bis-" Ich stoppte, da ein blaues Auto an uns vorbeifuhr. "BLAUES AUTO!", schrie ich, boxte Jessica so feste gegen den Arm, dass sie sich bemühen musste, sitzen zu bleiben. Sie rappelte sich wieder auf, aß weiter. "Bis was?" Ich grinste. "Bis letzte Nacht." Jessica wurde misstrauisch. "Du willst mir also sagen, dass ein einziges, schief gelaufenes Date und die Geschichte mit deiner Mom sein Herz so erweicht hat, dass er die Nacht nicht mit dir schlafen wollte, sondern sich einfach nur um dich kümmern wollte?" Ich verdrehte die Augen. "Wie schon gesagt, ich habe keine Ahnung." Jetzt wirkte Jessicas Blick eher verwirrt, also versuchte ich ihr mit allen Mitteln zu erklären, was ich meinte. "Als wir morgens wieder am Tisch saßen und sein Bruder kam, hat er ihm erst erzählt, dass wir zusammen sind und als wir dann wieder alleine waren, meinte er, das hätte er nur gesagt um seinen Bruder zu ärgern!" Ich biss wütend in meine Waffel. Schweigen brach aus, wurde jedoch schnell durch Jessica unterbrochen. "Was für ein Arschloch!" Ich nickte nur Stumm.

Als ich mein Eis aufgegessen hatte vibrierte mein Handy. Wer das wohl war? Ich nahm es aus der Tasche meiner Sweatshirtjacke, sah drauf. "Anruferinnerung: Sie haben 14 verpasste Anrufe von Alicia." Ups. Alicia. Die hatte ich ganz vergessen! Ich hatte sie ja alleine im Restaurant sitzen lassen! Mit Jamie! Ich sah zu Jessica, welche ihr Eis ebenfalls aufgegessen hatte und mich nun anstarrte. "Was ist los?", fragte sie besorgt. "Alicia hat versucht mich anzurufen..." Ich sah dabei immer noch auf mein Handy. "Das Mädchen aus der Schulband? Was ist mit der?" "Wir haben uns angefreundet, sie war mit bei dem Date und ich habe sie mit jemanden, an den sie wirklich interessiert ist, alleine da sitzen gelassen." Jessica lachte laut auf. "Ups." Ich schüttelte ironisch den Kopf. "Haha. Echt witzig," antwortete ich belustigt. Wir standen vom Bordstein auf, ich holte mein Fahrrad, verabschiedete mich von Jessica, die über die Feuertreppe wieder in ihr Zimmer ging.

Bevor ich losfuhr, steckte ich mir meine Kopfhörer in die Ohren und rief Alicia zurück. Wir telefonierten, während ich nachhause fuhr. "Hey, was ist-" "Ist das dein Ernst?! Du hast mich alleine mit Jamie da sitzen lassen!!!!!!!" Sie klang aufgebracht. "War es denn so schlimm?", fragte ich ruhig. "Nein, aber.... aber es geht ums Prinzip!" Ihre Stimme wechselte zwischen laut und leise. Ich war verwirrt. "Was für ein Prinzip?" Völlig in das Gespräch vertieft, bemerkte ich gar nicht, dass ein anderes Fahrrad auf mich zukam. Es kam immer näher und näher, bis... "Aua," ich unsanft auf den glatten Untergrund des Bordsteins knallte. Ich schlug mit meinem Kopf gegen einen Felsen auf der Wiese unseres weit entfernten Nachbarn. Das Handy flog neben mich auf den Boden. "Hallo? Emma?" Mein Blick wurde verschwommen, ich spürte gar nichts mehr. Eine bekannte, besorgte Stimme ertönte vor mir. Ich sah, wie sich jemand vor mich kniete. "Oh shit! Ist dir was passiert?" Es war die Stimme von Oliver, dem Jungen aus der Schulband. "Oh Gott, du blutest ja." Erst jetzt bemerkte ich, wie etwas warmes, flüssiges über meine Stirn, mein Gesicht herunterlief.  Er redete mit jemandem. "Ähm, Emma kann jetzt nicht! Ruf später nochmal an!" Alicias besorgte, gleichzeitig wütende Stimme ertönte. "Was zum?! Oliver?! Was machst du-" Aufgelegt. "Was?" Antwortete ich vernebelt. Langsam wurde mein Blick wieder klarer. Oliver hockte immer noch vor mir. "Kannst du aufstehen?" Fragte er sanft. Ich nickte und daraufhin, half er mir hoch. Ich war ziemlich wackelig auf den Beinen, mein Kopf fing an zu schmerzen. "AHH!" Ich schrie leise auf. Der Schmerz, drang so plötzlich in meinen Kopf, dass es sich anfühlte, als würde er jeden Moment platzen. Ich sackte in Olivers Armen zusammen. "Vorsicht!" Sagte er, hielt mich fest. Dann setzte er mich sanft auf den Felsen, der mir beinahe meinen Kopf zersplittert hatte, versuchte mit mir zu reden. "Alles in Ordnung? Ich denke, es ist besser, wenn ich den Krankenwagen rufe." Er holte bereits sein Handy aus der Tasche, als ich antwortete. "Nein, warte. Der Krankenwagen braucht zu lange. Zu Fuß sind es bis zu mir nachhause nur noch fünf Minuten. Das schaffe ich schon." Daraufhin versuchte ich aufzustehen und Oliver kam schnell angelaufen, um mir zu helfen. "Warte, dann lass mich dir wenigstens helfen." Er lächelte mich an und ich tat es ihm gleich. Ich legte einen Arm um seine Schulter und gemeinsam liefen wir zur Ranch. Die Fahrräder ließen wir fürs erste zurück.

