XXI

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Der Wagen kam zum stehen, während die Sonne langsam hinter unserem Haus aufstieg. Liam stellte den Motor ab und drehte sich zu mir. „Ich melde mich bei dir." Regungslos sah ich ihn an, dank der Diva in mir war ich in theatralischer Laune, beinahe kampfeslustig. Liam schien es auch aufzufallen und zu nerven. Er griff hinter meinen Kopf und küsste mich mehr oder weniger zärtlich, kein Spur mehr von der gestrigen Zärtlichkeit. Sobald er von mir abließ schnallte ich den Gurt ab und stieg aus dem Auto aus. Mit der Tür in der rechten Hand beugte ich mich in den Innenraum.

„Lass dir Zeit.", sagte ich, bedacht einen Hauch Erotik in meine Stimme zu legen. Die Nachricht kam an, aber statt einer Antwort warf ich die Tür zu und ging auf unser Haus zu. Vor der Tür blieb ich kurz stehen um mich zu sammeln. Im Hintergrund ging der Motor an und Liam fuhr weg. Gott sei Dank.

Gut Ava, wird Zeit deine Schauspielerischen Fähigkeiten erneut unter Beweis zu stellen. Zunächst Konzentration das Schloss beim ersten Versuch zu treffen. Wunderbar. So leise aufmachen, sehr gut, ah die Schuhe zieh besser vorher auf, das wäre ein Potenzielles Risiko. Sehr schön, Tür leise schließen und dann nichts wie ab zur Treppe. Perfekt! „Ava?", ertönte die tiefe Stimme von Dad auf dem Sofa. Nicht perfekt. Scheiße.

„Hm?" Genau, nicht reden, wer nicht redet konnte nicht lallen.

„Warst du solange arbeiten?" Es kam mir eine Ewigkeit vor, dass ich arbeiten war. Es fühlte sich an, als wäre das in einem anderen Leben gewesen. Ich fuhr mir über die Augen und gähnte.

„Ja, war ganz schön was los, ich bin ziemlich kaputt." Dad nickte verständnisvoll und Sorge breitete sich in seinem Gesicht aus.

„Wenn ich erstmal länger arbeite, musste du da nicht mehr so oft hin, dann hast du auch mal ein bisschen mehr Zeit für dich." Müdigkeit breitete sich in meinen gliedern aus und ich wollte nur noch ins Bett, statt hier zu stehen und zu diskutieren.

„Ich bin gerne da. Und dann kann ich mir vielleicht Geld für das Collage beiseite legen oder mir mal neue Kleidung kaufen."

„An deiner Kleidung gibt es doch nichts auszusetzen!" Ja das du als Dad das so siehst wundert mich nicht.

„Dad, ich bin total erledigt" Vom Sex mit dem Typen der dir ein Job besorgt hat. „und echt müde ich will einfach nur noch ins Bett."

„Ja natürlich mein Schatz, Schlaf gut und ich hab dich lieb." Ich hörte Dads Besorgnis, aber es fehlte mir an Kraft mich damit auseinander zu setzen.  Eine Erwiderung murmelnd stieg ich die Treppe rauf zu dem was ich dringend brauchte: meinem Bett und Ruhe. Doch kaum das ich im Bett lag, fiel meine Fassade zusammen. Meine Hände fingen an zu zittern während  ich über meine Arme rieb. Hätte ich doch eben noch geduscht. Seine Hände auf meinem Körper, in meinem Körper. Überall war er gewesen. Ich musste ihn abwaschen und mit ihm diese ganze Nacht, musste diesen Dreck abrubbeln und hoffen das ich mich danach nicht mehr so schmutzig fühlen würde, auch wenn ich wusste, dass es nichts bringen konnte.

Trotzdem meinte ich noch den Nachhall seiner Lippen zu spüren, seine Hand an meiner Brust, überhaupt seinen Berührungen. Übelkeit überkam mich und ich schaffte es gerade noch zur Toilette bevor ich erbrach. Der bittere Geschmack der Galle unterstrich mein Gefühl des Ekels noch mehr. Bilder von seinem Gesicht als er in mir eindrang tauchten vor meinem Geistigen Auge auf und wieder musste ich erbrechen. Ich hustete und das Zittern breitete sich auf meinen Körper aus. Fahrig versuchte ich meine Haare nach hinten zu binden, doch immer wieder fielen sie aus meiner Hand. Kleine Hände berührten meine Schultern, ehe sie meine Haare zu einem Zopf banden. Amber legte eine Decke um mich und rieb meine Arme, doch Tränen liefen ohne dass ich sie aufhalten konnte. Ehe ich mich versah hatte ich mich zu einer Kugel gerollte und schluchzte, während Amber zum Waschbecken ging und einen Becher holte, den sie mir reichte. Leider  verschluckte ich mich, hustete zeitgleich zum weinen und erbrach auf den Boden. Meine kleine Schwester versuchte mich aufzurichten und schlang ihre Arme um mich. Sie strich über meine Haare und legte ihren Kopf an meiner Schulter ab. Mein Schluchzend wurde weniger, aber das Zittern blieb und mir war so kalt. Das Gefühl von Leere kroch in meine Glieder und diese Leere, sie fühlte sich willkommen an. In dieser Leere war mir alles Gleichgültig. War das der wirkliche Preis den ich zahlen musste?

DeliriumWhere stories live. Discover now