XXXIII

459 33 98
                                    

Wie konnte ein Schultag sich so in die Länge ziehen? Missmutig sah ich auf die Uhr deren Zeiger sich nur sehr schwerfällig zu bewegen schien. Anscheinend hatten nicht einmal die Lust zu arbeiten. Resigniert sah ich ihnen weiter bei ihrem Wettkampf der langsamste zu sein zu, während im Hintergrund der Bürgerkrieg besprochen wurde. Von allen Fächern die ich hatte, war Historie wirklich eines der Uninteressantesten. Vielleicht lag es auch an dem Lehrer, der den Eindruck machte, selbst aus der Vergangenheit zu stammen. Er erinnerte mich immer an den Geist aus Harry Potter der Lehrer war und ich weiß es war gemein, aber er konnte wirklich nicht gut unterrichten. Allerdings wäre es schon interessant, wenn er ein Geist wäre. Aus welcher Epoche würde er dann wohl stammen? Vielleicht die Barock. Barock war sicher eine spannende Zeit gewesen in Europa. Oh Europa würde ich auch gerne einmal sehen. Halt, ich schweife ab. Ich schüttelte mich kurz und versuchte die notwendige Konzentration aufzubringen, um den Unterricht zu folgen. Mein Zettel vor mir begann sich zu füllen und ich war gespannt später zu sehen, wie viel davon sinnvoll war. Erlöst von dem Schellen, atmete ich tief ein und begann meine Sachen zu packen.

*

Das Sage war voll und ich wünschte mir, ich wäre es auch. Mike hatte bereits den dritten rausgeschmissen, weil sie uns Kellnerinnen angefasst hatten oder anderweitig belästigten. Selbst Micheal war mittlerweile bei uns um Notfalls einzuschreiten, aber es nervte. „Wenn du Hilfe brauchst, sag bescheid.", sagte Drake, als ich die Getränke verteilte.

Dankbar lächelte ich ihn an und bemerkte dabei den frischen Verband um seinen Unterarm. „Was hast du denn gemacht?" Ich muss mich wohl ziemlich schockiert angehört haben, denn er versteckte seinen Arm unter dem Tisch.

„Das Tattoo musste nachgestochen werden, Mary verblasste.", erklärte er hastig und beruhigt atmete ich aus.

„Achso.", antwortete ich und sah Jake an. „Jake, hättest du vielleicht übermorgen nach der Schule Zeit? Ich muss zwar Abends wieder hier hin, aber wir könnten ja vorher etwas machen, also wenn du noch möchtest." Jake sah mich irritiert an und mein Mut verließ mich Augenblicklich. „Also wenn nicht ist auch kein Problem, ich dachte nur-" „-Nein, nein, also ja, also ich würde..."

Drake lachte auf und klopfte ihn auf den Rucken. „Was mein Kumpel hier sagen will ist, dass er sich sehr freuen würde und dann möchte er wissen, wann er dich abholen kann." Jake nickte bestätigend mit einem hochrotem Kopf und trank hastig ein Schluck von seinem Bier, ehe er sich daran verschluckte.

„Ich habe bis 14 Uhr Unterricht, wenn du möchtest kannst du mich direkt von der Schule abholen. Also wenn es dir nichts ausmacht.", fügte ich hastig hinzu und merkte wie mein Gesicht auch rot wurde.

Jake hustete weiter. „Das ist kein Problem, er wird da sein und er freut sich schon sehr.", versicherte mir Drake, während er weiter auf den Rücken klopfte. „Und keine Sorge, bis dahin wird er seine Sprache wieder gefunden haben, darum kümmere ich mich schon nicht wahr Kumpel?" Ich lächelte und nahm die leeren Gläser mit. Ich lächelte immer noch, als ich die anderen Gäste bediente und auch noch, als ich mit Tia und Jules aufräumte. Stöhnend ließen sich diese auf die Stühle fallen.

„Was für ein Abend, aber dafür haben wir wenigstens genug Trinkgeld bekommen.", fasste Tia zusammen und rieb sich die Oberschenkel.

„Oh ich denke für unsere kleine Ava hat sich der Abend noch mehr gelohnt nicht wahr?" Mike grinste wissend.

Es war erstaunlich wie schnell Jules wieder fit sein konnte, wenn es um Klatsch und Tratsch ging. Schweigend und peinlich berührt stellte ich die ersten Stühle hoch. „Wieso?", hakte sie nach, aber ich ignorierte sie gewissenflicht. 

„Weil sie ein Date mit Jake hat habe ich gehört."

