XIII

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Amber wurde von den Geräten entfernt und die Schwester fuhr sie mit einem Rollstuhl auf den Parkplatz zu Dads MG. Seit wir den Raum verlassen hatten sprach keiner ein Wort. Jeder hing seinen Gedanken nach und auch meine kreisten weiterhin um das Thema der Versicherungen. Trotzdem musste ich einsehen, dass es kein Sinn machte nachts um 4 Uhr mit Alkohol im Blut und übermüdet darüber nach zu denken, denn dabei würde eh nichts Vernünftiges bei raus kommen. Dad trug Amber in den Wagen, Dave setzte sich nach vorne, denn es war klar, dass ich bei ihr bleiben würde. Ich aber drehte mich zu der Schwester um mich für alles zu bedanken, doch bevor ich etwas sagen konnte drückte sie mir ein Blister Tabletten in die Hand. Ich schaute auf die Medikamente und dann wieder in ihr ründliches Gesicht.

„Schmerzmittel sind teuer. Sie soll täglich eine nehmen, die sind Nierenschonend. Und hier" Sie reichte mir mehrere Flyer. „sind Ernährungstipps. Wichtig ist Salzarme Kost." Sprachlos sah ich sie an.

„Danke!", zu mehr war ich nicht fähig, aber es schien als würde sie verstehen, denn sie nickte mir zu, drehte sich um und ging mit dem Rollstuhl zurück. Ich umrundete unser Auto und ließ mich hinten neben Amber nieder. Die Kleine lehnte ihren Kopf gegen das Fenster und hatte die Augen geschlossen. Sachte strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht was sie zum lächeln brachte. „Fahren wir nach Hause?", fragte sie mit verschlafender Stimme. Hatte sie das so schnell vergessen? Die Schmerzmittel mussten stärker sein als ich gedachte hatte.

„Ja."

„Gut.", zufrieden legte sie ihre Hand in meine und ich drückte sie sachte. Dad startete den Motor, der zunächst röchelte, aber schließlich doch anging. Dann fuhr er von dem Parkplatz Richtung Heimat.

Keiner sprach ein Wort während wir vor unserem Haus parkten und Dad Amber aus dem Auto trug. Dave ging vor um die Tür zu öffnen und ich folgte ihm. Es war schwer einzuschätzen was in seinem Kopf vorging, denn wenn Dave Sorgen hatte verschloss er sich. Also wartete ich bis die beiden anderen im Haus waren, dann lief ich die Treppe hoch. Vor der Tür wartete ich und klopfte. Dave antwortete nicht, aber das hatte ich auch nicht erwartet. Gut, dann eben die direkte Art und Weise. Die Klinke gab dem Druck nach und schwang karrend auf. „Geh weg!"

Ich atmete ein und ging rein. Dave saß auf seinem Bett und wandte mir den Rücken zu. Die Ellebogen auf den Oberschenkeln abgestützt, versteckte er sein Gesicht hinter den Händen. „Nicht bevor wir geredet haben."

Dave sprang auf und drehte sich wütend zu mir um. „Worüber sollen wir denn reden? Amber geht es immer schlechter und wir können nichts machen. Du warst nicht da, du hast sie nicht gesehen wie sie da lag und sich nicht mehr bewegte." Dave trat auf mich zu „Du hast nicht gehört wie sie geschrien hat, als ihr der Katheter gelegt wurde. Du. Warst. Nicht. Da." Bei dem letzten Satz schlug er bei jedem Wort gegen meine Brust. Ich stand still, ließ seine Wörter über mich ergehen, denn ich wusste das er ein Ventil brauchte. „Warum muss denn ausgerechnet sie krank sein? Warum kannst du nicht da liegen?" Es tat weh das zu Hören, denn wie oft hatte ich mir die selbe Frage gestellt. „Und das nur weil Dad zu dämlich ist ein Job zu finden. Weißt du was die Leute in der Schule immer sagen wenn ich mit alten Klamotten dahin gehe? Dass der Almosensammler wieder da ist. Der mit der Streberin als Schwester. Der der nichts hinbekommt. Der, der im Unterricht nicht mitkommt und dessen Schwester das aber alles schon viel früher konnte." Seine Stimme bröckelte und er rang Verzweifelt um Fassung. „Der ohne Freunde. Der Freak. Ich kann das nicht mehr. Gott, warum kannst du nicht einfach normal sein? Warum kann Amber nicht Gesund sein? Warum müssen wir in diesen verdreckten Loch bei Dad sein? Ich hasse euch!"

Er schluchzte auf, die Fäuste lagen kraftlos an seiner Seite. Ich machte ein Schritt auf ihn zu und nahm ihn in den Arm. Die Schultern zuckten, die ersten Tränen fielen. Dann umarmte er mich und fing Hemmungslos an zu weinen. Dave tat mir leid, ich wünschte ich hätte früher bemerkt wie unglücklich er eigentlich war. Sachte strich ich über seinen Rücken. Ich weiß nicht wie lange wir so standen, aber irgendwann wurde das schluchzend weniger. „Ich hab solche Angst Ava." Mein kleiner Bruder schniefte

DeliriumWhere stories live. Discover now