IX

595 41 30
                                    


Jules parkte ihren alten Combi am Straßenrand und schon von weitem hörte man das Wummern der Boxen. Der Weg dorthin war verziert mit roten Plastikbechern, das Haus hell erleuchtet im Vergleich zum Rest der Straße. Nervös spielte ich mit dem gefälschten Personalausweis in meiner Hand und ich betete, dass mich keiner erwischen würde. Natürlich wäre jedem klar, dass ich nicht die Person auf dem Bild bin, Jules hatte höhere Wangenknochen und ihr damals noch dunkelbraunes Haar unterschied sich dennoch zu meinen schwarzen. Tia lachte nur über meine Sorgen.

„Niemand wird lange genug auf den Ausweis schauen wenn sie dich sehen. Glaub mir, so wie du aussiehst werden sie dir zu Füßen liegen." Ich wurde rot, blieb aber still. Meine Befürchtungen waren deswegen nicht gemindert.Als wir das Tor zum Haus passierten wurde ich immer nervöser. Jules ging gelassen vor und grüßte hin und wieder jemanden. Vor dem Türsteher blieb sie stehen.

„Hallo Jules, schön dich wieder zu sehen. Kommst du mit Begleitung?", fragte der Typ mit unbekannten Namen.

„Hey, aber klar. Tia kennst du ja bereits und das hier ist meine Cousine aus Arizona, Ava." Jules deutete mit der Hand auf uns, die andere Hand drehte ihr Haar um den Finger. Und so wie der Typ aussah, nicht nur die. Er nickte Tia und mir kurz zu, dann trat er zur Seite.

„Ich wünsche euch viel Spaß und Jules, es ist immer ein Vergnügen dich zu sehen."

„Oh danke schön, ich hoffe wir sehen uns bald wieder.", sprach sie in einer deutlich tieferen Stimmlage als sonst. So so. Sobald wir im Haus standen fiel die Anspannung von mir ab, Fassungslos strahlte ich die beiden an. Wir hatten es wirklich geschafft!

„Wir sind drin! Und er hat nicht einmal nach einem Ausweis gefragt!" Begeistert umarmte ich die beiden und sie lachten.

„Darauf sollten wir anstoßen! Auf zur Bar! Oder Küche! Oder wo sonst der Alkohol ist." Tia ging voraus und staunend blickte ich mich um während ich ihr folgte. Der Eingangsbereich war riesig und überall standen Menschen mit Bechern in der Hand. In der Mitte des Raumes schien die Tanzfläche zu sein, dahinter war ein weiterer Raum in dem welche um einen Tisch standen. Was sie genau taten konnte ich nicht erkennen, dafür sah ich aber die Pärchen, die im Garten und auf der Treppe rummachten, beziehungsweise schon das Stadium des Küssens überwunden hatten. Schonungslos schoben sie sich die Zungen, wahlweise auch Finger, sonst wohin und ich sah zu, dass ich den Anschluss zu den beiden nicht verlor. Nicht auszudenken, wenn ich hier alleine stehen würde.

An der "Theke", sofern man dieses 5 Meter lange Arrangement so nennen konnte,  standen schon drei Tequila bereit, danach noch einmal drei und danach nochmal. Langsam merkte ich, wie es in mir warm wurde und sich das Grinsen in meinem Gesicht festigte. Jules reichte mir einen roten Becher dessen Inhalt süßlich roch. Vorsichtig probierte ich und im Gegensatz zu dem Tequila schmeckte es süß. Gierig trank ich noch einen Schluck und drehte mich zur Tanzfläche. Die Musik dröhnte aus den Boxen und der Beat durch meinen Körper. Unbewusst fing ich an mich zu bewegen. „Willst du tanzen?", fragte eine dunkle Stimme hinter mir und als ich mich erschrocken umdrehte stand Kyle vor mir. Was zur Hölle...? Auch Kyle schient überrascht. „Was machst du denn hier?" Seine Stimme klang bei weitem nicht so freundlich wie vorhin.

„Meine Lerngruppe trifft sich hier um den Atomaren Rüstungswettstreit zu diskutieren. Siehst du das denn nicht?" Provokant trank ich einen tiefen Schluck aus dem Becher, während ich auf die Leute um uns herum deutete. Kyle zog die Augenbrauen zusammen, dann lachte er und legte den Arm um mich.

„Ava, können wir nicht heute Nacht einmal so tun als wären wir Freunde und einfach Spaß haben?" Kritisch beäugte ich ihn. Konnte man dieser Nase vertrauen? Schlussendlich hatte ich aber eh nichts zu verlieren und noch weniger wollte ich mir den Spaß verderben. Lächelnd hielt ich ihm die Hand.

DeliriumWhere stories live. Discover now