Mein Kopf wandte sich zu Mike und meine Augen zogen sich zusammen, Jules kreischte auf. „Woher weißt du das eigentlich schon wieder? Du stehst doch die ganze Zeit hinter der Theke." Er zuckte mit den Schultern, während Tia zu mir kam und mich auf einen Stuhl drückte. Wie bei einem Verhör bauten sich meine Freundinnen vor mich auf.

„So so, Jake also.", begann Tia, führte den Satz aber nicht fort. Ich wusste sie wollte mich nervös machen, aber so schnell konnte sie mich nicht aus der Fassung bringen, dass wusste sie genau so gut wie ich.

„Nun, wann trefft ihr euch?" Jules verschränkte ihre Arme, doch ich schwieg.

„Übermorgen nach der Schule, 14 Uhr.", rief Mike von hinten und wütend funkelte ich ihn an.

Tia und Jules klatschten begeistert in die Hände. „Weißt du schon was du anziehst?"

„Was ich immer trage.", antwortete ich selbstverständlich und entsetzte Gesichter begegneten mir. „Was spricht da gegen?"

„Oh Süße", sagte Tia und legte ihre Arme um mich. „Nichts, aber das ist ein Date, also solltest du auch etwas Vernünftiges tragen."

„Die sind doch vernünftig!", widersprach ich.

Jules legte wieder diesen mitleidigen Blick auf, den ich so verabscheute. „Ach Ava, manchmal bist du wirklich komisch. Ich bringe dir morgen was zum anziehen mit."

„Und ich gebe dir ein Auffrischungskurs in Kosmetik.", fügte Tia hinzu. Hilfesuchend sah ich zu Mike, doch der zuckte nur belustigt mit den Schultern. Stöhnend legte ich meinen Kopf in den Nacken, Niemals konnte das Gut gehen.

*

Unser Haus lag ruhig in der Nacht und es wunderte mich auch nicht, denn schließlich war es 2 Uhr am Morgen, da sollten die meisten schlafen. In viereinhalb Stunden würde mein Wecker wieder schellen und ein neuer Tag würde anfangen. Erschrocken zuckte ich zusammen, als mein Handy vibrierte.

Bist du heile nach Hause gekommen? – Jake

Ich grinste und freute mich, dass er an mich dachte.

Danke bin ich, freue mich auf Donnerstag!- Ava

Ich schaltete mein Handy aus, denn ich wusste ich würde nicht schlafen können, sondern immer wieder kontrollieren ob er mir vielleicht noch geschrieben hatte. Ich freute mich auf Donnerstag, das tat ich wirklich. Aber irgendetwas war da in mir, was mir einen Stich versetzte wenn ich daran dachte. Vermutlich lag es daran, dass ich ein schlechtes Gewissen hatte mich mit zwei Typen zu treffen, auch wenn der eine nicht freiwillig war. Wie könnte ich Jake unter die Augen treten, wenn wir uns treffen und Liam dann wieder seine Abmachung einfordern würde, was er früher oder später eh wieder tun würde. Könnte ich wirklich damit umgehen? Andrerseits, ich mochte Jake schon so lange und nach diesen drei Monaten wäre die Sache mit Liam erledigt. Trotzdem, konnte ich so rücksichtslos sein? Es war mir egal ob Liam davon erfuhr oder nicht, vor allem nach dieser Aktion heute. Aber was Jake von mir denken würde, wenn er es erführe, dass war mir nicht egal. Das würde immer zwischen uns stehen und er würde nie wissen, was es war. Dieses moralische Dilemma machte es nicht einfach und während ich mich in das Haus schlich, legte sich mein Lächeln. Meine Vorfreude wurde gedämpft, schwerfällig legte ich mich in mein Bett und hörte Ambers regelmäßige Atemzüge. Ich hatte mir geschworen alles zu tun, um ihr zu helfen, aber langsam merkte ich auch, dass es schwerer war als ich dachte. Immer zurück zu stecken erforderte seinen Tribut und den musste ich zahlen. Es war schwierig, weil ich niemanden hatte, mit dem ich darüber reden konnte. Jules oder Tia würden es nicht verstehen, meine Familie auch nicht und Dad würde sich Vorwürfe machen. Oder im schlimmsten Fall kündigen. Sonst kannte ich niemanden, dem ich genug vertraute, also blieb ich alleine. Und die Einsamkeit die ich zu fühlen begann begrüßte mich wie einen alten Freund und zog mich in seine Arme.

DeliriumWhere stories live. Discover now