"Was machst du hier?", fragte ich angeschlagen. Eine kurze Stille brach aus, bevor er wieder anfing. "Ich bin so rumgefahren." Sein Ton klang besorgt und gleichgültig zugleich. Ich brach erneut zusammen. "Aahh." Ein stechender Schmerz durchfuhr erneut meinen Kopf. Als ich zu Boden sackte, hielt Oliver mich fest. "Wo wohnst du denn?", fragte er sanft. Daraufhin deutete ich auf unser Haus, was nicht mehr allzu weit weg war. "Okay, das schaffen wir." Oliver half mir auf, ich legte meinen Arm wieder über seine Schulter.

Und tatsächlich! Wir schafften es noch bis zum Haus, klingelten und meine Schwester Hannah machte auf. Geschockt sah sie uns an. "Was ist passiert?! Kommt rein, setzt euch erstmal!" Wir gingen zum Sofa, welches direkt im Eingangsbereich beziehungsweise im Wohnzimmer stand. Oliver setzte mich langsam ab, setzte sich neben mich auf das Sofa. Hannah holte noch schnell den Verbandskasten und stellte sich dann vor mich um meinen Kopf zu untersuchen. Das war ihr Spezialgebiet, denn sie studierte Medizin und hatte im Moment Semesterferien. Ihren Freund Darnell hatte sie auch dort kennengelernt. Er wollte ebenfalls Arzt werden. Ein Snob, der dazu noch total schlau war, Medizin studierte und immer liebevoll mit seiner Freundin umging. Das war schon seit Ewigkeiten Hannahs Traum von einem Mann, zudem ich nur "Igitt" sagen konnte. Meiner Meinung nach, war Hannah viel zu nett für diesen Frauenaufreißer. Schlau war er, das musste man ihm allerdings lassen. Jedoch war er genau so schlau wie überheblich. Völlig in Gedanken versunken, bemerkte ich gar nicht, dass Hannah mir einen Verband umgelegt hatte und bereits fertig mit allem war. "Jetzt solltest du dich erstmal ausruhen gehen." Hannahs Blick schweifte zum, fast sabbernden Oliver. "Wer bist du denn?" Olivers Augen funkelten, als sie ihn ansah. "Wunderschön." Hannah wurde misstrauisch, sah zu mir. Ich hob meine Schultern, schüttelte den Kopf.

Plötzlich kam Mom rein gestürmt, wollte eigentlich nur, mal wieder am Telefon, kurz durch den Raum ins Arbeitszimmer flitzen, blieb jedoch direkt hinter der Couch, ihren Blick auf Oliver gerichtet, stehen. "Warte kurz, ich ruf dich zurück." Kurzer Hand legte sie auf und kam ums Sofa, sodass sie direkt vor uns dreien stand. Ich dachte sie würde mir endlich mal ihre Aufmerksamkeit schenken und sich ernsthaft Sorgen machen, doch dieses Gefühl verflog schnell wieder als sie sich an Oliver wendete, welcher immer noch mit dem gleichen, verträumten Blick Hannah anstarrte. "Wer bist du?!" Sein Blick wanderte zu Mom. Er konnte sich nicht richtig fassen, was ihm nur ein stottern erbrachte. "Ich-Ähm." Meine Mom unterbrach ihn. "Bist du dieser nur-ein-Freund-Typ von dem Emma gesprochen hat? Bist du Josh?!" Olivers Augen wurden größer. "Äh nein ich-" Nun unterbrach ich ihn, stand auf, stellte mich direkt vor meine Mutter, die genau so groß war wie ich. "Nein! Das ist Oliver! Wir sind zusammengekracht und ich habe mir eine Kopfverletzung zugezogen! Er hat mich nachhause gebracht. Aber mir geht es gut, Danke der Nachfrage!" Mit diesen Worten ging ich, einen schlimmen Schmerz im Kopf, nach oben in mein Zimmer und legte mich in mein Bett.

Das letzte was ich hörte, war wie Mom Oliver Rausschmiss und er Hannah noch schnell ein ersticktes "Ruf mich an" zurief, bevor meine Augen in einen tiefen Schlaf fielen.

Her own happy endingWhere stories live. Discover now