XVI

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Erstaunt blieb ich stehen als ich Liam tatsächlich in der Bibliothek antraf. Ein Teil von mir hatte gehofft das er nicht kommen würde, aber das konnte ich anscheint vergessen. Höflich stand er auf und zog mir einen Stuhl war. Skeptisch ließ ich mich langsam nieder, in der tiefen Überzeugung dass er ihn wegziehen würde. Tat er aber nicht. „Warum müssen wir uns denn unbedingt hier treffen?", fing er auch schon das nörgeln an.

Ich verdrehte meine Augen. „Weil es hier ruhig ist und du nicht von Büchern abgelenkt wirst, sonst hättest du dieses Problem nämlich nicht." Ich verschwieg dass ich mich deutlich sicherer fühlte, vor allem vor ihn. Um meine Unsicherheit zu überspielen holte ich meine Bücher hervor und die Fragen die ich für ihn vorbereitet hatte. Sein Blick wurde bei dem Stapel an Büchern immer größer und ich wusste gar nicht, wie grün sie waren. „Also ich hab die erstmal Fragen vorbereitet um zu schauen wo das Hauptproblem liegt und wir anfangen sollten."

„Du hast wirklich zu viel Zeit.", murmelte er, aber ich hörte es trotzdem.

„Und bestehe meine Fächer im Gegensatz zu dir." Er setzte zu einer Antwort an, hielt aber dann zum Glück doch den Mund und nahm mir die zettel aus der Hand. Stirnrunzelnd sah er sich die ersten Fragen an und suchte nach einem Stift. Als er anfing schrieb ich an meiner Hausarbeit weiter. Also das erste Problem erkannte ich sofort: er brauchte ewig zum Lesen. Immer wieder fuhr er die Sätze entlang, hörte auf und fing wieder vorne an. „Sag mal Liam, kann es sein das du die Fragen nicht verstehst?"

Anscheinend hatte ich einen wunden Punkt getroffen, denn seine Augen funkelten mich wütend an, seine Hand verkrampfte sich um den Stift. „Willst du damit sagen dass ich dumm bin?"

„Ja, aber das ist ja nichts Unbekanntes für die denkende Allgemeinheit. Fällt dir Lesen allgemein schwer?" Er schnaubte und fing wieder an zu lesen. Doch seine Haltung verkrampfte sich immer mehr. Interessant, das erklärte in der Tat einiges. Ich nahm ihm die Zettel weg.

„Ey", protestierte er, aber ich unterbrach ihn. „Liam, du hast eine Leseschwäche, nicht wahr? Komplexe Sätze überfordern dich."

Er verschränkte die Arme. „Und jetzt? Willst du allen erzählen das ich nicht mal lesen kann?" Meine Güte, da war aber jemand empfindlich.

„Entspann dich mal wieder, ich werde niemanden etwas erzählen. Aber dann werden wir das ganze anders angehen. Wissen die Lehrer davon?" Er schnaubte wieder und wandte den Blick ab.

„Nicht mal meine Eltern wissen davon."

„Ist denen das nie aufgefallen?"

Liam zuckte mit den Schultern. „Nein."

„Wie kann denen das nicht aufgefallen sein?!" Unwillkürlich schüttelte ich den Kopf. Ich wollte gerade weiter sprechen, als und mein Soziologie Lehrer ansprach.

„Hallo Ava, ich wollte noch Fragen wie das Projekt zur Makrostruktur in Städten gelaufen ist. Ich war wirklich sehr begeistern von deiner Arbeit."

Ich lächelte Mrs. Culler an. „Es lief sehr gut, die Professoren waren wohl ähnlich angetan."

„Das freut mich zu hören. Nun falls du noch Hilfe brauchst, kannst du dich gerne melden." Ich bedankte mich und Mrs. Culler verließ uns wieder. Nun war es Liam der mich herausfordernd ansah.

„Abgesehen davon dass ich nicht weiß was eine Makrostruktur ist, besprechen wir in Soziologie doch gerade das Rechtssystem, noch hatten wir dort eine Hausarbeit zu erledigen. Eigentlich haben wir gar keine Hausarbeiten hier." Ertappt versteckte ich mich hinter dem ersten Buch auf meinem Stapel. Liam legte den Kopf schief. „Soziologie 2. Semester: Ökonomische Strukturen im Wandel der Zeit. Das ist definitiv keins unserer Schulbücher. Was verbirgst du Ava Hastings?"

DeliriumWhere stories live. Discover now