XLV

461 37 29
                                    

Ich versuchte meine Hausarbeit zum Thema Sozialwirtschaft zu schreiben, aber es gelang mir nicht. Grund dafür war der Typ in unserem Wohnzimmer der mit meiner kleinen Schwester Barbie spielte und sich für eine Modenshow vorbereitete. Da ich bereits unauffällig Fotos und Videos gemacht hatte, war meine Pflicht als Sammlerin der peinlichen Momente erfüllt und es gab keine weitere Ausrede um die Arbeit hinauszuzögern. „Nein, nein, nein Liam, das geht so nicht. Die rosa Schuhe bekommt Barbie! Sie trägt doch schon das pinke Kleid, meinst du etwa, dass die türkisen dazu passen würden?" Erbost funkelte Amber ihn an.

Schuldbewusst und etwas überfordert mit den Tiefen der Mode, zuckte dieser mit den Schultern, ehe er die Schuhe wieder auszog. Ich grinste in mich hinein, während ich die Seite vor mir erneut las. „Ava, wann musstest du noch mal los zur Arbeit? Ich kann dich da sonst auch absetzten.", bat Liam an und seine Stimme klang hilfesuchend.

Ich lächelte mein aufgesetztes Lächeln. „Oh das musst du nicht, du kannst gerne auch hier bleiben, soweit ist es nicht weg." Vermutlich verdunkelten sich seine Augen, doch da ich nicht aus dem Buch schaute, konnte ich es nicht sehen.

„Ich bestehe drauf. Amber, findest du, dass eine junge Frau alleine Abends durch die Straßen laufen sollte? Welche Art von Mann wäre ich, wenn ich so etwas gefährliches zulassen würde?"

Ich schnaubte verächtlich. „Stimmt, nachher zwingt mich einer Dinge zu tun, die ich nicht möchte."

Zwar sagte ich nicht, was ich genau meinte, doch Liam verstand meine Anspielung richtig. Amber sah verwirrt zwischen uns her. „Also ich denke schon das er Recht hat." Manchmal wünschte ich mir diese kindliche Naivität. Für Amber gab es keine schlechten Menschen und sie würde Liam nicht für das verachten, was er tat, einfach weil sie es noch nicht einschätzen konnte. Wie viel leichter wäre es, wenn es mir genau so ginge? Wenn diese Gefühle in mir Einklang finden könnten und ich mich nicht verachten würde, weil ich seine Berührungen genoss? Geistesabwesend stimmte ich ihr zu. Komisch, wie gespalten ich war sobald es um Liam ging. Vor nicht allzu langer Zeit habe ich ihn verachtet und alles für das er stand, aber heute sah ich es anders. Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, dass wenn dieser beschissene Deal nicht wäre, hätten wir sogar vielleicht Freunde sein können. Allerdings, ohne hätten wir uns auch nie in dieser Art und Weise kennengelernt. Verrückt.

Später in Auto versuchte Liam immer wieder ein Gespräch anzufangen, doch ich gab ihm nur einsilbige Antworten, außer ich sagte ihm wo er abbiegen sollte. „Ich mag Amber.", sagte er, doch ich ignorierte es. „Sie ist wirklich außergewöhnlich." Mein Nicken schien ihn wenig zu befriedigen und er fluchte. „Warum machst du das immer?", fragte er genervt, als er auf den Parkplatz des Sage fuhr.

Verwirrt sah ich ihn an, ich hatte doch gar nichts gemacht! „Was meinst du?"

„Na Das!", er deutete auf mich. „In einem Moment bist du super locker drauf und im nächsten bist du wieder Eiskalt! Man weiß nie, woran man bei dir ist!" Die Gereiztheit in seiner Stimme nahm immer mehr zu. „Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir nicht einmal Freunde sind."

Ich blinzelte. „Liam, wie kommst du auf die Idee, dass wir beide so etwas wie Freunde wären?" Entgeistert sah ich ihn an. „Wann hast du dich jemals wie ein Freund verhalten? Als du mich dazu gezwungen hast, mit dir zu schlafen? Oder als mich geküsst hast, weil du meintest ich hätte etwas mit Jake gehabt?" Ich holte Luft und sagte folgendes wohlmöglich mehr zu mir als zu ihm. „Wir sind vielleicht vieles, aber Freunde sicher nicht."

Liams Mund stand ein wenig offen, man sah wie ihn meine Worte die Sprache verschlagen hatten und ich war überrascht, dass eine gewisse Art von Verletzlichkeit in seinen Augen lag. „Meinst du, wir könnten keine werden? Auch nicht wenn wir uns richtig kennenlernen würden?" Seine Stimme klang, was seine Augen zeigten und die Wut in mir verpufft.

DeliriumWhere stories live. Discover now